Louis Hagen

„2022 könnte ein gutes Jahr werden“

Der Immobilienfinanzierer Münchener Hyp erhält Rückenwind vom Boom an den Wohnimmobilienmärkten. Vorstandschef Louis Hagen blickt zuversichtlich ins Jahr 2022.

„2022 könnte ein gutes Jahr werden“

Stefan Kroneck

Herr Hagen, die Münchener Hypothekenbank befindet sich im Jahresendspurt. Was erwarten Sie fürs Schlussquartal?

Wir bekommen enorm Neugeschäft in die Bücher. Das betrifft sowohl die private Wohnimmobilienfinanzierung als auch die gewerbliche Immobilienfinanzierung. Wir werden 2021 aller Voraussicht nach mit einem Neugeschäftsvolumen von über 6,5 Mrd. Euro abschließen.

Ist das eine Rekordsumme für Ihr Haus?

Wir hatten 6,5 Mrd. Euro Neugeschäft bereits 2019 erreicht. Das war damals Rekord. Diesen unter Corona-Bedingungen zu übertreffen, wäre ein schöner Erfolg.

Hat die Pandemie für einen Dämpfer im Neugeschäft gesorgt?

In der gewerblichen Immobilienfinanzierung verzeichnen wir eine Verschiebung des Geschäfts. Wir verbuchen weniger Auslandsgeschäft als geplant, aber dafür mehr Inlandsgeschäft. Das ist darauf zurückzuführen, dass deutsche Investoren, die wir ins Ausland begleiten, sich momentan etwas zurückhalten und sich stattdessen auf Deutschland fokussieren. Deutschland wird als sicherer Hafen betrachtet.

Wie sieht es bei den Wohnimmobilienaktivitäten aus?

Im Sommer war das Neugeschäft relativ ruhig. Seit Oktober steigt es wieder deutlich an.

Wie teilt sich das Neugeschäft auf?

Grob betrachtet machen die Wohnimmobilien zwei Drittel aus, die gewerblichen Immobilien ein Drittel.

Zeichnen sich für die Münchener Hyp 2021 Bestwerte in den Erträgen und im Ergebnis ab?

2021 werden wir ein sehr gutes Ergebnis erreichen. Wir profitieren auch von dem Sondereffekt TLTRO. Mit diesem Instrument sorgt die EZB für günstige Refinanzierungsbedingungen und will so die Kreditvergabe durch die Banken stärken. Das stärkt den Zinsertrag. Die Münchener Hyp würde aber auch ohne diesen Effekt ein gutes Ergebnis erzielen. Denn der Wachstumskurs der vergangenen Jahre mit guten Margen zahlt sich zunehmend aus.

Was zeichnet sich für 2022 ab?

2022 könnte trotz vieler Unsicherheiten aller Voraussicht nach ein gutes Jahr werden. Die gesamtwirtschaftlichen Aussichten sind grundsätzlich positiv. Die Nachfrage nach Wohnimmobilien ist ungebrochen hoch. In der gewerblichen Immobilienfinanzierung ist die Nachfrage solide. Die Investitionsbereitschaft in Immobilien ist nach wie vor groß. Hotelfinanzierungen stehen zwar wegen Corona nicht mehr so im Fokus. Das ist für uns aber kein maßgeblicher Teil des gewerblichen Geschäfts. Die Büromärkte sind stabil geblieben. Große Verwerfungen wegen der Pandemie blieben bisher aus. Im Einzelhandel ist nicht alles negativ, hier gilt es zu differenzieren.

Und auf mittlere Sicht, vor allem in Bezug auf die Immobilienpreise?

Wir wissen alle nicht, wie lange der Immobilienboom andauert. Im ge­werblichen Bereich rechne ich mit einer Seitwärtsbewegung. Aufgrund der gestiegenen Preise ist die Be­zahlbarkeit von Wohnimmobilien schwieriger geworden. Dadurch werden von Seiten der Nachfrage irgendwann Grenzen erreicht. Die Aufwärtsbewegung im Wohnimmobiliensektor könnte sich verlangsamen. Allerdings ist die Nachfrage nach Wohnimmobilien so hoch, dass sie auf der Angebotsseite nicht befriedigt werden kann.

Die EZB warnt vor Überbewertungen und möglichen Korrekturen am Wohnimmobilienmarkt. Welche Maßnahmen ergreifen Sie, um sich dagegen zu wappnen?

Die besten Vorkehrungen trifft man mit einer vorsichtigen Kreditvergabe. Die Münchener Hyp ist bei der Kreditvergabe konservativ unterwegs. Die Beleihungsausläufe liegen weit unter den Marktwerten. Dadurch verfügen wir über einen enormen Puffer, sollten sich die Preise nach unten bewegen. Zugegeben, die Immobilienpreise haben sich entwickelt, wie man das in Deutschland bisher noch nicht kannte. In manchen Ballungsräumen sind die Preise sehr ambitioniert. Wir glauben aber nicht, dass es zu einem substanziellen Einbruch der Preise kommen wird.

Warum?

Dafür wäre es erforderlich, dass Immobilien massenhaft in den Markt geworfen werden. Das wird aber so nicht kommen. Es besteht eine sehr hohe natürliche Nachfrage nach Wohnimmobilien, weil der Bedarf existiert. Die Immobilien sind von den Käufern sehr bedacht finanziert. Die durchschnittliche Laufzeit eines Wohnimmobiliendarlehens beträgt bei uns 17 Jahre. Viele Kreditnehmer haben sich den niedrigen Zins für sehr lange Zeit gesichert. Zudem werden die Zinsen in den nächsten Jahren nicht radikal steigen. Außerdem rechnen wir nicht mit einem gesamtwirtschaftlichen Einbruch mit hoher Arbeitslosigkeit, der zu einem zu großen Angebot an Wohnimmobilien führen würde. Die Münchener Hyp ist aber auch für Phasen, in denen der Markt keinen Boom verzeichnet, sehr gut aufgestellt.

Welches Steigerungspotenzial hat die Münchener Hyp?

Es gibt noch viel Potenzial, das die Bank heben kann. Wir wollen unsere Wettbewerbsfähigkeit verbessern und unsere Marktanteile erhöhen – bei gleichzeitig unterproportionalem Wachstum der Kosten. Ebenfalls geht es darum, die Prozesse zu digitalisieren, vor allem in der Wohnimmobilienfinanzierung wird dies immer wichtiger, um die Kundenbedürfnisse besser befriedigen zu können. Wir verbessern unsere Arbeitsabläufe, um noch schlagkräftiger zu werden.

Wie sieht’s in den Regionen aus?

Wir betreten auch neue Märkte. In der Wohnimmobilienfinanzierung sind wir auch in Österreich und in der Schweiz aktiv. Das Geschäft in Österreich, das wir Mitte 2019 aufgenommen haben, entwickelt sich stetig nach oben, ist aber noch kein substanzieller Beitrag zum Neugeschäft. Hier ist Geduld gefragt. Größeres Wachstumspotenzial bietet uns der Markt in der Schweiz. Unser Neugeschäft ist gegenüber dem Vorjahr gestiegen. Wir sehen dort viele Möglichkeiten, denn der Schweizer Markt ist gemessen an der Bevölkerungszahl in der Schweiz enorm groß.

Und die USA?

In den USA sind wir weiterhin in den Top-Städten unterwegs und sehen die Märkte insgesamt positiv. Das US-Geschäft ist für uns gegenüber den Jahren vor der Finanzmarktkrise aber nur ein gleichwertiger Bestandteil des Auslandsgeschäfts. Wir beteiligen uns dort nur an Finanzierungen – Gewerbe und Wohnen. Dieser Sekundärmarkt ist wegen Corona etwas ruhiger geworden.

Finanzinvestoren greifen nach der Aareal Bank. Wie tangiert Sie das in Bezug auf die Wettbewerbsposition der Münchener Hyp?

Wir sehen die Dinge sehr gelassen. Die Münchener Hyp steht nicht unter Zugzwang. Mit unserem ausgeglichenen Geschäftsmodell können wir gutes Neugeschäft akquirieren. Wir sind ein gefragter Partner und erwirtschaften ausreichend Gewinn, um organisch wachsen zu können. Wir sehen von uns aus keinen Konsolidierungsbedarf. Unsere Eigentümerstruktur ist im genossenschaftlichen Verbund verwurzelt. Die Münchener Hyp gehört zu rund drei Vierteln den genossenschaftlichen Primärinstituten. Wir haben weder von innen noch von außen Handlungsdruck.

Das heißt, auch ein Bündnis mit der DZ Hyp ist kein Thema?

Das war früher mal ein Thema gewesen, heute nicht mehr. Vor Ausbruch der Finanzmarktkrise war eine Fusion beider Institute geplant. Damals handelte sich um das Vorgängerinstitut DG Hyp. Das war, zwei Jahre bevor ich 2009 zur Münchener Hyp kam. Aufgrund der Finanzmarktkrise wurden die Pläne für einen Zusammenschluss abgebrochen. Seinerzeit waren alle damit beschäftigt, die Krise zu bewältigen. Mit dem Immobilienboom entwickelten sich die Häuser positiv. Für eine Fusion besteht kein Bedarf. Synergien wären nicht zu heben. Es ist gut, dass im genossenschaftlichen Sektor auch eine eigenständige Hypothekenbank existiert.

Die Münchener Hyp ist dieses Jahr 125 Jahre alt geworden. Was folgern Sie daraus für die Zukunft?

Ich habe ein gutes Gefühl. Die Münchener Hyp ist so stabil aufgestellt, dass sie für die Zukunft sehr gut gerüstet und fit ist.

Das Interview führte .