Auf der Überholspur
Nicht allein nachhaltige Investmentfonds sind inzwischen Mainstream, auch nachhaltige ETFs sind heute im Mainstream angelangt und verzeichnen ein rapides Wachstum. Dabei wachsen sie wesentlich schneller als herkömmliche börsennotierte Indexfonds, was aber auch einem immer noch eher niedrigen Ausgangsniveau geschuldet ist. Denn die ETF-Industrie hatte sich zunächst auf noch nicht nachhaltig ausgerichtete Standardprodukte beschränkt. Nun ist in den vergangenen drei Jahren die Zahl der ESG-ETFs (wobei ESG bekanntlich für die Kriterien Environment, Social und Governance steht) sehr deutlich gewachsen.
Zudem haben inzwischen alle großen ETF-Anbieter, wie zum Beispiel unter anderen auch BlackRock oder die DWS-Tochter Xtrackers, Nachhaltigkeit als Ziel auf ihre Fahnen geschrieben. Dies führt dazu, dass nicht nur etliche neue nachhaltige ETFs aufgelegt werden. Vielfach erfahren bereits bestehende börsennotierte Indexfonds eine nachhaltige Ausrichtung. Mitunter werden auch Indizes mit noch strengeren Nachhaltigkeitskriterien für bereits bestehende ESG-ETFs gewählt. Dies ist möglich, weil auch die Indexanbieter wie MSCI die Zahl ihrer nachhaltigen Indizes stetig ausweiten und zuletzt zahlreiche neue, bei bestimmten Kriterien noch schärfere Indizes aufgelegt haben. Insgesamt bieten inzwischen alle großen Anbieter weitgehend eine nachhaltige Produktpalette für alle wichtigen ETFs an.
Dass nachhaltige ETFs auf der Überholspur sind, zeigen auch die vom unabhängigen Analysehaus ETFGI vorgelegten Zahlen. So sind im laufenden Jahr 2021 den ESG-ETFs bis Ende Oktober weltweit neue Mittel über 130 Mrd. Dollar zugeflossen. Dies sind rekordhohe Zuflüsse, lagen doch die Zuflüsse in die nachhaltigen ETFs im vergleichbaren Vorjahreszeitraum bei 55 Mrd. Dollar und bei 87 Mrd. Dollar im Gesamtjahr 2020. Auch dass den ESG-ETFs in den vergangenen zwölf Monaten neue Gelder über 162 Mrd. Dollar zugeflossen sind, zeigt das außerordentlich dynamische Wachstum der nachhaltigen Indexfonds auf. Entsprechend sind denn auch die von ESG-ETFs verwalteten Gelder sehr kräftig geklettert: Sie lagen per Ende Oktober 2021 weltweit bei 806 Mrd. Dollar nach 529 Mrd. Dollar Ende 2020 und 348 Mrd. Dollar Ende 2019. Binnen zwei Jahren hat sich also das Volumen der ESG-ETFs mehr als verdoppelt.
Klima rückt in den Fokus
Besonders in den Fokus gerückt ist bei den nachhaltigen ETFs zuletzt das Thema Klima, also Produkte, die den Übergang hin zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft unterstützen sollen. So hat zum Beispiel BlackRock die MSCI Enhanced Focus Indizes, die als Benchmark für die ETF-Palette iShares Enhanced Ucits dienen, um einen Klimafokus ergänzt. Somit erfüllten die ETFs künftig die EU-Anforderungen an Referenzwerte für den klimabedingten Wandel. Infolge der Anpassungen der Benchmarks ändere sich auch die Klassifizierung der ETFs in Artikel 9 der EU-Offenlegungsverordnung. Damit ist BlackRock freilich nicht allein. Auch die anderen ETF-Anbieter haben zuletzt verstärkt Klima-ETFs aufgelegt oder aber bisherige ESG-Produkte mit einem Klimafokus noch nachgeschärft. Und immer mehr nachhaltige ETFs sind so gestaltet, dass sie als nachhaltig nach Artikel 9 der EU-Offenlegungsverordnung klassifiziert werden können.
Das jüngste Wachstum der nachhaltigen ETFs dürfte erst der Anfang sein. Die verwalteten Gelder der ESG-ETFs werden markant zulegen und der Megatrend Nachhaltigkeit wird die ETF-Industrie umkrempeln. „Die Themen ESG und Investment Stewardship werden die ETF-Branche vor allem im kommenden Jahr auf den Prüfstand stellen“, sagt Sebastian Külps, Leiter Business Development für Deutschland und Österreich bei Vanguard, und mahnt: „Mit Blick auf die Nachhaltigkeit muss die Fondsbranche noch stark an ihrer Transparenz arbeiten.“
Von Werner Rüppel, Frankfurt