AUS DER KAPITALMARKTFORSCHUNG

Anlageverhalten im Laborexperiment

Belohnungsstruktur motiviert Entscheidungen

Anlageverhalten im Laborexperiment

Von Bernd WeberIn einem vom Frankfurter Institut für Risikomanagement und Regulierung (FIRM) geförderten Projekt untersucht die Universität Bonn die biologischen Einflüsse auf individuelles reales Anlageverhalten.Entscheidungen für oder gegen spezifische finanzielle Anlagen werden durch unterschiedlichste Faktoren beeinflusst, etwa das soziale Umfeld, verfügbares Vermögen, Bildung oder Persönlichkeit.In den letzten Jahren ist durch die Zusammenarbeit der Lebens- mit den Sozialwissenschaften auch die biologische Heterogenität stärker in den Fokus der Forschung gelangt. Wir verstehen inzwischen immer besser, welche neuronale Basis risikobehaftete – und auch spezifisch finanzielle – Entscheidungen haben. Welche Gehirnregion aktiv?In der neurowissenschaftlichen Entscheidungsforschung werden dabei die relevanten neuronalen Netzwerke untersucht: Welche Regionen im Gehirn spielen bei der Bewertung von Entscheidungsoptionen eine Rolle? Wie werden Risiken und Unsicherheiten in Bewertungsprozesse integriert? Die Universität Bonn beschäftigt sich in verschiedenen Studien mit dem Zusammenhang von neurobiologischen Unterschieden in der Wahrnehmung und Prozessierung von Risiken bei Anlageentscheidungen im Labor und im realen Kontext.In einem Laborexperiment konnte mittels Blickbewegungsmessungen und funktioneller Kernspintomografie gezeigt werden, wie Informationssuchprozesse bei Lotterieentscheidungen mit der neuronalen Reaktion auf Gewinne und Verluste zusammenhängen. Personen unterscheiden sich in der Aufmerksamkeit, die sie auf mögliche Gewinnhöhen und die Wahrscheinlichkeiten für deren Eintreten richten. Manche Personen richten dabei eine stärkere Aufmerksamkeit auf die Beträge, während andere mehr auf die Eintrittswahrscheinlichkeiten achten.Das Experiment machte erstmalig deutlich, dass diese Aufmerksamkeitsprozesse mit der Reaktion in Belohnungsstrukturen des Gehirns zusammenhängen: Die Belohnungsstrukturen des Gehirns sind essenziell für die Motivation von Verhalten. Eine stärkere Fokussierung auf Gewinnhöhen geht dabei mit einer stärkeren Belohnungsreaktion auf Gewinne einher. Informationen mit LerneffektEine stärker auf Anlageverhalten ausgerichtete Studie zeigt, wie Personen aus neuen Informationen lernen und ihre Einschätzung der Güte von Anlagen verändern. Versuchspersonen können in diesem Experiment entweder in eine sichere Anlage investieren oder in eine risikobehaftete Anlage, deren Gewinn- und Verlustwahrscheinlichkeiten von den Probanden zu erlernen sind. Die Versuchspersonen sollten dabei in jedem Durchgang die zur Verfügung gestellte Information in ihr zukünftiges Verhalten integrieren, wenn sie optimal aus den Informationen lernen.Die Studie legt jedoch dar, dass die Versuchspersonen stärker aus Informationen lernen, die ihr vorheriges Verhalten rechtfertigen. Das bedeutet, sie lernen stärker aus positiver Information über risikobehaftete Anlagen, wenn sie sich zuvor dafür entschieden haben, ihr Geld darin zu investieren, als wenn sie sich zuvor für die risikoärmere Anlage entschieden haben. Dies geht einher mit unterschiedlichen Reaktionen in belohnungsverarbeitenden Strukturen. Die Stärke der Reaktion in diesen Regionen erklärt zusätzlich, wie gut die Versuchspersonen aus den Informationen lernen.In einem weiteren Schritt untersucht das Projekt Daten, die den Zusammenhang von Persönlichkeit, Bildung und soziodemografischen Daten mit realem Anlageverhalten analysieren. Ziel dabei ist es, Prädiktoren für reales Anlageverhalten zu identifizieren und zu untersuchen, inwieweit neuronale Heterogenität zusätzlich erlaubt, Heterogenität im Anlageverhalten besser zu erklären.