Auf der Suche nach einer Kapitalmarktunion 2.0

Die EU-Kommission will angesichts des Brexit ihre Bemühungen "verdoppeln" - Projektverzögerungen

Auf der Suche nach einer Kapitalmarktunion 2.0

ahe Brüssel – Die EU-Kommission sieht die Notwendigkeit, noch mehr als bisher in die Umsetzung der Kapitalmarktunion zu investieren. Die Vizepräsidenten Valdis Dombrovskis und Jyrki Katainen sagten auf einer öffentlichen Anhörung in Brüssel, dass die Bemühungen künftig “verdoppelt” werden müssten. Als Gründe nannten sie vor allem den anstehenden Brexit, aber auch Projektverzögerungen und den Bedarf an zusätzlichen Investitionen in Europa. Katainen sprach von der Vorbereitung einer Kapitalmarktunion 2.0. Im Juni will die EU-Kommission eine “Halbzeitbilanz” der Kapitalmarktunion vorlegen.Nach Angaben von Dombrovskis wurden seit dem Programmstart im Herbst 2015 bereits mehr als die Hälfte der 33 angekündigten Maßnahmen umgesetzt, wie etwa eine vereinfachte Prospektrichtlinie, Venture-Capital-Förderungen oder zuletzt den Aktionsplan für die Förderung grenzüberschreitender Finanzdienstleistungen in Europa. Er räumte aber auch ein, dass es auch langwierige Verzögerungen in einigen Gesetzesinitiativen gebe.Dombrovskis verwies in diesem Zusammenhang auf die geplante Wiederbelebung des Verbriefungsmarktes, die zu den Vorzeigeprojekten der Kapitalmarktunion gehören sollte. Er hoffe, dass die derzeit laufenden Trilog-Verhandlungen mit dem EU-Parlament und den EU-Mitgliedstaaten das Projekt noch aus der Sackgasse herausführen könne. Zuletzt konnten Fragen vor allem bezüglich des Risikoselbstbehalts immer noch nicht gelöst werden. In der Bankenbranche waren zuletzt Befürchtungen aufgekommen, der sich abzeichnende Kompromiss werde den Verbriefungsmarkt nicht wie versprochen “einfach, transparent und standardisiert” gestalten, sondern noch weiter ausbremsen.Einige Herausforderungen für die Kapitalmarktunion waren nach den Worten von Dombrovskis beim Start noch gar nicht absehbar gewesen – wie vor allem der Brexit. Die Aussicht, dass Europas größtes Finanzzentrum den Binnenmarkt verlasse, mache die Kapitalmarktunion aber nur noch wichtiger.Nach Einschätzung von Katainen muss die EU über die Kapitalmarktunion nicht-bankenbasierte Finanzierungsmöglichkeiten entwickeln – nicht als Ersatz, sondern als Ergänzung zum Bankenkredit, der bei Investitionen in Europa immer noch die überragende Rolle spielt. Im Zentrum der künftigen Maßnahmen müsse jetzt vor allem die Förderung von Risikokapitalmärkten stehen, die mit ihrer schlechten Performance eine seit Jahren mit zur schwachen Unternehmensfinanzierung beitrage. Nach Einschätzung von Katainen ist die Kapitalmarktunion damit ein zentraler Faktor bei der künftigen Förderung von Investitionen.Der Deutsche Sparkassen- und Giroverband (DSGV) forderte unterdessen, die laufende Halbzeitüberprüfung der Kapitalmarktunion auch zu einer “Entschlackung” der Wertpapierregulierung zu nutzen. Diese sei zu einem hochkomplexen Regelungsbereich herangewachsen, erklärte Henning Bergmann, Leiter der DSGV-Gruppe Kapitalmarktrecht. Am Ende der Neuausrichtung solle ein Rahmen stehen, bei dem es Anlegern einfach gemacht werde, sich Rat zur für sie passende Wertpapieranlage zu holen und ihr Geld gut informiert zu investieren.