M&A

Unternehmen brauchen Übernahmen

Fusionen und Übernahmen sind für Unternehmen zunehmend unverzichtbar, meint die Beratungsgesellschaft Bain. Anders als in der Finanzkrise sind die Multiples in der Corona-Pandemie sogar gestiegen.

Unternehmen brauchen Übernahmen

hek Frankfurt

Fusionen und Übernahmen haben für Unternehmen zunehmend strategische Bedeutung. Zu dieser Einschätzung kommt die Unternehmensberatung Bain in ihrem globalen M&A-Report. 45% der befragten M&A-Verantwortlichen sähen Firmenkäufe als Treiber für künftige Umsatzzuwächse an. Vor drei Jahren seien es erst 30% gewesen. „Fusionen und Übernahmen sind in zunehmendem Maße unverzichtbar“, sagt Partner Tobias Umbeck.

In komplexen wirtschaftlichen Ökosystemen müssten Unternehmen immer mehr Partnerschaften eingehen oder erfolgskritische Fähigkeiten zukaufen. Das trage dazu bei, dass der Anteil sogenannter Scope-Deals steigt. Inzwischen zielten 56% aller Transaktionen über 1 Mrd. Dollar auf die Erweiterung des Geschäfts, den Erwerb neuer Kompetenzen oder den Vorstoß in neue Geschäftsfelder. In diese Kategorie fällt in Deutschland für Bain zum Beispiel die Zusammenarbeit von BMW und Volkswagen mit dem schwedischen Batteriespezialisten Northvolt. Im Gegenzug sei der Anteil kostengetriebener Deals auf 44% gesunken. Wichtig blieben solche Transaktionen aber für Branchen, in denen die Coronakrise den disruptiven Wandel beschleunigt habe, wie Einzelhandel, Medien, Telekommunikation und Banken.

Anders als in der Finanzkrise 2008/09 sind die Bewertungen im Pandemie-Jahr 2020 laut Bain nicht gesunken. Vielmehr sei das Ebitda-Multiple (Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen in Relation zum Unternehmenswert) weltweit von 13 im Vorjahr auf durchschnittlich 14 gestiegen.

Höhere Multiples würden etwa für Technologiefirmen und Healthcare-Anbieter gezahlt, in den Sektoren Handel und Energie seien sie dagegen gesunken. Diese Zweiteilung werde sich fortsetzen, glaubt Partner Mike Kühnel: Wer in zukunftsträchtige Märkte einsteigen oder seine Position dort ausbauen wolle, müsse einen Aufpreis zahlen.

Wie die Studie zeigt, hat sich das globale M&A-Geschäft 2020 vom Einbruch zu Jahresbeginn schnell erholt. Im ersten Halbjahr habe es nur wenige Übernahmen gegeben, doch im dritten und vierten Quartal sei das Dealvolumen um jeweils mehr als 30% gestiegen. Im Gesamtjahr lag es mit 2,8 Bill. Dollar noch 15% unter dem 2019er-Niveau. Die Anzahl der Deals ging um gut 11% auf 28500 zurück. Damit sei das M&A-Geschäft wesentlich stabiler gewesen, als zu Beginn der Pandemie erwartet wurde.

Im laufenden Jahr werde das Geschäft an Dynamik gewinnen, prognostiziert Umbeck. Demnach erwartet jeder zweite Befragte, dass die Zahl der Deals in seiner jeweiligen Branche 2021 steigt. Dabei würden weiterhin regionale Deals interkontinentalen Transaktionen vorgezogen. 60% der Befragten stuften die Lokalisierung der Lieferkette als wichtiges Thema bei Zukäufen ein.

Eine Konsolidierungswelle erwarten die Berater im europäischen Finanzsektor. Denn im internationalen Vergleich sei der Konzentrationsgrad in Europa, allen voran in Deutschland, gering. Zudem gebe es bei den Anbietern von Finanzmarktinfrastrukturen Bewegung, da die traditionellen Wertschöpfungsketten im Finanzwesen aufbrächen. Es entstünden neue Geschäftsmodelle beispielsweise im Daten- und Informationssektor sowie im Bereich Kryptowährungen und Digital Assets.