Austrias Bankenbonds geraten in Turbulenzen

Schnellere Umsetzung von Bail-in-Regeln setzt nachrangige Notierungen unter Druck - Notenbank: 5 Mrd. Euro Tier-2-Bedarf

Austrias Bankenbonds geraten in Turbulenzen

Nach deutschem Vorbild will auch Österreich das Bail-in-Regime (BRRD) vorzeitig einführen. Das bekommt dem sowieso schon unter Druck stehenden Nachrangkapital der Banken gar nicht gut.Von Björn Godenrath, FrankfurtWelch durchschlagende Wirkung gesetzliche Maßnahmen zur Verlustbeteiligung von Bankengläubigern entfalten können, das kann dieser Tage bei den Nachrangtiteln und Aktien österreichischer Institute bestaunt werden. Nachdem der Wiener Nationalrat vergangene Woche die vorgezogene Umsetzung der EU-Richtlinie zur Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten (BRRD) für den Januar beschloss, gingen die Notierungen von Ergänzungs- und Nachrangkapital von RBI (Raiffeisen Bank International) und Erste Group auf Tauchstation. Die RBI-Aktie rutschte unter die Marke von 14 Euro und markierte dabei ein Dreijahrestief. Großwetterlage belastetAnleiheinvestoren schauten bei österreichischen Emittenten aufgrund der frühzeitigen Umsetzung des Bail-in-Regimes derzeit ganz besonders genau hin, heißt es. Wer auf der sicheren Seite sein will, der trennt sich von Beständen. Der Kurs eines 132 Mill. Euro schweren Tier-1-Papiers von Erste Bank (Kupon: 5,294 % mit unbegrenzter Laufzeit) verlor in einer Woche 13,6 Cent je Euro Nominalwert auf 82 Cent. Bei diesem Einbruch der Notiz spielte neben der Großwetterlage zum schnelleren Bail-in hinein, dass Erste Group Anleger mit der Meldung verschreckte, wegen des erwarteten Verlusts für das laufende Geschäftsjahr würden keine Zinsen und Ausschüttungen auf ausstehende Ergänzungskapitalinstrumente sowie auf Hybridkapitaltitel vorgenommen. Dass die Aktionäre für 2014 keine Dividende erhalten, ist angesichts eines erwarteten Verlusts von bis zu 1,6 Mrd. Euro schon länger klar. Dass auch im für die Bedienung nachrangiger Papiere maßgeblichen Einzelabschluss kein ausschüttungsfähiger Überschuss stehen wird, das hätten sich die Investoren bereits an zwei Fingern abzählen können. Von daher wirken Aussagen von Investoren, die Nichtbedienung der Hybrid-Kupons habe “den Markt ein wenig erschüttert”, doch ein wenig überzogen.Erste-Group-Chef Andreas Treichl hat sich jedenfalls entschlossen, die bittere Medizin mit einem möglichst großen Schluck hinunterzuwürgen, und nimmt im Rahmen der Altlastenbeseitigung umfangreiche Wertkorrekturen auf Osteuropa-Portfolien vor. Neben Rumänien und Ungarn macht die Ukraine-Krise mit ihren Kollateralschäden für die Balkan-Wirtschaftsräume den dort stark vertretenen Instituten aus Austria zu schaffen, was sich in steigender Risikovorsorge niederschlägt.Davon betroffen ist auch die RBI, die sich auf einen Jahresverlust von bis zu 500 Mill. Euro einstellt – der erste Fehlbetrag in der Geschichte des zur RZB (Raiffeisen Zentralbank Österreich) gehörenden Instituts. Im November wurde zum dritten Mal in diesem Jahr die Prognose für die Risikovorsorge auf nunmehr 1,8 Mrd. Euro nach oben geschraubt. Auch wenn dieses Mal asiatische Kredite der Auslöser waren, so leidet die RBI doch vor allem unter den Unsicherheiten rund um die Töchter in Ungarn und der Ukraine sowie dem starken Exposure in Russland. Dabei ist das Russland-Geschäft eigentlich eine Stütze des Konzerns, das Probleme in anderen osteuropäischen Ländern bislang gut kompensieren konnte. Erschwerend kommt hinzu, dass die RBI angeblich im Visier der US-Behörden steht, weil Sanktionsvorschriften gegen Russland verletzt worden sein sollen. Der Verdacht: Die Moskauer Tochter ZAO Raiffeisen habe eine Bondemission der russischen VEB begleitet, und dabei sei Wien involviert gewesen. Die RBI versichert, es habe sich um eine rein lokale Transaktion gehandelt.Auch wenn sich solche Vorwürfe wahrscheinlich in Luft auflösen werden, es trägt doch dazu bei, Notierungen unter Druck zu setzen. So gaben Tier-1-Papiere im Volumen von 307 Mill. Euro (Kupon: 5,69 % ohne Laufzeitende) von RBI binnen einer Woche um 8,1 Cent je Euro auf 78,9 Cent nach – und dabei bekräftigte die Bank noch, ihre hybriden Kapitalinstrumente zu bedienen.Das zeigt: RBI und Erste Group werden von den Anlegern in Sippenhaft genommen. Das ist eine gefährliche Angelegenheit, geht es in den kommenden Jahren doch darum, weitere Kapitalpuffer insbesondere mit Ergänzungs- und Nachrangemissionen aufzustocken, um die für national systemrelevante Institute wahrscheinlichen TLAC-Anforderungen zu erfüllen. Denn wie bei Vorstellung des Finanzmarktstabilitätsberichts durch die Österreichische Nationalbank (OeNB) am Montag bekannt wurde, geht die Aufsicht davon aus, dass die Institute ihre Kapitalpuffer um mindestens 5 Mrd. Euro aufstocken müssen. Dabei handle es sich aber “fast ausschließlich um Tier-2-Kapital”, wird Notenbank-Vize Andreas Ittner zitiert – also genau jene Nachrang-Titel, deren Notierungen dieser Tage in die Knie gingen. Risiken höher gewichtetDabei sind Österreichs Banken darauf angewiesen, dass internationale Investoren mitziehen und weitere Bail-in-Bonds zeichnen. Dafür dürften nun zumindest kurzfristig höhere Risikoaufschläge verlangt werden. Zum einen, weil sich individuelle Risiken in den Bankbilanzen aufaddieren. Zum anderen, weil den Nachranginvestoren langsam dämmert, dass die Bail-in-Wahrscheinlichkeit von AT1- und Tier-2-Emissionen grundsätzlich höher zu gewichten ist mit der vorgezogenen Einführung des BRRD. Das ist gewissermaßen die gesetzlich rechtmäßige Variante gegenüber der zweifelhaften nachträglichen Enteignung, die Österreich bei den Nachranggläubigern der Hypo Alpe Adria vorgenommen hat – ein aggressives Vorgehen, für das der Finanzplatz mit erhöhten Risikoaufschlägen nun Stück für Stück die Quittung erhält.Dass Handlungsbedarf im Sektor besteht, daran ließ Notenbankchef Ewald Nowotny am Montag keinen Zweifel: “In den nächsten zwei, drei Jahren ist sicherlich eine Erhöhung der Kapitalquoten erforderlich.” Noch seien die Banken im internationalen Vergleich unterdurchschnittlich kapitalisiert, kritisiert die Notenbank. “Die Zeit der großen Expansion ist vorbei”, sagt Nowotny.