Aus der KapitalmarktforschungFIRM-Konferenz

EZB-Politik beeinflusst Entwicklung des Schattenbankensektors

Die Geldpolitik der EZB hat einen deutlichen Einfluss auf die Entwicklung des Schattenbankensektors. Weitere restriktive Zinsschritte sollten die Größe des Schattenbankensektors reduzieren.

EZB-Politik beeinflusst Entwicklung des Schattenbankensektors

FIRM-Förderprojekt der Universität Gießen

EZB-Politik beeinflusst Entwicklung
des Schattenbankensektors

Fondssektor sollte makroprudenzieller Aufsicht unterliegen

Von Peter Tillmann und Anisa Tiza Mimun

In den vergangenen Jahren hat die Bedeutung von Finanzintermediären außerhalb des regulierten Bankensystems stark zugenommen. Viele befürchten, dass ein aufgeblähter Schattenbankensektor eine Gefahr für die Finanzstabilität darstellt. Anisa Tiza Mimun und Peter Tillmann von der Justus-Liebig-Universität Gießen untersuchen in einem vom Frankfurter Institut für Risikomanagement und Regulierung (FIRM) geförderten Projekt, welchen Einfluss die Politik der Europäischen Zentralbank (EZB) auf die Entwicklung der Schattenbanken in der Eurozone hat. Sie konzentrieren sich dabei auf den Sektor der Investmentfonds, der den größten Teil des Schattenbankensektors ausmacht, und unterscheiden unter anderem zwischen Aktien-, Renten-, Immobilien- und Hedgefonds. Aufgrund der Datenlage ist eine empirische Untersuchung anderer Teile des Schattenbankensektors weiterhin schwierig. Der Analyserahmen berücksichtigt, dass die Fonds nur auf überraschende Änderungen der Geldpolitik reagieren sollten, nicht aber auf bereits antizipierte Zinsschritte oder erwartete Wertpapierkäufe.

Expansive Geldpolitik bläht Fondssektor auf

Ein zentrales Ergebnis ist, dass die Aktiva der Fonds stark auf Neuigkeiten über die langfristige Ausrichtung der Geldpolitik reagieren, aber nicht auf Zinsänderungen, die unmittelbar wirksam werden. Ein überraschender Anstieg der Langfristzinsen an Sitzungstagen der Europäischen Zentralbank, der auf eine restriktivere Geldpolitik in der Zukunft hindeutet, führt zu einer deutlichen Schrumpfung der Fondsvolumina. Der steile Zinsanstieg, den wir im vergangenen Jahr gesehen haben, hat also das Wachstum des Schattenbankensektors gedämpft. Im Umkehrschluss heißt das, dass eine expansive Geldpolitik, wie wir sie im Jahrzehnt nach der weltweiten Finanzkrise gesehen haben, den Fondssektor aufgebläht hat.

Risikoreiche Fonds reagieren sensibler

Risikoreiche Fonds wie beispielsweise Immobilien- und Hedgefonds reagieren besonders sensibel auf eine Änderung des geldpolitischen Kurses. Wenn die EZB die Zinsen ändert, reagieren die Fonds zudem nicht immer gleich stark: Eine restriktive Politik in einer Phase hoher globaler Risikoaversion oder in Zeiten eines erhöhten Stressniveaus auf den globalen Finanzmärkten reduziert die Anlagevolumen deutlich stärker als in ruhigeren Marktphasen. Die Politik der EZB hat somit einen deutlichen Einfluss auf die Entwicklung des Schattenbankensektors. Weitere restriktive Zinsschritte sollten die Größe des Schattenbankensektors reduzieren. Für die Sicherstellung der Finanzstabilität ist aber nicht in erster Linie die Geldpolitik, sondern insbesondere die makroprudenzielle Aufsicht beziehungsweise Regulierung in der Pflicht, der die Schattenbanken noch nicht unterliegen.

Weiterer Bericht

Prof. Dr. Peter Tillmann ist Professor für Monetäre Ökonomie an der Justus Liebig University Giessen und Anisa Tiza Mimun ist Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Monetäre Ökonomik der Justus Liebig University Giessen

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