Analysten wappnen sich gegen Einschnitte wegen Mifid
Bloomberg New York – Der Umbau eines acht Jahrzehnte alten Systems zur Bezahlung von Aktienanalysen an der Wall Street soll die Transparenz erhöhen und die Konflikte reduzieren. Allerdings werden dann wohl nicht mehr so viele Leute den Beruf des Analysten ergreifen wollen. Beide Einschätzungen kommen von Craig Moffett. Er sieht einen Boom für seine eigene Firma MoffettNathanson, wenn nächstes Jahr in Europa Regeln eingeführt werden, um Fondsmanager daran zu hindern, Kundenaktiva für die Bezahlung von Analysen zu verwenden.Seine Firma verlange einen jährlichen Abopreis von 100 000 Dollar für Einsichten in die Telekom- und Medienbranche und mehr Geld für zusätzliche Telefonate mit Analysten und Managern, berichten drei Kunden gegenüber Bloomberg. Die neuen Regeln dürften Unternehmen wie das von Moffett, die ohne finanzielle Mithilfe aus Handelskommissionen existieren können, am Markt etablieren.Die Regeln, auch bekannt als Mifid II, sollen eine Praxis eindämmen, bei der Fondsgesellschaften ihre Aktienorders an bestimmte Firmen leiten – als eine Art der Bezahlung für Zugang zu deren Investment-Analysen. Dieses Arrangement hat Kritikern zufolge dazu geführt, dass zu viele Analysten zu viele schlechte Ratschläge gegeben haben. Vermögensverwalter in Europa und den USA könnten in Erwartung der neuen Regulierung mehr als 300 Mill. Dollar aus Analysebudgets streichen. Diesen Schluss legt eine Umfrage von Greenwich Associates unter Fondsmanagern nahe. Analysten mit einem Markennamen – etwa Ivy Zelman, Experte für Eigenheimbaufirmen – seien in der Lage, zu überleben, während andere Analysten direkt zu Fonds oder Family Offices gehen könnten, sagt Benjamin Quinlan von Quinlan & Associates. Neue Preismodelle gesuchtAngesichts der ab Januar 2018 anzuwendenden neuen Regeln versuchen die Analyseanbieter, schnellstmöglich andere Preismodelle zu entwickeln. Einige Banken schlagen der Financial Times zufolge bis zu 10 Mill. Dollar pro Jahr für den Zugang zu sämtlichen Analysen vor – oder bis zu 10 000 Dollar für ein Telefonat mit einem Top-Analysten.Als sicher gilt, dass es in Zukunft weniger Analysten geben dürfte. Moffett etwa prognostiziert, dass ein großes Unternehmen wie der US-Telekomkonzern Verizon Communications in Zukunft nur noch von zehn bis zwölf Analysten abgedeckt werden könnte. Das wären deutlich weniger als die 39 Analysten, die sich laut Bloomberg-Daten derzeit um Verizon kümmern. Ein anderes Opfer könnten die kleineren und mittelgroßen Unternehmen sein. Bei ihnen besteht die Gefahr, dass sie von den Analysten, die noch übrig bleiben, kaum mehr beachtet werden.