IM BLICKFELD

Am Immobilienmarkt drängen Investoren in Forward Deals

Von Thomas List, Frankfurt Börsen-Zeitung,8.8.2019 Der seit Jahren währende Immobilienboom und die hohe Nachfrage nach weiteren Objekten stellen Investoren vor ein Problem: Es gibt viel zu wenig fertiggestellte Immobilien zu einem annehmbaren...

Am Immobilienmarkt drängen Investoren in Forward Deals

Von Thomas List, FrankfurtDer seit Jahren währende Immobilienboom und die hohe Nachfrage nach weiteren Objekten stellen Investoren vor ein Problem: Es gibt viel zu wenig fertiggestellte Immobilien zu einem annehmbaren Preis. Daher steigen Investoren häufig über sogenannte Forward Deals ein: Dabei kauft der Investor eine Immobilie, die noch gebaut werden muss, was die Renditechancen erhöht, aber auch Risiken birgt. Im ersten Halbjahr 2019 entfielen nach Angaben des Beratungsunternehmens JLL rund 19 % aller Einzeltransaktionen in Deutschland, also mehr als 4 Mrd. Euro, bereits auf Forward Deals. Insbesondere einheimische Investoren wie Spezialfonds und klassische Fondsmanager haben sich so Wohn- und Büroimmobilien sowie mischgenutzte Objekte gesichert. Frankfurt lockt . . .Gerade in Frankfurt sehen sich Investoren um. Ein Beispiel eines Forward Deals ist der Omniturm. Dieses Projekt hat Tishman Speyer 2018 vorab an Commerz Real verkauft, kümmert sich aber weiter um den Bau und die Mietverträge. Ebenfalls 2018 ist ein Fonds der Union Investment in die Finanzierung eines Büroturms als Teil des Hochhausquartiers Four auf dem ehemaligen Gelände der Deutschen Bank in der Frankfurter Innenstadt eingestiegen. Laut Projektentwickler Gross & Partner stellen mehr als 20 Finanzierungspartner in unterschiedlicher Struktur mehr als 1 Mrd. Euro für das Projekt bereit.”Projektentwicklungen sind vom Kapitalmarkt extrem gesucht”, bestätigt Andreas Schulten vom Analysehaus Bulwiengesa. Er meldet aber große Zweifel an, ob sich diese Pläne auch tatsächlich umsetzen lassen. Denn die Bodenpreise, die etwa 30 % einer Projektkalkulation ausmachten, seien in den großen Städten in den vergangenen Jahren stark gestiegen. Ein weiterer Engpass sind die geringen Baukapazitäten. Dadurch kommt es auch in diesem Bereich zu starken Preissteigerungen. Dazu tragen auch die in den vergangenen Jahren verschärften Vorschriften zu Energieeinsparung und zum Lärmschutz bei. Die Genehmigungsverfahren dauern durch die umfangreichen Partizipationsmöglichkeiten von Anwohnern, aber auch die Bearbeitungszeiten in den Bauämtern gerade der großen Städte lange.Wenn Investoren eine Projektentwicklung machen, müssen sie sich entscheiden, welche Risiken sie dabei eingehen wollen. Je früher sie einsteigen, je höher die mögliche Rendite, desto größer aber auch das Risiko, dass etwas schiefgeht und die Erwartungen nicht erfüllt werden. “Bei einem frühen Einstieg in ein Projekt, zum Beispiel durch den Kauf eines noch unbebauten Grundstücks, sind die Gesamtinvestitionen und der Wettbewerb um ein neues Objekt geringer. Aber die Risiken sind auch deutlich höher”, sagt Georg Reul von Hamburg Trust. Die Hamburger Firma betätigt sich seit zwei Jahren im Projektentwicklungsgeschäft. “Die meisten Investoren scheuen das zeitliche Risiko und wollen sich nicht früher als zwei Jahre für einen Ankauf erklären”, sagt Fabian Klein vom Dienstleister CBRE.Ein zentraler Punkt in der frühen Phase eines Projektes ist das Baurecht. Steigt ein Investor vor oder nach seiner Erteilung ein? Viele institutionelle Investoren insbesondere aus dem Versicherungsbereich sind grundsätzlich erst danach dazu bereit. Denn bis zur Genehmigung der eingereichten Baupläne kann es Jahre dauern, gerade in deutschen Großstädten. Und es ist keineswegs sicher, dass der Bescheid dann so ausfällt wie ursprünglich geplant. “Aus Mangel an Produkten steigen immer mehr Investoren immer früher über Forward Deals in Projektentwicklungen ein”, stellt Anke Herz von JLL fest. “Baurecht und Baukosten müssen bei Forward Deals aber gesichert sein.”Finanziert werden laut JLL klassisch bis zu 70 % der Projektkosten (Loan to Cost), teilweise aber auch mehr als 90 %. Bei Vertragsabschluss wird demnach entweder vereinbart, das Projekt nach mehreren Jahren für einen bestimmten Preis zu kaufen, oder der Investor leistet in der Zwischenzeit Abschlagszahlungen auf den Kaufpreis an den Projektentwickler. . . . Berlin schreckt abUnklar ist, wie die politische Diskussion in Berlin rund um einen Mietdeckel und Enteignungen Investoren abschreckt und Neubauten verhindert. Auswirkungen auf das Investitionsverhalten gebe es auch in Berlin noch nicht, heißt es bei einigen Marktteilnehmern. Andere Akteure wollen hingegen beobachtet haben, dass wegen der politischen Lage bereits Projekte abgesagt wurden.Bulwiengesa-Manager Schulten konstatiert auf Basis der Projektentwicklungsstudie aus seinem Haus in Berlin einen “erneuten Rückgang bei Wohnprojektentwicklungen und einen enorm hohen Anstieg im Bürobereich”. Das bezieht sich auf sogenannte Trading-Developments, bei denen ein Projektentwickler als Zwischeninvestor für Projektentwicklungen vom Kauf bis zur Fertigstellung mit dem Ziel der Vermarktung auftritt. In der Studie ist Stichtag zwar der 31.12.2018, doch setzt sich der Trend in diesem Jahr fort. Mehr Büroprojekte sieht Schulten für das gesamte Bundesgebiet. Allerdings entfällt immer noch der weitaus größte Teil des Projektentwicklungsvolumens auf Wohnhäuser.