Apcoa nimmt Milliarde in den Blick
Von Helmut Kipp, Frankfurt
Vom Stellplatz zu einem urbanen Zentrum mit E-Ladestationen und Umschlagplätzen für E-Commerce – mit diesem Konzept will der Parkhausbetreiber Apcoa wachsen. Der Anteil der neuen Geschäfte am Gesamtumsatz soll von derzeit 2 oder 3 % in den nächsten drei bis fünf Jahren auf mindestens 15 % steigen, kündigt CEO Philippe Op de Beeck im Gespräch mit der Börsen-Zeitung an. Finanziell sieht sich das Unternehmen, das hoch verschuldet ist, für die geplante Expansion gerüstet. „Die Liquidität ist sehr hoch“, versichert der Firmenchef. Demnach befindet sich ein dreistelliger Millionen-Euro-Betrag in der Kasse.
Im vergangenen Juli hat Apcoa zwei bis 2027 laufende Anleihen im Gesamtvolumen von 685 Mill. Euro platziert und damit vor allem Altschulden einschließlich Zinsen zurückgezahlt. Der Festzinsbond ist mit einem Kupon von 4,625% im Jahr zu bedienen, die variabel verzinsliche Schuldverschreibung mit Drei-Monats-Euribor plus 5,0%.
Mit dem Kreis der Bondinvestoren, unter denen sich Topnamen befänden, zeigt sich Op de Beeck zufrieden. Viele Anleihekäufer seien bereits in Parking-Infrastruktur investiert. Moody’s bewertet das Unternehmen mit B3, die Anleihen gelten also als hochspekulativ. Die Ratingagentur erwartet für 2021 nach Angaben vom Juli einen negativen Free Cash-flow von 50 Mill. Euro, 2022 soll er leicht positiv werden. Die Relation von bereinigter Verschuldung zu Ebitda (Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen) werde von 9,7 im Jahr 2020 schrittweise auf 7,0 im Jahr 2022 sinken, was nach wie vor ein sehr hoher Wert wäre.
Die Corona-Pandemie hat den Parkhausbetreiber arg gebeutelt. Im vergangenen Jahr schrumpfte der Umsatz um 26% auf 532 Mill. Euro. „Wenn Leute nicht reisen, nicht shoppen und nicht ins Restaurant oder ins Kino gehen und nicht ins Büro fahren, dann parken sie natürlich nicht“, sagt der 1962 geborene Manager, der seit April 2016 die Firma leitet. Inzwischen geht es wieder aufwärts. „Die Lage verbessert sich von Woche zu Woche“, sagt Op de Beeck. Am schnellsten habe sich das Parkgeschäft in Stadt- und Einkaufszentren erholt, am langsamsten an Flughäfen und im Eventbereich.
11000 Standorte
Um die Corona-Folgen abzufangen, musste Apcoa im vergangenen Jahr Hochzinskredite aufnehmen. Mehrheitseigentümer Centerbridge (87,5%), ein auf Restrukturierungsfälle spezialisierter Finanzinvestor, schoss 40 Mill. Euro Eigenkapital nach. „Diese Eigenmittel sind nach wie vor im Unternehmen“, sagt der CEO, der vor seinem Wechsel zu Apcoa unter anderem für die Cateringanbieter Compass Group und Gategroup arbeitete.
Im Sommer habe man den 2019er-Umsatz fast wieder erreicht, auch dank neuer Geschäfte, die hinzugekommen seien, sagt Op de Beeck: „Daher sind wir zuversichtlich für Zukunft.“ In absehbarer Zeit soll der Umsatz, der 2019 bei 721 Mill. Euro lag, die Milliarden-Euro-Marke knacken. „Im Fünfjahresplan tauche diese Zahl auf“, sagt der Firmenchef. Auf das genaue Jahr legt er sich nicht fest, wäre aber nach eigenen Angaben enttäuscht, wenn es fünf Jahre dauern würde. Das Ebitda soll 2021 deutlich zulegen und im nächsten Jahr über das 2019-er Niveau von 84 Mill. Euro hinauskommen.
Mit 5500 Mitarbeitern bewirtschaftet Apcoa mehr als 1,5 Millionen Einstellplätze an 11000 Standorten in 13 europäischen Ländern. Das Unternehmen kam 1995 an die Börse, wurde von Salamander/EnBW übernommen, 2004 an die Beteiligungsgesellschaft Investcorp weitergereicht und delistet. Es folgten die Veräußerung an den französischen Finanzinvestor Eurazeo und 2014 der Erwerb durch Centerbridge im Zuge einer finanziellen Restrukturierung. Ein 2019 angestoßener Verkauf liegt auf Eis. Aktuell gebe es keine Planung für einen Verkauf.
Das Finanzpolster will der CEO für Akquisitionen nutzen: „Wir suchen Unternehmen, die unsere geografische Aufstellung unterstützen, also aus Ländern kommen, in denen wir bereits tätig sind, um so die Kosten auf eine größere Parkfläche zu verteilen. Oder Übernahmen, die uns auf der Technologieebene voranbringen.“ Das müssten keine großen Firmen sein, die letzten Übernahmen hätten im Schnitt 5 Mill. oder 10 Mill. Euro Umsatz erzielt.
Die neuen Geschäfte drehen sich vorwiegend um die Themen Logistik, Ladestationen und Mobilität. Infolge des E-Commerce-Booms benötigen Logistik- und Paketdienste innerstädtische Flächen für den Warenumschlag und Paketstationen. Dafür seien Parkhäuser aufgrund ihrer zentralen Lage und der vergleichsweise niedrigen Mieten sehr gut geeignet. „Wir arbeiten mit den großen Logistikern zusammen, um die Parkhäuser als Drehscheibe zu nutzen“, sagt Op de Beeck.
Parken und Aufladen
Auch von der voranschreitenden Elektrifizierung der Autoflotte will Apcoa profitieren. Das Konzept: Während des Parkens das Fahrzeug aufladen. Daran zeigten Autohersteller und Energielieferanten großes Interesse. Beim dritten Thema Mobilität geht es um die Nutzung der Parkflächen für Carsharing, E-Bikes, E-Scooter oder Mietwagen. Darüber hinaus setzt Op de Beeck auf Geschäftsideen wie Waschsalons für Berufskleidung. Die für das Wachstum notwendigen Investitionen in Infrastruktur, etwa Supercharger für E-Autos, finanzieren die Partner. Apcoa verfolgt ein Asset-light-Geschäftsmodell – das Unternehmen betreibt die Parkhäuser. Die Immobilien gehören Dritten.