DIE BAFIN ZIEHT BILANZ

Aufsicht hält Banken für relativ krisenresistent

Aber deutlich steigender Wertberichtigungsbedarf erwartet - Hufeld findet Ausschüttung von HVB an Unicredit in Ordnung

Aufsicht hält Banken für relativ krisenresistent

Weil manche Fragesteller eine Pressekonferenz mit einem Interview verwechseln, fürchtete BaFin-Präsident Hufeld schon, die erste telefonische Jahrespressekonferenz der Aufsicht werde vier statt üblicher zwei Stunden dauern. Doch dann war nach 100 Minuten alles zu Corona und den Folgen und zu Wirecard gesagt.ski Frankfurt – Die Corona-Pandemie wird aus Sicht der Finanzaufsicht nach heutigem Stand nicht zu einer Krise des Finanzsystems führen. Das System sei im Vergleich zu 2007, als die Finanzkrise nach Deutschland kam, stabiler geworden, der hiesige Bankensektor sei ungeachtet seiner seit Jahren schwachen Ertragslage “relativ widerstandsfähig” und funktioniere, sagte der Präsident der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), Felix Hufeld, in der Jahrespressekonferenz auch unter Hinweis auf die umfangreichen staatlichen Hilfsprogramme für die Realwirtschaft. Er würde – unabhängig von der Coronakrise – seine Hand zwar nicht für jede einzelne Bank ins Feuer legen, so Hufeld. Aber der Sektor habe das Zeug, die Krise zu überstehen – mit einigen Blessuren. Botschaft angekommenNach den Worten des für Bankenaufsicht zuständigen Exekutivdirektors Raimund Röseler ist die Coronakrise in den Bankbilanzen bisher noch nicht richtig schlagend geworden. In den nächsten Quartalen werde sich aber ein “deutlich steigender Wertberichtigungsbedarf” zeigen. Man sei hier nicht am Ende, sondern am Beginn der Fahnenstange, und drohende Ausfälle von Kreditnehmern bereiteten der Aufsicht natürlich Sorgen, so Hufeld. Die Botschaft der BaFin, dass die Banken in dieser Situation ihre Kapitalbasis nicht durch Ausschüttungen schwächen sollten, sei offenbar weitgehend angekommen. Selbstverständlich erwarte man, dass die Banken auch im Oktober – bis dahin läuft das faktische Ausschüttungsverbot von EZB und BaFin zunächst – anhand der dann besseren Fakten- und Datenbasis sorgfältig prüften, ob sie sich eine Dividendenzahlung leisten könnten.In der von der Aufsicht nicht beanstandeten, überwiegend aus der Substanz entnommenen Ausschüttung der HypoVereinsbank (HVB) an ihre italienische Mutter Unicredit in Höhe von 3,3 Mrd. Euro für 2019 sieht Hufeld keinen Verstoß gegen diese Vorgabe. Hier gehe es um eine Kapitalverlagerung (“Upstreaming”) zwischen Tochter und Mutter innerhalb der EU, die mit einer regulären Gewinnausschüttung nichts zu tun habe. Die BaFin habe den Vorgang lange und intensiv geprüft. Die Kapitalausstattung der HVB sei auch nach der Transaktion “ausgesprochen komfortabel” – die Münchener wiesen per Ende 2019 eine harte Kernkapitalquote von 17,5 % aus. In Kommentaren zu diesem Thema will Hufeld europafeindliche Tendenzen wahrgenommen haben – interessanterweise war eine solche Haltung früher schon mal der BaFin unterstellt worden, als sie den Kapitalfluss in Richtung Italien gebremst hatte.Röseler zeigte derweil Verständnis für die Volksbank Mittelhessen, deren Vertreterversammlung jüngst für 2019 eine – schon am 3. April per Abschlag gezahlte – Dividende von 5,5 % beschlossen hatte. Die Bank habe damals weder die “Empfehlung” der Aufsicht noch die entsprechende Position ihres Verbandes BVR gekannt. Zeitungslesern kann freilich nicht verborgen geblieben sein, dass die BaFin am 30. März die “Erwartung” bekräftigt hatte, dass auch die von ihr direkt beaufsichtigten weniger bedeutenden Institute bis mindestens Oktober 2020 keine Dividenden zahlen. Blaues Auge für FondsbrancheAuch die Fondsbranche scheint in der Coronakrise Hufeld zufolge ungeachtet teils hoher Mittelabflüsse “bislang mit einem blauen Auge davongekommen zu sein”. Anleger hätten ihre Anteile in aller Regel problemlos veräußern können. Doch könnte es zu erneuten Liquiditätsabflüssen kommen. Den offenen Investmentvermögen komme immerhin eine Novelle zu Hilfe, die der Gesetzgeber in Vor-Corona-Zeiten auf den Weg gebracht habe. Sie sollten ihre Liquidität mit einer Reihe von Instrumenten (wie zum Beispiel Rückgabefristen) besser steuern können. Es gehe darum zu vermeiden, dass Fonds geschlossen werden müssen. Hufeld: “Als Aufsicht erwarten wir daher, dass die Kapitalverwaltungsgesellschaften zügig prüfen, ob und welche neuen Tools sie nutzen werden” (vgl. BZ vom 17. April).Für die Lebensversicherer sieht der BaFin-Präsident momentan trotz Dauerzinstief und Marktverwerfungen, die den Unternehmen in der Kapitalanlage zusetzten, ebenfalls keine existenzbedrohende Situation. Zwar würden die Solvenzquoten wohl sinken, wie eine Abfrage der Aufsicht bei ausgewählten Häusern ergeben habe. Aber bei keinem dieser Unternehmen komme es zu einer Unterdeckung. Hufeld führt dies auch auf die Flexibilität des Regelwerks Solvency II zurück, dessen Übergangsvorschriften Beaufsichtigten wie Aufsehern zurzeit entgegenkämen.