"Anleger- ist nicht gleich Verbraucherschutz"

DSW fordert ein vereinfachtes Beratungsprotokoll

"Anleger- ist nicht gleich Verbraucherschutz"

spe Stuttgart – Zehn Monate nach Umsetzung der europäischen Finanzmarktrichtlinie (Markets in Financial Instruments Directive II – Mifid II) in nationales Recht haben Vertreter der Finanzindustrie in Stuttgart ihrem Unmut über das Regelwerk Luft gemacht. Auf einem regulatorischen Symposium (Mifid-Kongress), das bereits zum zwölften Mal von der Börse Stuttgart veranstaltet wurde, sagte der Präsident des Sparkassenverbandes Baden-Württemberg, Peter Schneider, mit Blick auf die Anforderungen durch Mifid II, man lebe “in Zeiten regulatorischen Wahnsinns”, der die Branche rund 1 Mrd. Euro gekostet habe. Ähnlich äußerte sich Andreas Grünewald, Vorstandsvorsitzender des Verbandes unabhängiger Vermögensverwalter Deutschland. Er sprach von einer “grotesken Regulierungsdichte” für seine Branche. Weitgehend störungsfreiDennoch sei der Kraftakt der Umsetzung von Mifid II sowohl für die Aufsicht als auch die Finanzindustrie weitgehend störungsfrei gelungen, sagte Elisabeth Roegele, zuständige Exekutivdirektorin bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). Als größte Herausforderung für die deutsche Finanzwirtschaft bei der Weiterentwicklung der europäischen Aufsicht nannte sie die klein strukturierte Landschaft der Kreditinstitute im Land mit Sparkassen und Genossenschaftsbanken, die in Brüssel immer noch erklärungsbedürftig sei.Bei ihrer Mifid-Kritik stellten die Branchenvertreter nicht per se den Sinn des Anlegerschutzes in Frage, vielmehr ist ihnen die Summe der Reporting- und Aufzeichnungspflichten aus dem Beratergeschäft ein Dorn im Auge. Grünewald und Marc Tüngler, Hauptgeschäftsführer Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW), plädierten daher für eine Vereinfachung bei der Protokollierung der Wertpapierberatung, bei der den Kunden eine Wahlmöglichkeit gelassen werde. Dabei solle Anlegern die Möglichkeit gegeben werden, ganz bewusst auf ein ausführliches Beratungsprotokoll zu verzichten, wie Grünewald forderte. Wenn etwa das Anlagevolumen, um das es in der Beratung gehe, einen bestimmten Anteil des verwalteten Vermögens nicht übersteige, müsse auch eine Kurzberatung ausreichen. Tüngler machte sich für die Einführung einer dritten Kategorie in der Beratung für semiprofessionelle Anleger stark. Diese sollten in Anlehnung an die Termingeschäftsfähigkeit ihre Aufklärung in größeren Abständen immer wieder erneuern. Roegele gab hier zu bedenken, dass der europäische Gesetzgeber bei einem solchen Vorschlag befürchten würde, dass die Anleger von den Banken in diese Kategorie hineingedrängt werden könnten. “Die Freiheit genommen”Tüngler kritisierte, dass vielfach Anleger- mit Verbraucherschutz gleichgesetzt werde. Das sei aber ein Denkfehler, sagte er. Während man sich als Anleger sehr wohl erfolgreich gegen den Markt stellen könne, würde man im Verbraucherschutz einen solchen Ansatz eher verbieten. “Den Kunden aber wird mit diesem Ansatz die Freiheit genommen”, sagte er.