DIE JAHRESPRESSEKONFERENZ DER BAFIN

Aufsicht will Lebensversicherer entlasten

Zinszusatzreserve soll "weniger kraftraubend" aufgebaut werden - Branche erfüllt Kapitalanforderungen

Aufsicht will Lebensversicherer entlasten

ak Düsseldorf – Die deutschen Lebensversicherer erhalten bei ihrer Forderung, die milliardenschweren Lasten durch die Zinszusatzreserve (ZZR) zu mildern, wichtige Unterstützung: Die obersten Versicherungsaufseher haben sich am Dienstag für eine Modifizierung ausgesprochen. Die rund 64 Mrd. Euro Zinspuffer, die die Unternehmen bis Ende des Jahres mit der seit 2011 obligatorischen Reserve angesammelt hätten, seien “ein wahrer Kraftakt”, sagte BaFin-Präsident Felix Hufeld. “Den Aufbau der Zinszusatzreserve sollte man daher fortan etwas weniger kraftraubend gestalten.”BaFin-Exekutivdirektor Frank Grund blies in dasselbe Horn: Von 2018 an würden im Zinstief für vier bis fünf Jahre jeweils weitere 20 bis 25 Mrd. Euro pro Jahr hinzukommen, wenn sich nichts ändere. “Das hielten wir für zu viel.”Die Branche fordert eine Änderung der Berechnungsformel schon länger. Denn die Lebensversicherer müssen in großem Umfang stille Reserven realisieren, also ältere Wertpapiere mit hohen Zinskupons verkaufen, um die ZZR zu stemmen. Die BaFin hatte den Unternehmen bereits 2015 etwas Erleichterung verschafft, indem sie erlaubte, Kapitalwahlrechts- und Stornowahrscheinlichkeiten zu berücksichtigen, was die Dotierung der ZZR senkte. Bei der Änderung der Berechnungsformel redet jedoch die Politik in Berlin mit.Hufeld hatte für die vom Tiefzins gebeutelten Lebensversicherer und deren Kunden auch zu verkünden, dass es derzeit keine akuten Krisenfälle in der Branche gebe: “Wir gehen davon aus, dass am 22. Mai alle Unternehmen ausreichende Solvency-II-Solvenzquoten präsentieren.” Am übernächsten Montag spätestens müssen die deutschen Versicherer erstmals individuell ihre Werte veröffentlichen. 29 Versicherer mit ExtraplanIm Jahresbericht der BaFin ist allerdings auch zu lesen, dass 29 Lebensversicherer 2016 einen Maßnahmenplan vorlegen mussten, da sie ohne Übergangsmaßnahmen kein ausreichendes Solvabilitätskapital vorweisen konnten. In dem Plan müssen die Gesellschaften darlegen, wie sie bis Ende 2031 – dann endet die für den Start von Solvency II gewährte 16-jährige Übergangsfrist – finanziell ausreichend ausgestattet sein wollen.Grund warnte in Frankfurt aber davor, die individuellen Solvenzquoten zu forsch zu interpretieren. “Auch wenn sich die Kennzahlen grundsätzlich vergleichen lassen, zur Aufstellung einer Rangliste taugen sie nicht.” Für sich genommen seien sie nämlich nur bedingt aussagekräftig. So könne ein Versicherer mit einer Solvenzquote von 120 % ein stabileres Portfolio haben als einer mit 140 %, dessen Wert aber viel empfindlicher auf Marktwertveränderungen reagiere.Im Jahresbericht der BaFin sind bereits die aggregierten Solvenzkapitalanforderungen der Branche aufgeführt. Danach beliefen sich die benötigten Eigenmittel der deutschen Lebensversicherer Ende 2016 auf 35,9 Mrd. Euro. Tatsächlich brachten die Unternehmen aber 111 Mrd. Euro in ihren Bilanzen zusammen. “Für Übernehmer teuer”Beim Thema Run-off bleibt die Finanzaufsicht BaFin gelassen. Die Übertragung von Lebensversicherungsbeständen ohne Neugeschäft auf externe Abwicklungsplattformen sieht Grund noch in der Nische. “Von einem großen Trend ist noch nicht viel zu sehen. Die gesetzlichen Hürden sind so hoch, dass sich eine Übertragung für den Käufer selten lohnt.” Die BaFin werde die Belange der Versicherten wahren, “und das kann für die Übernehmer teuer werden”, betonte Grund.Damit versetzt die BaFin hochfliegenden Markterwartungen der vergangenen Wochen einen Dämpfer. Erst im April hatte die Bermuda-Gesellschaft Athene ihre Deutschland-Tochter mit 2,2 Mrd. Euro Kapital gestärkt, um in großem Stil ins Run-off-Geschäft in der Lebensversicherung einzusteigen. Die Ratingagentur Fitch hatte kürzlich in einer Studie prognostiziert, dass das Abwicklungsvolumen in den kommenden fünf Jahren stark ansteigen werde und überproportional viel an externe Plattformen abgegeben werde. Zwei Deals in PrüfungDie BaFin hatte Anfang des Jahres die Übernahme eines Bestandes der Basler Leben durch die Run-off-Plattform Frankfurter Leben genehmigt und damit erstmals die Übertragung eines Portfolios mit klassischen Garantiepolicen erlaubt. Mit der Arag Leben und dem bisher bei der Auffanggesellschaft Protektor untergebrachten Bestand der vor 15 Jahren gestrauchelten Mannheimer Leben sind derzeit zwei weitere Übertragungen bei der BaFin in der Prüfung.