Assetmanagern kommt herausragende gesellschaftliche Aufgabe zu

Innovation, Nachhaltigkeit und Diversity vorantreiben

Assetmanagern kommt herausragende gesellschaftliche Aufgabe zu

Das Assetmanagement in Europa befindet sich an einem Scheideweg. Während Luxemburger Investmentfonds soeben ein Allzeithoch beim verwalteten Vermögen vermeldet haben – 4 502 Mrd. Euro waren es im August -, mehren sich die Stimmen, die auf das Näherrücken der unvermeidlichen Umkehr der gesamtwirtschaftlichen Lage hinweisen. Dazu kommt, dass die politischen Entwicklungen nah und fern derzeit ein uneinheitliches Bild abgeben. Es gilt also, sowohl auf Chancen als auch auf Herausforderungen vorbereitet zu sein.Für Assetmanager kann dies einen Schlüsselmoment bedeuten. Durch die Möglichkeit, strategisch auf Unternehmen auf der ganzen Welt einzuwirken und sie so stärker in Einklang mit den Werten der Zukunftsgesellschaft und den Interessen künftiger Generationen zu bringen, kommt ihnen eine herausragende gesellschaftliche Aufgabe zu. Gekommen, um zu bleibenIn Europa ist Luxemburg seit langem führend als Fondsdomizil. Assetmanager aus 67 Ländern vertrauen auf das Großherzogtum, um von hier aus Anleger auf der ganzen Welt zu erreichen. Und längst steht das kleine Land für Expertise, die über OGAW (Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren) hinausgeht – nicht zuletzt auf dem Gebiet des nachhaltigen Investierens oder Responsible Investing. Es gibt nicht nur gute moralische Argumente für die Auswahl aller Investments nach Kriterien der Nachhaltigkeit, sondern vor allem auch finanzielle. Es mag banal klingen, aber im Umkehrschluss bedeutet das, dass nicht nachhaltige Anlagen eben nicht nachhaltig sind – auf allen Ebenen, einschließlich der Rendite. Um einen Diskutanten einer Alfi-Konferenz vom Frühjahr zu zitieren: “Nothing unsustainable will sustain” (Nichts Unhaltbares wird Bestand haben). Zudem gibt es insbesondere unter jungen Leuten immer mehr, die das, was sie ideell nicht unterstützen, auch finanziell nicht unterstützen wollen – sei es als Konsumenten, Sparer oder Anleger.Auch deshalb legt Luxemburgs Fondsverband Alfi (Association of the Luxembourg Fund Industry) schon seit geraumer Zeit einen klaren Schwerpunkt bei der Berücksichtigung der sogenannten ESG-Kriterien (Environment Social Governance). Im Moment beobachten wir noch eine gewisse Monopolisierung der Debatte durch das E, also das Kriterium der Umweltverträglichkeit, wobei hier wiederum ganz deutlich Klimafaktoren im Vordergrund stehen. Einerseits ist dies sicherlich bedingt durch die öffentliche Debatte, andererseits spielt es eine wichtige Rolle, dass aus der Klima- und Umweltforschung messbare Größen vorliegen, die Investmentmanager zur Risikoprüfung heranziehen können. Solche Messwerte (und Messmethoden) fehlen in den Bereichen S und G bisher weitgehend, so dass die Faktoren Sozialverträglichkeit und Good Governance erst langsam aufholen. Alles andere als zweitrangigAuch bei den sogenannten alternativen Investments haben wir uns einen Namen gemacht. Vor allem regulierte Immobilienfonds mit geografisch und sektoral breit gefächerten Anlagestrategien schätzen Luxemburg als Fondsstandort. Bei Private-Equity-Fonds hat das verwaltete Vermögen im vergangenen Jahr um beachtliche 20 % zugenommen. Private-Debt-Fonds verzeichneten sogar Zuwächse um fast ein Viertel. Die Anzahl der Reserved Alternative Investment Funds (Raifs) steigt ebenfalls weiter – im vergangenen August lag sie bei 756. Kapitalmarktunion fördernDamit ist der alternative Fondssektor im Großherzogtum führend in Europa bei allen alternativen Anlageklassen. Alfi leistet tatkräftige Unterstützung beim Ausbau dieses wichtigen Sektors: Diese Strategien sind es, die ganz erheblich zum Erfolg der Kapitalmarktunion beitragen, dem Aushängeschild der Europäischen Union (EU), wenn es um Katalysatorprojekte für Wachstum und Arbeitsplätze geht. Vielfach sind es nämlich Private-Equity- und Private-Debt-Fonds, die kleinen und mittleren Unternehmen (KMUs), Start-ups und Infrastrukturprojekten die Finanzmittel zur Verfügung stellen, die sie benötigen.Das Interesse an alternativen Anlagestrategien ist besonders in Zeiten von Niedrig- und Negativzinsen ungebrochen, was sich auch am Erfolg der Alfi PE&RE Conference zeigt, die am 26. und 27. November bereits zum dritten Mal stattfindet. Der Dienstag als erster Konferenztag ist Private-Equity- und Private-Debt-Fonds gewidmet. Am zweiten Tag stehen dann Immobilien- und Infrastrukturfonds im Mittelpunkt.Zunehmend beschäftigen digitale Themen und Finanztechnologien unsere Branche. Gemeinsam untersuchen wir, wie sich Prozesse und Produkte für die Zukunft optimieren lassen, denn wir erwarten durch den digitalen Wandel auch im Fondssektor ganz grundlegende Veränderungen, denen die gesamte Wertschöpfungskette unterliegen wird. So eröffnen sich beispielsweise neue Möglichkeiten im Vertrieb, durch die Investmentfonds sich ansprechender gestalten lassen, vor allem für viele Jüngere. Notwendig ist hierfür jedoch ein modernes Regularium, das Innovation fördert und gleichzeitig in der Lage ist, Risiken einzudämmen, die in den Bereichen von Cybersecurity bis Blockchain auftreten können. Investoren wie du und ichDie Bedeutung finanzieller Altersvorsorge kann man kaum überschätzen – nicht nur für individuellen Wohlstand im Alter, sondern auch für gesamte Volkswirtschaften.Rentensysteme dienen als Schutzschild gegen Altersarmut. Eine vielerorts alternde Bevölkerung, steigende Lebenserwartungen und vergleichsweise niedrige Geburtenraten haben dazu geführt, dass die Anzahl der Rentner zunimmt, während die der Personen, die ins Berufsleben einsteigen, stetig sinkt. Dies hat zur Folge, dass im Jahr 2060 auf jeden Rentner wohl lediglich zwei Personen im erwerbsfähigen Alter kommen – vor wenigen Jahren waren es noch vier. Dieser vielzitierte Altenquotient ist für die wachsenden Rentenverpflichtungen verantwortlich, denen sich viele europäische Staaten stellen müssen.Die Versorgungslücke wird für die kommenden 40 Jahre in Europa auf etwa 2 Bill. Euro im Jahr geschätzt. Das bedeutet zwangsläufig, dass die Bedeutung privater Vorsorge zusätzlich zu staatlichen und betrieblichen Rentensystemen immer weiter zunehmen wird. Zu begrüßen ist in diesem Zusammenhang die Pepp-Initiative der EU-Kommission, also die angestoßene Etablierung des paneuropäischen privaten Pensionsprodukts, die der Ausweitung dieser Privatvorsorge Vorschub leisten soll.Für Assetmanager in ganz Europa liegt hierin eine außerordentliche Chance. Wenn es ihnen gelingt, ihrer gesellschaftlichen Rolle gerecht zu werden und der Bevölkerung durch die Vermittlung finanzieller Kompetenz zur Seite zu stehen, können sie vielen privaten Anlegern helfen, langfristige finanzielle Ziele einschließlich der Altersvorsorge mit der Hilfe von Investmentfonds zu erreichen.Dafür ist das Vorhandensein soliden Finanzwissens in der Bevölkerung jedoch unerlässlich. Unser Verband möchte die Arbeit auf dem wichtigen Gebiet der Vermittlung von Finanzkompetenz fortsetzen. Besonderes Augenmerk werden wir außerdem auf die Verbesserung der Chancengleichheit, Diversity und Inklusion in unserer Branche richten, die noch immer viel zu sehr als Männerdomäne wahrgenommen wird. Dass wir vor allem in Führungspositionen von einem Geschlechtergleichgewicht noch weit entfernt sind, ist natürlich kein spezifisch luxemburgisches Problem. Wir haben im Großherzogtum in Sachen Diversity in mancherlei Hinsicht sogar einen Vorteil – die Vielfalt der Nationalitäten und Sprachen unter den Beschäftigten des Fondssektors ist beeindruckend. Auch die Zahl der Quereinsteiger, also derjenigen, deren Ausbildung nicht dem Bereich Finanzen zuzuordnen ist, ist vergleichsweise hoch. Für Anleger da seinWir hoffen, auf diese Elemente aufbauen zu können. Auch darum wird es im Papier “Alfi 2025 Ambition” gehen, mit dem wir uns momentan beschäftigen und das in Kürze den Rahmen abstecken wird für unsere Schwerpunktsetzung in den kommenden Jahren. Unverändert bleibt dabei die Mission, die Alfi seit Verbandsgründung verfolgt: für Anleger da zu sein – kleine wie große – und wirtschaftliche Stabilität zu fördern. Corinne Lamesch, Vorsitzende des Luxemburger Fondsverbands Alfi seit Juni 2019