Auf Du und Du mit dem Vorstand der BayernLB
Von Joachim Herr, München
New Work ist das große Schlagwort, wenn es um Entfaltung und Freiraum der Mitarbeiter im Beruf geht. Der Begriff könne viel bedeuten, sagt Benedikt Haas: „Wir verstehen darunter Bricks, Bytes and Behaviour.“ Mit dem ersten Punkt spricht der Personalleiter der Bayerischen Landesbank () Gebäude, Räume und die Gestaltung des Arbeitsplatzes an. „Wir haben Flächen für konzentriertes Arbeiten, für Besprechungen und für den spontanen Austausch der Mitarbeiter.“
Seit der Corona-Pandemie ist Homeoffice im deutschen Arbeitsalltag weit verbreitet. Auch in der BayernLB hat das einiges verändert. Schon 2018 hatte die Bank Regeln für das sogenannte ortsungebundene Arbeiten formuliert. Nach dem Ausbruch der Pandemie vor knapp drei Jahren war die BayernLB deshalb darin geübt.
Eine neue Vereinbarung mit dem Personalrat ermöglicht das Arbeiten generell außerhalb der Bank, wenn es mit betrieblichen Interessen vereinbar ist. Haas nennt einige Beispiele: Eine Handelstätigkeit könne nur im Büro ausgeübt werden. Eine Bonitätsanalyse von Kunden lasse sich dagegen auch zu Hause erstellen. Dort sei die Konzentration für das Entwerfen eines komplexen Vertragswerks vielleicht sogar besser zu finden als im Büro.
Eine Präsenzquote gebe es nicht, betont Haas: „Wir setzen auf mündige Mitarbeitende, die eigenverantwortlich und mit ihrem Vorgesetzten sowie ihrem Team entscheiden.“ Vertrauen statt Kontrolle, lautet die Devise, aber freilich bleibe die Arbeit ergebnisorientiert. Im Fall von 90% der Beschäftigten funktioniere das.
Die anderen sind für die Führungskräfte eine besondere Herausforderung: „Ihre Aufgabe ist zu überzeugen und zu motivieren, damit die Mitarbeitenden mit Freude und aus Überzeugung ins Büro kommen.“ Trainingsmodule unterstützen Führungskräfte dabei. „Ein Thema ist auch Achtsamkeit, um Belastungen zu erkennen und Signale der Beschäftigten zu verstehen.“
Feste Arbeitsplätze gibt es in der Münchner Kernbank der BayernLB nicht mehr. Ausnahme: der Vorstand. Nach dem für die kommenden Jahre in ein anderes Quartier geplanten Umzug, der aufgeschoben wurde, soll sich auch das ändern. Das aktuelle Zahlenverhältnis: Für zehn Mitarbeiter gibt es sieben Arbeitsplätze. Mit einem Raumbuchungssystem wird reserviert. Voraussetzung für das flexible Belegen von Schreibtischen ist, dass die meisten Dokumente und andere Unterlagen digital sind. „Im vergangenen halben Jahr haben wir eine zweistellige Zahl an Tonnen Papier entsorgt“, berichtet Haas.
Er beteuert, Streit um Arbeitsplätze gebe es nicht. In der Mitte der Woche sei etwa die Hälfte belegt, am Freitag manchmal nur 10 bis 15%, im Durchschnitt etwa ein Drittel. „Wir streben aber an, dass wieder mehr Leben in die Büros kommt.“ Haas begründet dies mit mehr und einem intensiveren Austausch – nicht nur am Computerbildschirm.
„Spontaner Austausch fördert die Kreativität“, sagt er. „Das erreicht man nicht so in Besprechungen – ob virtuell oder in Präsenz.“ Als Beispiel nennt er das Unternehmenskundengeschäft, an dem zum Beispiel Kundenbetreuer, Risikomanager und Research-Mitarbeiter beteiligt seien. „Da braucht es für die Dealteams Formen des persönlichen Austauschs.“ Zu Beginn der Corona-Pandemie habe das gefehlt. Das sei vor allem für neue Teams eine Herausforderung gewesen, die sich im Zuge der Neuordnung der Bank bildeten.
Mit dem Wechsel an der Vorstandsspitze von Johannes-Jörg Riegler zu Stephan Winkelmeier im Juli 2019 gab es auch eine Veränderung im Umgang mit den Kollegen auf allen Ebenen bis in den Vorstand. In der BayernLB darf jeder jeden duzen. „Das ist ein Beitrag, um die Hierarchien lockerer zu überschreiten“, sagt Haas. Es gehe weniger um Dienstwege, sondern vor allem darum, die Gesprächspartner im eigenen Haus zu haben, die für einzelne Themen die Fachkompetenz hätten.
Haas erwähnt zudem den veränderten Kleidungsstil („Come as you are“) und die Abschaffung des Vorstandskasinos. „Die Vorstände gehen regelmäßig mit Nachwuchskräften in die Kantine zum Mittagessen oder zum Kaffeetrinken.“ Das komme gut an, meint er: „Genau das wollen die jungen Leute – den Austausch, nicht nur die ganze Zeit in einer WG oder einem Einzimmer-Apartment am Bildschirm arbeiten.“ Zwei Wochen im Jahr dürfen die Beschäftigten fernab von Arbeits- und Wohnort ihre Arbeit machen: „Workation“ verbindet Beruf und Urlaub.
Der Wechsel an der Vorstandsspitze vor dreieinhalb Jahren und die überarbeitete Strategie haben Folgen für die Zahl der Arbeitsplätze: 900 Mitarbeiterkapazitäten fallen seit 2020 in der Kernbank weg. Das entspricht gut einem Viertel der Ausgangslage (siehe Grafik). Dass die Zahl im Konzern steigt, liegt am Wachstum in der Direktbank DKB. Schreckt der Abbau Bewerber ab? Haas verneint diese Vermutung. „Externe Bewerber sagen, sie sind von unserem Geschäftsmodell überzeugt.“ Zudem gilt das Prinzip der doppelten Freiwilligkeit für die Mitarbeiter, die die Bank verlassen.
Die üppigen Abfindungen erwähnt Haas nicht. Vorstandschef Winkelmeier hatte vor gut zwei Jahren im Interview der Börsen-Zeitung zwar gesagt, „überbordend goldene Handschläge“ gebe es nicht. Er hatte aber hinzugefügt, Bankgehälter seien häufig zu hoch im Vergleich mit der Entlohnung in Industriebetrieben.
Im Wettbewerb um Talente, auch um sogenannte Young Professionals, wolle die BayernLB nicht mit extra hohen Gehältern auftrumpfen, betont Haas. „Da können wir preislich nicht immer mithalten.“ Jüngere seien zudem oft noch in ihren „Lehr- und Wanderjahren“. „Die Zeiten sind vorbei, in denen galt: einmal BayernLB, immer BayernLB oder einmal Siemens, immer Siemens.“
Für den Personalabbau nutzte die BayernLB auch die natürliche Fluktuation. Neueinstellungen wurden auf Nachwuchskräfte konzentriert – als Investition in die Zukunft, wie Haas hinzufügt. Das werde sich in diesem Jahr ändern: „Dann werden wir auch wieder selektiv Mitarbeitende mit Spezialwissen einstellen.“
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