Alle Verbraucher haben Anspruch auf ein Basiskonto

Kreditwirtschaft muss Dienste anbieten

Alle Verbraucher haben Anspruch auf ein Basiskonto

wf Berlin – Die Kreditwirtschaft wird künftig auch für asylsuchende und geduldete Menschen sowie Obdachlose ein Girokonto eröffnen müssen. Mit der Umsetzung der EU-Zahlungskontenrichtlinie wird ein sogenanntes Basiskonto für alle eingeführt. Die neuen Vorgaben aus Europa gehen weit über die Selbstverpflichtung hinaus, welche die deutsche Kreditwirtschaft bislang beim “Girokonto für jedermann” hierzulande eingegangen war. Dies geht aus dem Referentenentwurf des Bundesfinanzministeriums und des Bundesjustiz- und -verbraucherschutzministeriums hervor. Der Kreis der berechtigten Verbraucher ist größer als bisher. Aber auch die Zahlungsdienste, die mit dem Konto genutzt werden können, sind umfassender. Grundsätzlich kann mit dem neuen Gesetz jeder Verbraucher aus der EU in Deutschland ein Konto eröffnen. Komplett neues GesetzDie Vorschriften zum Basiskonto sollen in einem komplett neuen Regelwerk zusammengefasst werden: dem Zahlungskontengesetz. Dies bietet sich laut Referentenentwurf an, da die Normen der EU-Richtlinie sowohl öffentlich-rechtliche als auch zivilrechtliche Fragen betreffen, die sonst in sehr unterschiedlichen deutschen Gesetzen hätten untergebracht werden müssen. Spätestens bis 18. September 2016 muss die Richtlinie national umgesetzt sein. Voraussichtlich dürfte dies aber etwas schneller gehen. Bis Anfang Oktober haben die betroffenen Verbände und Interessengruppen nun Zeit, Stellung zu nehmen. Ist das Gesetz in den nächsten Monaten abgeschlossen, bleiben Banken und Sparkassen noch acht Wochen, um ihre IT-Systeme anpassen zu können.Für die Verbraucher wird es künftig leichter sein, ihren Anspruch auf ein Basiskonto durchzusetzen: Sie müssen nicht mehr vor Gericht ziehen, sondern können sich an die Finanzaufsicht BaFin wenden, die im Zuge der ihr neu zugewachsenen Aufgaben im Verbraucherschutz für die Umsetzung des Gesetzes zuständig sein wird. Zusätzliche Kosten von 1,3 Mill. Euro jährlich fallen dort laut Referentenentwurf an. Letztlich wird die Finanzbranche diese tragen müssen, da sie die BaFin voll finanziert. Der zusätzliche Aufwand bei der Finanzbrache selbst ist noch nicht quantifiziert. BaFin als BeschwerdestelleDie Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) bezeichnete es als “wichtige und mutige Entscheidung”, dass die BaFin den Anspruch auf Kontozugang durchsetzen soll. Der Gesetzentwurf sei ein “Meilenstein” für alle Verbraucher, die bislang keinen Zugang zu einem Girokonto hatten, erklärte VZBV-Vorstand Klaus Müller. Mit der BaFin bekämen sie schlagkräftige Unterstützung. Die Deutsche Kreditwirtschaft (DK) wertete den Entwurf als Basis, um “das heute in Deutschland bereits vorherrschende hohe Serviceniveau bei Girokonten weiter auszubauen”. 99 % aller Bürger verfügten bereits über ein Girokonto. Die DK begrüßt, dass künftig auch Personen, die bisher nach dem Geldwäschegesetz kein Konto eröffnen konnten, ebenfalls ein Zugang zu Bankdienstleistungen ermöglicht werden soll.Der Kontrahierungszwang für die Kreditinstitute umfasst Ein- und Auszahlungen, Lastschriften, Überweisungen und das Zahlungskartengeschäft. Weitere Dienste wie das Kreditgeschäft können vereinbart werden. Bei einem Basiskontovertrag dürfen generell nur “angemessene Entgelte” vereinbart werden, die an den tatsächlichen Kosten ausgerichtet sein müssen. Die Kündigungsmöglichkeiten für die Institute sind deutlich eingeschränkt. Eine Kontoeröffnung kann nur abgelehnt werden, wenn schon ein Konto besteht oder gegen ein gesetzliches Verbot verstoßen wird. Banken und Sparkassen sind zur Information über ihre Gebühren verpflichtet. Geplant sind Vergleichswebseiten. Bei einem Kontowechsel muss die Bank oder Sparkasse Lastschriften und Daueraufträge auf Wunsch des Kunden auf das neue Institut übertragen.—– Wertberichtigt Seite 8