Die Ermöglichungsminister

Finanzminister Christian Lindner möchte ein „Ermöglichungsminister“ sein, Wirtschaftsminister Robert Habeck die Transformation zu einer klimaneutralen Industrienation entscheidend voranbringen.

Die Ermöglichungsminister

sp/wf

Finanzminister Christian Lindner will sein Haus als ein „Ermöglichungsministerium“ verstanden wissen. Das sagte der FDP-Politiker kurz nach der Unterzeichnung des Koalitionsvertrages durch die Spitzen des Ampel-Bündnisses Anfang Dezember. Wenige Meter von ihm entfernt saß Robert Habeck, der in den Koalitionsverhandlungen für die Grünen eigene Ansprüche auf das Finanzministerium angemeldet hatte, sich dann aber mit der Führung eines „Superministeriums“ für Wirtschaft, Energie und Klimaschutz zufrieden gab. In seiner neuen Rolle muss Habeck die Transformation des Wirtschaftsstandorts Deutschland zu einer klimaneutralen Industrienation nicht nur ermöglichen, sondern entscheidend voranbringen, um die eigenen Klimaziele zu erreichen.

Dabei wird er auch auf die Unterstützung durch den Finanzminister angewiesen sein, der als erste Amtshandlung einen Nachtragshaushalt vorgelegt hat, mit dem 60 Mrd. Euro in einen Klima- und Transformationsfonds eingestellt werden sollen. „Wir können mit den Mitteln Investitionen hebeln, bei denen wirtschaftliche Erholung und Klimaschutz Hand in Hand gehen“, kommentierte Habeck die Pläne im Stile eines Ermöglichungsministers. „Die Rückkehr zu klaren Fiskalregeln ist entscheidend. Das erfordert Mut zur Prioritätensetzung“, betonte Lindner und stellte damit in Aussicht, dass sich der Möglichkeitssinn im Finanzministerium demnächst wieder dem Wirklichkeitssinn der Schuldenbremse unterordnen dürfte. Das Zusammenspiel von Lindner und Habeck wird aber nicht nur darüber entscheiden, wie viel von dem Wandel möglich ist, den die Ampel-Koalition wagen will. Ermöglichungsminister sind sie auch deshalb, weil von ihrem Erfolg abhängen wird, ob sich die Dreierkonstellation aus SPD, Grünen und FDP als Möglichkeit für ein Bündnis über eine Legislaturperiode hinaus erweist.

Mit dem Abschluss der Koalitionsverhandlungen haben Habeck und Lindner schon jetzt viel für sich und ihre Parteien ermöglicht: Die Grünen nehmen nach 16 Jahren wieder auf der Regierungsbank Platz, und der 52-jährige Habeck hat sich in der parteiinternen Hackordnung durchgesetzt. Der 42-jährige Lindner hat die FDP acht Jahre nach dem Ende der schwarz-gelben Regierung mit anschließendem Absturz aus dem Parlament wieder als gestaltende Kraft etabliert, was nach dem Abbruch der Verhandlungen über eine Jamaika-Koalition aus Union, Grünen und FDP vor vier Jahren nicht mehr viele für möglich gehalten hatten.

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