Aufseher bauen Abwicklungshindernis ab

18 Großbanken wollen neues ISDA-Derivateprotokoll unterzeichnen - Dombret: Damit gewinnen wir wertvolle Zeit

Aufseher bauen Abwicklungshindernis ab

Die globalen Aufseher kommen voran im Bemühen um eine Lösung des Too-big-to-fail-Problems im Bankensektor: 18 Großbanken vereinbaren neue Derivateregeln, die Abwicklungen von Banken erleichtern. Eine Einigung zeichnet sich auch ab, was Vorgaben für die Verlustabsorptionsfähigkeit großer Institute angeht.bn/ms Frankfurt/Washington – Die im globalen Finanzstabilitätsrat FSB vereinten Aufseher verbuchen einen wichtigen Erfolg bei der Lösung des Too-big-to-fail-Problems. 18 globale Großbanken (siehe Tabelle) haben sich mit neuen Bestimmungen für Derivategeschäfte einverstanden erklärt, welche die Rechte der Gegenparteien von Banken beschneiden, um nötigenfalls deren Abwicklung zu ermöglichen. Wie die Derivatevereinigung International Swaps and Derivatives Association (ISDA) am Montag mitteilte, schränkt das neue, in Kooperation mit dem FSB entwickelte ISDA-Protokoll im Falle von Standard-Derivatekontrakten zwischen den 18 Finanzinstituten das Recht zum Cross Default sowie zur vorzeitigen Aussetzung eines Finanzkontraktes befristet ein, wenn einer der beiden Vertragspartner in seinem Heimatland Gegenstand von Abwicklungsmaßnahmen ist. Cross-Default-Klauseln ermöglichen es Gläubigern, eine Forderung sofort und fristlos fälligzustellen, wenn die Gegenpartei ihren Verpflichtungen aus anderen Verträgen nicht fristgerecht und im vollen Umfang nachkommt.”Bei den Derivatekontrakten besteht der entscheidende Vorteil der jetzt erzielten Einigung darin, dass sie im Pleitefall nicht mehr sofort fälliggestellt werden”, sagte Andreas Dombret, Vorstandsmitglied der Deutschen Bundesbank, der Börsen-Zeitung am Rande der IWF-Tagung in Washington: “Damit gewinnen wir wertvolle Zeit und verhindern mögliche Dominoeffekte.” Er werte es als großen Fortschritt, dass die größten Banken und die ISDA eine nun einvernehmliche und praktikable Lösung gefunden hätten.Laut ISDA sehen zahlreiche nationale Abwicklungsregeln zwar bereits jetzt eine befristete Beschränkung von Aussetzungsrechten vor, wenn Abwicklungsmaßnahmen eingeleitet sind – diese gelten aber nur für Gegenparteien im Heimatland, die nach heimischem Recht handeln. Grenzüberschreitende Transaktionen dagegen würden davon nicht erfasst. Das neue Protokoll versetze Banken nun in die Lage, sich durch eine Änderung in ihren Derivateverträgen für bestimmte Abwicklungsregelungen außerhalb des Heimatlandes zu entscheiden. Der FSB sprach am Montag von einem “wichtigen Schritt, um die Effizienz grenzüberschreitender Abwicklungsmaßnahmen zu verbessern”. Schon im vergangenen Jahr hatten Aufsichtsbehörden aus Deutschland, England, der Schweiz und den USA bei der ISDA neue Musterverträge für Derivategeschäfte eingefordert, um Bankenabwicklungen zu erleichtern.Unterdessen stehen die G-20-Staaten offenbar kurz vor einer Einigung, was weltweite Regeln zur Verlustabsorptionsfähigkeit (Total Loss Absorbency Capacity, TLAC) global systemrelevanter Banken angeht. Die neuen Vorgaben waren auch am Rande der IWF-Tagung Thema, und die Experten aus Finanzministerien und Notenbanken machten dabei dem Vernehmen nach Fortschritte, so dass die konzeptionelle Arbeit bis zum G-20-Gipfel im November im australischen Brisbane abgeschlossen sein könnte. Der Chef des FSB, der britische Notenbankchef Mark Carney, sagte auf einer Konferenz, Brisbane könne zu einem “Wendepunkt” werden, um die Too-big-to-fail-Problematik zu lösen.Konkret ist für den von großen Banken künftig geforderten Kapitalpuffer zur Risikoabsicherung zunächst eine Spanne von 16 bis 20 % im Verhältnis zu den risikogewichteten Aktiva vorgesehen. Sobald die Einigung der Experten steht und die G-20-Regierungschefs sie abgesegnet haben, soll es eine Auswirkungsstudie und eine Konsultation geben. Am Ende soll dann ein einzelner konkreter Wert als Mindestanforderung stehen, über den Länder hinausgehen können.”Mit den Vorgaben zum verlustabsorbierenden Kapital müssen die großen systemisch relevanten Banken künftig für den Notfall signifikant mehr Mittel vorhalten”, sagte Bundesbank-Vorstandsmitglied Dombret: “Das erleichtert es uns sehr, solche Großbanken abzuwickeln, ohne eine Systemkrise auszulösen. Dadurch gewinnen auch die Sanierungs- und Abwicklungspläne für diese Institute an Glaubwürdigkeit.”Würden die neuen Derivateregeln und die Anforderungen für verlustabsorbierende Mittel umgesetzt wie angekündigt, sei man künftig bei einer Schieflage einer Großbank viel besser gewappnet: “Wir können sie dann sanieren oder abwickeln, ohne dass größere Verwerfungen an den Märkten zu befürchten sind. Zudem wird das Risiko erheblich reduziert, dass der Staat und damit der Steuerzahler einspringen muss.”