RECHT UND KAPITALMARKT

Zusätzliche Last für schwächelnde Unternehmen

Keine Reduzierung der EEG-Umlage für Firmen, die in Schwierigkeiten stecken

Zusätzliche Last für schwächelnde Unternehmen

Von Tobias Lehberg *)In diesen Wochen freuen sich Jung und Alt auf die unter dem Weihnachtsbaum erwarteten Geschenke. “Vorfreude” können in diesen Tagen auch die Geschäftsführer und Energiemanager stromintensiver Unternehmen in Deutschland verspüren. Denn im Laufe des Dezembers “beschert” das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) die Unternehmen alljährlich mit den Bescheiden zur Begrenzung der EEG-Umlage. Die EEG-Umlage ist ein im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) verankerter Bestandteil des Strompreises und dient der Finanzierung der Energiewende. In energieintensiven Branchen kann die unverminderte Umlage bis nahezu 50 % des Gesamtstrompreises ausmachen. Die Reduzierung der EEG-Umlage soll daher Wettbewerbsnachteile und eine Verlagerung stromintensiver Industrien ins Ausland verhindern. Verweis auf EU-LeitlinienDoch auch in diesem Jahr werden einige Unternehmen bei der “Bescherung” leer ausgehen und keinen Begrenzungsbescheid erhalten, obwohl sie grundsätzlich die gesetzlichen Voraussetzungen für die Reduzierung der EEG-Umlage erfüllen. Es handelt sich dabei um Unternehmen in Schwierigkeiten. Gemeint sind wirtschaftliche Schwierigkeiten, wie etwa erhebliche Verluste des Stammkapitals, (drohende) Eröffnung eines Insolvenzverfahrens oder ein erhöhter Grad der Verschuldung. Die Folge: Das Unternehmen muss im kommenden Jahr die volle EEG-Umlage entrichten. Dadurch erhöhen sich die Stromkosten deutlich, und die wirtschaftlichen Schwierigkeiten können sich bis hin zu einer Existenzgefährdung verschärfen.Das Bafa begründet seine Verwaltungspraxis damit, dass Unternehmen in Schwierigkeiten nach Auffassung der Europäischen Kommission keine Beihilfen und damit auch keine Verringerung der EEG-Umlage erhalten dürfen. Zur Begründung verweist die Behörde auf die europäischen Leitlinien für Umweltschutz- und Energiebeihilfen.Aus juristischer Sicht ist die behördliche Anwendung und Auslegung der Leitlinien in vielerlei Hinsicht fragwürdig. Bereits die Definition des Unternehmens in Schwierigkeiten, die die Leitlinien zugrunde legen, wirft Fragen auf. Sie enthält sowohl ein weiches als auch harte Kriterien. Unklar ist, wie sich diese Kriterien zueinander verhalten und ob ein Unternehmen auch dann in Schwierigkeiten ist, wenn es zwar eines der harten Kriterien formal erfüllt, das weiche Kriterium hingegen nicht. Insbesondere die Besonderheiten des deutschen Insolvenzrechts wie die Eigenverwaltung sind dabei zu berücksichtigen.Hinzu kommt, dass die Leitlinien für Umweltschutz- und Energiebeihilfen keine eigenständige Definition eines Unternehmens in Schwierigkeiten enthalten, sondern auf die Definition in anderen Leitlinien verweisen. Diese Leitlinien für Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen für nichtfinanzielle Unternehmen in Schwierigkeiten verfolgen aber einen völlig anderen Zweck. Danach dürfen die Mitgliedstaaten der Europäischen Union die grundsätzlich wettbewerbsfeindlichen Rettungsbeihilfen einem kränkelnden Unternehmen nur in wenigen Ausnahmefällen gewähren. Denn nicht wettbewerbsfähige Unternehmen sollen nicht durch eine staatliche Beihilfe künstlich am Leben erhalten werden. Die Leitlinien für Umweltschutz- und Energiebeihilfen verfolgen hingegen einen anderen Zweck: Sie erlauben eine Begünstigung wie die Reduzierung der EEG-Umlage, damit Unternehmen trotz des gesetzlich verankerten Pflichtbeitrags zur Energiewende wettbewerbsfähig bleiben.Starke juristische Bauchschmerzen bereitet die Verwaltungspraxis des Bafa auch im Hinblick auf das Rangverhältnis zwischen dem deutschen Gesetz, das die Rechtsgrundlage für die EEG-Umlagebegrenzung darstellt, und den europäischen Leitlinien. Letztere gehören nicht zum offiziellen Rechtsinstrumentarium der Europäischen Union, sondern fallen unter das sogenannte europäische Soft Law. Dies sind Normen mit sehr eingeschränkter Bindungswirkung; im Wesentlichen vergleichbar mit internen Verwaltungsanweisungen. Wenn die Behörde die Umlagebegrenzung unter Verweis auf die europäischen Leitlinien verwehrt, dann stellt sie die behördlichen Leitlinien der Union über das deutsche Parlamentsgesetz und setzt dieses dadurch im Einzelfall faktisch außer Kraft. Dabei darf selbst die EU-Kommission ihre Entscheidung nicht allein auf Leitlinien stützen. Sie darf diese lediglich für ihre Entscheidungsfindung heranziehen. Die Rechtsgrundlage muss jedoch verbindliches Unionsrecht sein. Einzelfallprüfung notwendigWas ist betroffenen Unternehmen zu raten? Zunächst ist die Frage zu klären, ob das Unternehmen tatsächlich ein Unternehmen in Schwierigkeiten ist. Dazu ist die individuelle wirtschaftliche Situation des Unternehmens zu untersuchen. Dies sollten Unternehmen mit ihrem Wirtschaftsprüfer und einem spezialisierten Rechtsanwalt tun. Verhärten sich nach der Prüfung die Zweifel daran, dass das Unternehmen sich in Schwierigkeiten im Sinne der Leitlinien befindet, kann gegen die behördliche Entscheidung ein Rechtsbehelf eingelegt werden. Hierfür gilt es im Regelfall, eine Frist von maximal einem Monat unbedingt einzuhalten.—-*) Tobias Lehberg ist Rechtsanwalt bei EY Law.