Laiqon will mit KI-Expertise wachsen
Im Gespräch: Achim Plate
Laiqon will mit KI-Expertise reüssieren
Assetmanager erwartet Wachstumsschub durch Anwendung von künstlicher Intelligenz in der Vermögensverwaltung
Von Carsten Steevens, Hamburg
Ansässig in Sichtweite der Hamburger Außenalster, will sich der Assetmanager Laiqon als Premium-Qualitätsanbieter im Fonds- und Vermögensmanagement profilieren. Mit diesem Anspruch wurde die Umfirmierung der Gesellschaft in einer Hauptversammlung im Juli 2022 vorgestellt. Inzwischen sieht das Unternehmen, das mit seinem heutigen Namen Anfang vorigen Jahres aus dem 1995 gegründeten und 2005 an die Frankfurter Börse gekommenen Fondsdienstleister Lloyd Fonds hervorging, die Aufbauarbeit als abgeschlossen an. Bei Laiqon begreift man die Firma mit weiteren Standorten in Berlin, Frankfurt und München nun als „innovative Asset Management-Factory für nachhaltige Kapitalanlage“.
In diesem Jahr wolle man von der Investitions- immer mehr in die Skalierungsphase kommen, sagt Vorstandschef Achim Plate im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. Ein weiteres Segment oder eine neue Produktkategorie hält der 64 Jahre alte Diplom-Ingenieur für das Unternehmen, dessen Konzept mit den drei Bereichen Asset Management, Wealth Management und Digital Wealth auf einer kleinen Handskizze entstanden und seit 2017 umgesetzt worden sei, für nicht notwendig.
Aufbau abgeschlossen
Vor sieben Jahren trat Plate an, die 2010 in Hamburg gegründete und mit drei Partnern aufgebaute Asset-Management-Boutique SPSW Capital unter Beachtung der Megatrends Digitalisierung, Nachhaltigkeit und Nutzerzentrierung weiterzuentwickeln. Die Digitalisierung, so erläutert Plate, sei genutzt worden, um die in den vergangenen Jahren erworbenen Firmen zu integrieren. Für Akquisitionen zwischen 2019 und 2022 werde man einschließlich Earn-out-Zahlungen bis 2026 rund 120 Mill. Euro investiert und den wesentlichen Teil davon über die Börse finanziert haben. „Damit haben wir die Spezialisten zusammengestellt, die das Rückgrat dieser Firma bilden.“
Neben den Zukäufen, die abgeschlossen seien, arbeitete Laiqon in den vergangenen Jahren am Aufbau einer eigenen Expertise in künstlicher Intelligenz (KI). Die Mittel, die bis Ende dieses Jahres in das Wealthtech LAIC fließen sollen, beziffert Plate mit etwa 20 Mill. Euro. Mit dem KI-Vehikel und dem KI-basierten Anlagesystem LAIC Advisor, mit denen die Anwendung künstlicher Intelligenz in der Vermögensverwaltung vorangetrieben werden soll, sieht sich Laiqon als Vorreiter. „Einen Wettbewerber, der eine selbstlernende KI mit der gleichen Funktionalität gebaut hat, sehe ich in Deutschland bislang nicht“, sagt Plate. Einige Firmen hätten nur einzelne Elemente.
Der Ansatz von Laiqon basiert laut Plate auf der Erkenntnis, dass eine hohe Nutzerzentrierung, das heißt der Zuschnitt bestimmter Produkte und Lösungen auf einzelne Kunden, in der Finanzbranche nur durch KI möglich ist. Finanzielle Wünsche umzusetzen, werde mit einem standardisierten Publikumsfonds, der eine Strategie verfolgt, nicht funktionieren, mit einem börsengehandelten Indexfonds (ETF) schon gar nicht. „Die sehr individuelle Kundenbetreuung wird nur mit KI-Lösungen gelingen.“
Rechenleistung aus der Cloud
Um individualisierte Finanzprodukte zu kreieren, sei eine viel höhere Rechenleistung erforderlich. Diese Rechenkapazitäten zur Bearbeitung des Datenspektrums und -volumens seien erst in den vergangenen drei Jahren bezahlbar und über die Cloud zugänglich geworden, erläutert Plate. „Durch die Rechenleistung aus der Cloud sind KI-Lösungen zur hoch individualisierten Kundenbetreuung in der Finanzbranche möglich geworden.“ Die Entwicklung in Richtung individueller Kundenberatung und -betreuung werde sich weiter beschleunigen, fügt der aus Schleswig-Holstein stammende Unternehmer hinzu und erklärt: „Weil wir an der Schwelle stehen, dass Quantencomputing für die Rechenleistung zugänglich wird.“
Plate sieht Laiqon nach zwei im vergangenen Jahr vereinbarten Großprojekten, die für einen Wachstumsschub sorgen sollen, auf dem richtigen Weg. So soll ein seit September 2023 mit BaFin-Lizenz ausgestattetes Joint Venture der Laiqon-Tochter Bayerische Vermögen mit der Meine Volksbank Raiffeisenbank in Rosenheim, der bundesweit achtgrößten Volksbank, bereits in diesem Jahr einen Wachstumsbeitrag leisten. Das Gemeinschaftsunternehmen „Meine Bayerische Vermögen“, an dem Laiqon mit 25% beteiligt ist, nutze „unsere Digital-Asset-Plattform komplett gelabelt“, so Plate. „Alle Anlagelösungen, die Kunden in Rosenheim bekommen, laufen auf dieser Plattform.“
Kooperationen mit Kreditgenossen
Durch die vereinbarte Kooperation mit der ebenfalls genossenschaftlichen Fondsgesellschaft Union Investment soll Kunden der Finanzgruppe künftig – vom vierten Quartal 2024 an – über die Nutzung der LAIC-KI eine „hochgradig individualisierte Fonds-Vermögensverwaltung“ angeboten werden. Die Zusammenarbeit soll vor allem das Laiqon-WealthTech LAIC antreiben, bei dem bis 2028 ein Anstieg der Assets under Management (AuM) auf 5,5 bis 6,5 Mrd. Euro erwartet wird – von aktuell 550 Mill. Euro im Segment Digital Wealth. Im digitalen Bereich mit der KI-Nutzerzentrierung sei das stärkste Wachstum zu erwarten, so Plate. „Das Geschäft wird an anderen vorbeiziehen.“
Auf Segmentebene kommen die beiden anderen Bereiche Asset Management und Wealth Management per Ende 2023 auf ein betreutes Vermögen von rund 4,1 Mrd. bzw. 1,45 Mrd. Euro. Auf das Geschäft mit institutionellen Kunden entfallen 3,3 Mrd. der insgesamt 6,1 Mrd. Euro betreutem Vermögen. Nach einem AuM-Anstieg um 7% oder 400 Mill. Euro im vergangenen Jahr avisiert Laiqon bis 2025 ein Wachstum auf 8 bis 10 Mrd. Euro.
Wichtig sei zunächst, „eine hervorragende Leistung“ für Union Investment zu erbringen, weil es um ein hochkomplexes Produkt gehe, unterstreicht der Laiqon-Chef mit Blick auf den potenziell größten Wachstums- und Bewertungstreiber. Er verweist zugleich auf das Ziel, für das weitere Wachstum nach der Vereinbarung mit der Volksbank Rosenheim in diesem Jahr auch bei den White-Label-Partnerschaften voranzukommen.
Anleger zu vorschnell
„An der Börse wird man in den kommenden Jahren darauf achten, ob solche White-Label-Partnerschaften skalieren.“ Dass die im Scale-Segment gelistete Laiqon-Aktie bei einem Kurs von zuletzt 5,76 Euro deutlich unter ihrem Ende 2021 erreichten Allzeithoch von über 16 Euro notiert, führt der Vorstandschef auf außergewöhnlich gute Geschäftsjahre 2020 und 2021 mit Performance-Gebühren von 14 Mill. bzw. 10 Mill. Euro und einem positivem operativem Ergebnis vor Abschreibungen (Ebitda) 2020 zurück. „Aus meiner Sicht“, so Plate, „kam die Börse damals zu einem vorschnellen Urteil, der Aufbau sei abgeschlossen und nach zwei erfolgreichen Jahren werde sich der positive Ergebnistrend fortsetzen.“
Nach den beiden Sonderjahren seien Erfolge „zu schnell hochprojiziert“ worden. Dabei seien noch nicht alle erworbenen Firmen integriert gewesen, und die Entwicklung des eigenen KI-Modells habe noch angedauert. „Hinzu kam eine von uns aufgedeckte stille Reserve aus dem Altgeschäft der Lloyd Fonds AG“, ergänzt Plate, der auf eine KG-Beteiligung verweist, die im Zuge der Container-Hausse während der Corona-Pandemie nach einer Wertsteigerung mit hohem Gewinn verkauft worden sei. 2022 und 2023 habe man nicht an die beiden vorherigen Performance-Jahre anschließen können, infolge der Zinswende sei eine außergewöhnliche Performance ausgeblieben. „Das spiegelt sich im Aktienkurs wider, zumal wir mit vielen Produkten nach wie vor Small-Cap-lastig sind, und die Aufmerksamkeit von Anlegern in den vergangenen beiden Jahren vor allem den glorreichen sieben US-Techwerten gehörte.“
Dividende bis 2026 als Ziel
Plate bezeichnet eine Übernahme von Laiqon als „vermutlich nicht das Schlechteste“ für die Gesellschaft. Wichtig sei aber, „in der nächsten Phase“ mit Börsennotierung und Bankenunhängigkeit weiterhin eine Alternative für Kunden zu bieten. Er werde als Vorstandschef mit Mandat bis Ende 2026 die Weichen für eine Internationalisierung stellen, was am besten mit einer White-Label-Partnerschaft gehe und „idealerweise mit einem Partner, mit dem wir uns vorher schon in Deutschland verbunden haben“. Die Aufbauarbeit werde „als Erfolg zu werten sein, wenn wir während meiner Vorstandsperiode in der Lage sein werden, eine erste Dividende zu zahlen, und wenn die Marktkapitalisierung von Laiqon die Marke von 500 Mill. Euro erreicht.“ Dafür würde die mit rund 100 Mill. Euro bewertete Firma einen Börsenkurs von 25 Euro benötigen.
Der Assetmanager Laiqon sieht seinen Aufbau als abgeschlossen an und will nun vor allem mit der Anwendung von künstlicher Intelligenz in der Vermögensverwaltung sowie mit White-Label-Partnerschaften wachsen. Bis Ende 2026 soll sich der Börsenwert verfünffacht haben, wie Vorstandschef Achim Plate erläutert.