Ausmisten sorgt für Aufatmen

Italiens Bankensektor kommt mit Abbau fauler Kredite voran - Ergebnisse über den Erwartungen

Ausmisten sorgt für Aufatmen

Nach den vielen, auch staatlichen Aktionen bei Italiens Banken hat sich die Situation beruhigt. Auch das Volumen ausfallgefährdeter Kredite in den Bankbilanzen wird kleiner.Von Thesy Kness-Bastaroli, MailandNach der Verstaatlichung von Monte dei Paschi di Siena und der Rettung der beiden Volksbanken aus Venetien, nach dem Abtreten der vier mittelitalienischen Krisenbanken an Ubi Banca und dem bevorstehenden Verkauf von drei Sparkassen an Crédit Agricole, atmet Italiens Kreditsystem hörbar auf. Die Gefahr einer Systemkrise ist vorerst überwunden, der Berg ausfallgefährdeter Kredite (NPL) wird kleiner. Talsohle durchschrittenNicht dass die langjährige Krise im Bankensektor überstanden wäre. Doch die Talsohle sei durchschritten, bestätigte Finanzminister Pier Carlo Padoan. Inzwischen bauen die Banken auch ihr Portefeuille an Staatsanleihen ab. Allein im Juni gaben die Kreditinstitute Staatspapiere im Wert von 20 Mrd. Euro ab. Seit 20 Jahren hat es keinen derartigen monatlichen Beteiligungsabbau gegeben. Die Banken haben innerhalb von zwei Monaten ihr Portfolio an Staatstiteln um 7 % auf 365,8 Mrd. Euro verringert. Grund dafür sind Stimmen, dass die lockere Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) ihrem Ende zu gehe.Auch kommen Italiens Banken mit ihrem größten Problem, dem Abbau von Non-Performing Loans (NPL) voran. Laut dem jüngsten Bericht der Banca d’Italia haben sich die NPL von netto 81 Mrd. Euro am Jahresende 2016 auf 75 Mrd. zur Jahresmitte 2017 verringert. In den nächsten Monaten sollen 26 Mrd. Euro an NPL von Monte dei Paschi di Siena (MPS) abgegeben werden. Rev (die Bad Bank der vier mittelitalienischen Banken Etruria, Marche, Cariferrara und Carichieti), Hypo Alpe Adria, Banco BPM, Intesa Sanpaolo und Carige sind dabei, ausfallgefährdete Kredite von insgesamt 10 Mrd. Euro zu verkaufen. “Der Zeitpunkt ist günstig, der wachsende Wettbewerb treibt die Preise in die Höhe”, erklärt der Generaldirektor von CBRE Italia, Alexandre Astier. Preise für NPL steigenDie auf den NPL-Handel spezialisierte Online-Bank Banca Ifis aus Venedig konnte im ersten Halbjahr 2017 ihren Nettogewinn auf 103 Mill. Euro mehr als verdoppeln. Die Preise bei den staatlich unterstützten Ausgliederungen von NPL, etwa jene von MPS (21 %) oder gar jene der von Unicredit in Eiltempo abgegebenen NPL (13 %) sind wesentlich niedriger als der Marktpreis, der sich laut Astier für besicherte Kredite zwischen 30 und 40 % bewegt.Abgesehen von den Krisenbanken MPS und Carige haben sämtliche börsennotierten Banken in Italien im ersten Halbjahr 2017 – trotz anhaltendem Rückgang der Zinserträge – ihren Gewinn deutlich verbessert und ihre Dividenden zum Teil erhöht. Von der Investmentbank Mediobanca bis zur einstigen Krisenbank Unicredit, vom Aushängeschild des italienischen Kreditwesens Intesa Sanpaolo bis zu Ubi Banca und Banco BPM – ihre Halbjahresergebnisse lagen über den Analystenerwartungen. Die Beratungsfirma Equita rät infolge sinkender Risikokosten und einer verbesserten Asset Quality entsprechend zum Kauf italienischer Bankaktien.Auch die von der Regierung des Ex-Premiers Matteo Renzi durchgeführte Reform von Volksbanken und genossenschaftlich organisierten Banken (BCC) beginnt Früchte zu tragen. Nur mehr zwei von etwa 70 Volksbanken wurden bislang nicht in Aktiengesellschaften umgewandelt.Der Konsolidierungsprozess bei Volksbanken startete zu Jahresbeginn mit der Fusion von Banco Popolare und Banca Popolare di Milano zu Banco BPM und wurde dann durch die Übernahme der drei mittelitalienischen Banken (Banca Etruria, Banca Marche und Carichieti) durch Ubi Banca fortgesetzt. Intesa Sanpaolo hatte zur Jahresmitte die beiden Volksbanken aus Venetien übernommen. Im genossenschaftlich organisierten Bankwesen sollen künftig drei Dachorganisationen die insgesamt 314 BCC kontrollieren. Die vom Präsident des Bankenverbandes ABI, Antonio Patuelli, genannte Zahl von künftig nur mehr 140 Bankgruppen ist keine Utopie mehr.Zweifellos kommt das Ausmisten im italienischen Bankensektor teuer zu stehen. Die MPS-Rettung kostet den Staat rund 6 Mrd. Euro, die Rettung der beiden Volksbanken aus Venetien kommt den Steuerzahler bis zu 17 Mrd. Euro teuer zu stehen. Die Frage, ob es nicht einfacher und billiger gewesen wäre, diese Banken pleitegehen zu lassen, ist berechtigt. Doch Italien steht spätestens im Frühjahr 2018 vor Wahlen. Kampf ums ÜberlebenAuch ist nicht gesagt, dass nicht noch weitere Banken gerettet werden müssen. Mehrere kleine Sparkassen kämpfen ums Überleben. Crédit Agricole will über ihre italienische Tochter Cariparma in Kürze ein unverbindliches Angebot für drei Sparkassen aus Mittelitalien präsentieren. Im Vorfeld fordern die Franzosen, dass weitere NPL dieser Institute ausgegliedert werden müssen. Es handelt sich dabei um die Sparkassen von Cesena, Rimini und San Miniato. Angeblich soll sich der Preis dafür auf 130 Mill. Euro belaufen.Vorerst sind keine großen Zukäufe im Kreditwesen vorgesehen. Sowohl Unicredit-Chef Jean-Pierre Mustier als auch Banca-Intesa-Chef Carlo Messina haben diese ausgeschlossen. Andere größere Banken, wie Ubi Banca oder Banco BPM, müssen vorerst ihre Übernahmen bzw. Fusionen verdauen. Auge auf PrivatbankDoch Ausnahmen bestimmen die Regel. Die mit fast 50 Mrd. Euro am höchsten kapitalisierte Bank Italiens, Intesa Sanpaolo, hat ein Auge auf die kleine Schweizer Privatbank Banque Morval geworfen. Wenn es sich ums Wealth Management handelt, dann sind kleinere Übernahmen weiterhin möglich, heißt es bei der Bank.