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Active Share spürt Erfolg aktiver Fondsprodukte nach

Börsen-Zeitung, 24.1.2018 Aktiv oder passiv? Das ist die große Frage, vor der jeder Investor steht. Die ETF-Industrie preist passive Indexprodukte, bei denen die Zusammensetzung der Portfolios einfach auf der Marktkapitalisierung der jeweiligen...

Active Share spürt Erfolg aktiver Fondsprodukte nach

Aktiv oder passiv? Das ist die große Frage, vor der jeder Investor steht. Die ETF-Industrie preist passive Indexprodukte, bei denen die Zusammensetzung der Portfolios einfach auf der Marktkapitalisierung der jeweiligen Firmen beruht, als kostengünstige Alternative zum aktiven Fondsmanagement an. Viele Investoren fürchten jedoch diese “naive” Portfoliozusammenstellung. Sie denken noch mit Grauen an das Platzen der Technologieblase, als die großen Indizes eine hohe Gewichtung in Technologieaktien aufwiesen und man als “passiver” Investor Anfang des vorigen Jahrzehnts einen großen Teil seines Vermögens verlieren konnte. Derart geprägte Investoren möchten daher Produkte kaufen, bei denen sie wissen, dass sich jemand aktiv um ihre Vermögensanlage kümmert.Allerdings gilt es, aus der Vielzahl an aktiven Produkten diejenigen zu wählen, welche eine möglichst attraktive Rendite für die Zukunft versprechen. Die empirische Kapitalmarktforschung hat gezeigt, dass nicht nur klassische Parameter wie die historische Rendite, das Risiko oder die Kosten wichtig bei der Fondsauswahl sind. Ein wesentlicher Faktor für den Erfolg aktiver Fondsprodukte ist auch der tatsächliche Aktivitätsgrad des Fondsmanagements, welcher üblicherweise über den sogenannten Active Share gemessen wird. Dieser bestimmt den Anteil des Portfolios, welcher vom Vergleichsindex abweicht: Je höher der Active Share, desto deutlicher weicht der aktive Fonds von der passiven Benchmark ab. Aufgrund dieser Bedeutung lohnt sich ein genauer Blick auf die Kennzahl Active Share sowie ihren Nutzen in der Fondsselektion. Mathematische HerleitungMathematisch errechnet sich der Active Share als die absolute Summe der “aktiven” Gewichte eines Portfolios. Das aktive Gewicht einer einzelnen Portfolioposition ist die Differenz zwischen dem Gewicht einer Aktie im Fondsportfolio gegenüber der Gewichtung der entsprechenden Aktie im Vergleichsindex. Ein Fonds, der den Index komplett repliziert, hat somit einen Active Share von 0 %. Ein Fonds, welcher komplett in Aktien außerhalb des Index investiert, hat einen Active Share von 100 %.Die empirische Kapitalmarktforschung zeigt, dass sich Fonds mit einen hohen Active Share deutlich besser entwickeln als Fonds mit einem niedrigen Active Share. Dies ist intuitiv nachvollziehbar. Für Fondsmanager besteht häufig ein sehr hohes Karriererisiko, zu deutlich von ihrer Benchmark abzuweichen. Daher werden tendenziell vor allem Fondsmanager mit einem hohen Zutrauen in ihre Fähigkeiten eine sehr aktive Ausrichtung ihres Portfolios vornehmen. Auch werden Banken und Vermögensverwalter ihren Fondsmanagern nur hohe Aktivitätsgrade bewilligen, wenn sie von den Fähigkeiten des entsprechenden Mitarbeiters voll überzeugt sind.Der Active Share hat daher eine Signalfunktion für die Fähigkeiten des Fondsmanagements. Außerdem lässt eine zu passive Portfolioausrichtung dem Fondsmanager eigentlich keine Möglichkeit, durch aktives Management eine Überrendite gegenüber der Benchmark zu erzielen. Daher führt ein sehr geringer Active Share zu “sicherer” Underperformance in Höhe der Fondskosten.In einer umfangreichen Analyse haben wir untersucht, ob sich die Ergebnisse der empirischen Kapitalmarktforschung mit aktuellen Daten bestätigen lassen. Die Stichprobe unserer Analyse umfasst alle aktiven Europa-Aktienfonds der Lipper Peer Group Aktien Europa, die einen Track Record von mindestens fünf Jahren vorweisen. Basierend auf dem jeweiligen Fondsportfolio haben wir für alle diese Fonds den Active Share berechnet und darauf aufbauend die Fonds in drei Gruppen unterteilt: Fonds mit geringem, mittlerem und hohem Active Share.Ein Blick auf die durchschnittlichen Renditen der Fonds mit geringem sowie der Fonds mit hohem Aktivitätsgrad zeigt folgendes Bild: Es ist auffallend, dass Fonds mit hohem Active Share eine deutliche Outperformance gegenüber Fonds mit geringem Active Share aufweisen. In den vergangenen fünf Jahren erzielte das Drittel der Fonds mit dem höchsten Aktivitätsgrad eine Rendite von 70,6 %, während das Drittel der Fonds mit dem niedrigsten Aktivitätsgrad eine Rendite von 63,8 % erwirtschaften konnte – ein Unterschied von immerhin 6,8 Prozentpunkten über fünf Jahre bzw. 1,3 Prozentpunkten pro Jahr. Unsere Ergebnisse zeigen eindrucksvoll, dass ein hoher Active Share im Durchschnitt mit einer höheren Fondsrendite einhergeht. Wir konnten somit die Resultate von früheren wissenschaftlichen Untersuchungen bestätigen.Dieses Ergebnis bedeutet jedoch nicht, dass alle Fonds mit hohem Aktivitätsgrad notwendigerweise gut sind. Innerhalb der Peergroup existiert eine Reihe Fonds mit hohem Active Share, welche eine deutliche Underperformance gegenüber der Benchmark aufweisen. Es ist somit wichtig, den Aktivitätsgrad immer im Gesamtzusammenhang mit anderen Selektionskriterien – z. B. der historischen Rendite, Risiko und den Kosten – zu sehen. Generell sollten Anlageprodukte nur dann vom Investor gewählt werden, wenn dieser vom Managementansatz des Fondsmanagers absolut überzeugt ist.Zusammenfassend gilt: Der tatsächliche Aktivitätsgrad ist ein wesentlicher Faktor für den Erfolg aktiver Fondsprodukte. Dass ein Portfoliomanager sich stärker vom Index löst und damit seinen Active Share erhöht, heißt zwar nicht automatisch, dass er Mehrwert erzielen wird. Allerdings zeigen die Ergebnisse der empirischen Kapitalmarktforschung, dass Portfolios mit hohem Active Share in der Vergangenheit signifikante Mehrerträge im Vergleich zu passiver ausgerichteten Fondsprodukten aufwiesen. Unsere Untersuchungen bestätigen diese Ergebnisse: Sehr indexnahe aktive Fonds weisen eine deutliche Underperformance gegenüber Fonds mit einem hohen Aktivitätsgrad auf. Bei der Auswahl seiner Anlageprodukte sollte der Investor somit neben der Rendite, dem Risiko und den Kosten auch den Aktivitätsgrad mit einbeziehen. Folgen für GesellschaftenDie Ergebnisse haben nicht nur Implikationen für Investoren, sondern auch für Fondsgesellschaften. Sie sollten sich entscheiden: Entweder setzen sie auf echte aktive Produkte, bei denen der Fondsmanager seinen jeweiligen Investmentstil voll umsetzen kann – möglichst unabhängig von den jeweiligen Benchmarkgewichtungen. Alternativ können sie auf passive Produkte setzen, bei denen ein vorgegebener Index kostengünstig repliziert wird. Pseudoaktive Produkte, also aktive Fonds mit einem geringen Aktivitätsgrad, sind hingegen nicht sinnvoll: Der Fondsmanager hat eigentlich keine Möglichkeit, eine Überrendite gegenüber der passiven Benchmark zu erzielen und wird daher eine nahezu sichere Underperformance in Höhe der Fondskosten erwirtschaften.—-Rolf Klein, Portfolio Manager GSAM+Spee Asset Management AG —-Christian Funke, Vorstand Source For Alpha