Aktive und passive Instrumente richtig kombinieren

Trend zum parallelen Einsatz dieser Produkte wird sich noch verstärken

Aktive und passive Instrumente richtig kombinieren

Barbelling entwickelt sich zu einem neuen Leitmotiv im globalen Vermögensverwaltungsgeschäft. Der Begriff – vom englischen Wort “barbell”, auf Deutsch “Hantel”, abgeleitet – beschreibt einen neuen Ansatz der Kapitalanlage: in passive, kostengünstige Finanzprodukte an dem einen Ende des Produktspektrums und wirklich aktiv gemanagte Produkte mit hohem Potenzial für Überrenditen an dem anderen. Dieser Ansatz hilft privaten und institutionellen Investoren, auf die Herausforderungen der neuen Investmentwelt mit niedrigen Zinsen und erhöhter Volatilität zu reagieren und die Chance-Risiko-Profile ihrer Portfolien zu optimieren.Die Finanzkrise hat zwar nicht die Gesetzmäßigkeiten des Kapitalmarktes aus den Angeln gehoben. Sie hat aber dazu geführt, dass Investoren diese Gesetze mitunter neu interpretieren – zum Beispiel das Fundamental Law of Active Management. Dieses Gesetz definiert den risikoadjustierten, marktunabhängigen Ertrag eines Portfoliomanagers – das sogenannte Alpha – als abhängige Variable zweier Determinanten: des Informationsvorsprungs und der Breite des Investment-Ansatzes. Zunächst haben Investoren sich vor allem auf die Breite des Ansatzes konzentriert, sprich die Aufteilung ihres Vermögens auf verschiedene Anlageklassen optimiert. Die vergangenen Jahre haben allerdings ein Umdenken bewirkt. Denn sie haben gezeigt, dass ein klassisches Mischportfolio – zum Beispiel aus 60% Aktien und 40% Anleihen – nicht unbedingt den gewünschten Diversifikationseffekt bringt. Weite Teile des Anleihenmarktes unterliegen nämlich ähnlichen Faktoren wie Aktien. Dies kann dazu führen, dass das beschriebene Mischportfolio je nach Marktumfeld 90% Aktienrisiko beinhaltet.Vor diesem Hintergrund gehen Investoren vermehrt dazu über, Portfoliorisiken insgesamt zu betrachten, anstatt sie nach Anlageklassen aufzuschlüsseln. Gleichzeitig sind sie vielfach bestrebt, ihre Risikobudgets effizienter einzusetzen. Dazu gehört, die Kernbestandteile der Portfolien risikoärmer und kosteneffizienter zu gestalten. Angesichts dessen ist der Informationsvorsprung als Determinante des Alpha stärker in den Blickpunkt gerückt. Das heißt, Investoren suchen noch gezielter nach aktiven Portfoliomanagern, die in der Lage sind, Mehrertrag zu erwirtschaften. Die Produktnachfrage spiegelt diese Entwicklung deutlich wider: Zum einen steigt die Nachfrage nach passiv verwalteten Anlagelösungen. Davon profitieren vor allem börsennotierte Indexfonds (Exchange Traded Funds – ETF). Der Grund dafür liegt in den vielfältigen, effizienten Einsatzmöglichkeiten von ETF im aktiven Portfoliomanagement, die sich aus den geringen Kosten, der hohen Liquidität und Transparenz der Produkte ergeben. Aufgrund dieser Vorzüge haben börsennotierte Indexfonds sich unter institutionellen Investoren längst etabliert. Auch Privatanleger entdecken diese Produkte zunehmend für sich. Unabhängig vom Kundensegment wachsen die Einsatzgebiete börsennotierter Indexfonds: In den ersten Jahren beschränkte sich das Angebot weitestgehend auf Aktien-ETF. Mittlerweile gibt es Produkte auf alle wichtigen Anlageklassen und Märkte, vor allem der Anleihenbereich wächst sehr dynamisch. Zunächst kamen ETF vor allem zum Einsatz, um langfristig ausgerichtete Portfoliokerne aufzubauen.Inzwischen schätzen Investoren sie auch, um taktische Positionen schnell und effizient aufzubauen und dadurch kurzfristige Marktchancen zu nutzen oder Cash-Management zu betreiben. Und schließlich erkennen Investoren, dass börsennotierte Indexfonds nicht nur als einzelne Bausteine sinnvoll sind. Sie fragen zunehmend auch Komplettlösungen auf ETF-Basis nach, die Vermögensverwaltungskonzepte für Anleger mit unterschiedlichen Rendite-Risiko-Profilen bieten.Zum anderen steigt die Nachfrage nach aktiv gemanagten Lösungen wie Investmentfonds, die Mehrwert gegenüber der Entwicklung des breiten Marktes bieten. Auch diese Entwicklung ist sowohl unter privaten als auch institutionellen Investoren zu beobachten. Entscheidend dabei ist, dass die Portfoliomanager wirklich aktiv vorgehen, sprich unabhängig von Vergleichsindizes agieren dürfen. Denn dies ist eine entscheidende Voraussetzung für den langfristigen Anlageerfolg. Aktive Portfoliomanager, die im Rahmen eines exzellenten Risikomanagements über entsprechende Freiheiten verfügen, finden auch im aktuellen Marktumfeld zahlreiche Renditechancen. Ein Beispiel dafür sind qualitativ hochwertige Aktien von Unternehmen mit soliden Bilanzen, stabilen Cashflows und langfristig aussichtsreichen Geschäftsmodellen. Viele dieser Aktien liefern durch Dividendenzahlungen regelmäßige Erträge bei gleichzeitiger Chance auf Wertzuwachs durch Kursgewinne. Dabei sollten Investoren auch Schwellenländeraktien nicht außer Acht lassen.Am Anleihenmarkt eröffnen die unterschiedlichen Vorgehensweisen der Notenbanken – die Bank of Japan und die Europäische Zentralbank gehen eher noch restriktiver vor, während die Bank of England und die Fed die Zügel wieder anziehen werden – neue Möglichkeiten für alternative Alpha-Strategien wie Relative-Value-Ansätze. Unternehmens- und Schwellenländeranleihen kommen als Portfoliobausteine ebenfalls in Betracht. Alternative Investments wie Immobilien, Rohstoffe und Infrastrukturbeteiligungen tragen zusätzlich dazu bei, Risiko-Rendite-Profile zu optimieren. Eine strategische Asset-Allokation, die diese Anlageklassen einbezieht – ob als Komplettlösung in Form von Multi-Asset-Fonds oder im Zusammenspiel verschiedener Investmentfonds mit unterschiedlichen Schwerpunkten -, schafft die Basis für ertrags- und wertzuwachsorientierte Portfolien.Speziell institutionelle Investoren in Deutschland suchen vermehrt Zugang zu alternativen Anlagemöglichkeiten über regulierte Finanzinstrumente nach europäischem Recht. Denn die europäische Fondsrichtlinie Ucits räumt Portfoliomanagern inzwischen weitreichende Freiheiten ein. Diese erlauben flexible Anlagestrategien, die vor einigen Jahren noch Hedgefonds vorbehalten waren.So kombinieren etwa Absolute-Return-Fonds, die unabhängig vom Marktumfeld positive Erträge erzielen, das Alpha-Potenzial von Offshore-Hedgefonds mit der hohen Liquidität und Transparenz von Ucits-Fonds. Absolute-Return-Fonds mit Multi-Strategy-Ansätzen erweitern den klassischen Absolute-Return-Gedanken: Sie bieten kosteneffizienten und unmittelbaren Zugang zu einem breiten Spektrum alternativer Anlagestrategien verschiedener, spezialisierter Manager.Bereits 2011 haben weltweit 70% der professionellen Investoren in Europa passiv verwaltete und aktiv gemanagte Anlagelösungen kombiniert und somit den Ansatz des “Barbelling” genutzt, zeigt eine Umfrage von BlackRock unter 35 großen Finanzdienstleistern, darunter Private-Wealth-Manager, Fondsselektoren und -analysten sowie unabhängige Finanzberater und Ratingagenturen. Die Nachfrage von Seiten der Investoren im täglichen Geschäft legt eine steigende Tendenz nahe. Auch Privatanleger nutzen beide Produktgruppen zunehmend parallel, wie ein Blick in die Portfolien von Direktbanken offenbart.Für die zunehmende Kombination aktiver und passiver Instrumente sprechen vor allem drei Gründe: Erstens das veränderte Marktumfeld mit niedrigen Zinsen, erhöhten Korrelationen und steigender Volatilität. Zweitens regulatorische Entwicklungen hin zu mehr Transparenz. Drittens die gestiegene Kostensensibilität aller Investorengruppen infolge des geringeren Marktzinses und einer höheren Transparenz. Diese Gründe dürften auf absehbare Zeit Bestand haben. Daher ist zu erwarten, dass der Trend zum parallelen Einsatz passiver und aktiv gemanagter Produkte noch stärker werden wird.Wie passive und aktiv gemanagte Produkte sich am besten kombinieren lassen, ist so individuell wie die Anlagephilosophien und -ziele sowie Chance-Risiko-Profile der Investoren. Unabhängig davon, ob es sich um Privatanleger oder institutionelle Investoren handelt, gilt: Wer passiv verwaltete und aktiv gemanagte Investmentfonds kombiniert, erweitert sein Instrumentarium, um die Chancen des Kapitalmarktes in der neuen Investmentwelt noch effizienter nutzen zu können.——Christian Machts, Leiter Retail-Geschäft Deutschland, Österreich und Osteuropa, BlackRockMarkus Taubert, Leiter Institutionelles Geschäft, Deutschland und Österreich, BlackRock