Auswege aus der Cash-Falle

Investoren müssen sich nicht zwangsläufig mit den niedrigen Renditen im traditionellen Geldmarktbereich zufriedengeben

Auswege aus der Cash-Falle

Seit die Cash-Renditen in den meisten Ländern Europas in den negativen Bereich abgerutscht sind, sehen sich Investoren, die auf Cash-Beständen sitzen, mit einem Dilemma konfrontiert – entweder sie akzeptieren den zunehmend schmerzhaften Status quo, oder sie wechseln zu einer besseren, aber möglicherweise ungewohnten Option.Anleger, die Cash halten, könnten sich weiterhin an die bekannten Instrumente zum Management von Barbeständen halten wie zum Beispiel auf fixiertem Net Asset Value (NAV) basierte Geldmarktfonds und Bankeinlagen. Wer das tut, akzeptiert jedoch notgedrungen den umfassenden Angriff der Europäischen Zentralbank (EZB) auf die Sparer in der Form niedriger oder gar negativer Zinsen. Cash ist folglich nicht wirklich eine sichere Anlage. Es ist sogar bei Negativzinsen die nahezu einzige Anlageklasse, die einen Kapitalverlust geradezu garantiert – also exakt das, was mit den traditionellen Anlagevehikeln vermieden werden sollte. Bares “on demand”Als Alternative dazu könnten die Halter von Cash die Art und Weise, wie sie Barbestände halten, verbessern, indem sie Cash quasi “on demand” managen, also nur dann, wenn es benötigt wird. Cash, das für den sofortigen Einsatz benötigt wird, würde weiterhin in negativ verzinsten, herkömmlichen Investment-Vehikeln geparkt werden. Aber der Rest könnte renditeoptimiert werden, indem er in höherverzinstes, sogenanntes Enhanced Cash investiert wird. Solche Cash-Instrumente haben einen variablen Net Asset Value. Daraus ergibt sich, dass sie einerseits gewöhnlich zu einem geringen Anteil der Marktvolatilität unterliegen, auf der anderen Seite aber auch die Chance auf eine wesentlich höhere Rendite bieten. Dieser Ansatz mag für einige Anleger neu sein, er ist unserer Meinung nach aber der einzige Weg, um die unsichtbare Steuer der EZB für Sparer abzumildern und wieder auf positives Rendite-Terrain zurückzukehren.Viele Investoren nutzen bereits vermehrt sogenannte Enhanced-Cash-Instrumente. Die Daten von Morningstar bestätigen diesen Trend: Die Morningstar-Kategorie “Euro Ultra Short-Term Bond” die auch Enhanced-Cash-Instrumente beinhaltet, verzeichnete starke Nettozuflüsse im Jahr 2015. Allerdings haben sich ebenso viele Anleger nur sehr langsam an das neue Umfeld angepasst, in welchem sich das Risiko-Ertrags-Profil herkömmlicher Cash-Instrumente so dramatisch verschlechtert hat, wenn man es mit Enhanced-Cash-Strategien vergleicht. Diese Investoren sind zwar unzufrieden, aber akzeptieren weiterhin den schmerzhaften Status quo, weil sie sich schlecht gerüstet fühlen, um ein neues und effizienteres Cash-Management zu etablieren.Wenn diese Anleger nicht ohnehin schon einen sehr hohen Preis bezahlt haben, um auch nur den Status quo zu bewahren, dann werden sie in den kommenden Jahren wahrscheinlich noch viel mehr bezahlen. Die EZB druckt weiter effektiv Geld im Rahmen ihres breit angelegten Anleihenkaufprogramms (Quantitative Easing, QE). Wenn die einlaufende Flut frischen Geldes durch das Bankensystem strömt, werden die Renditen wahrscheinlich noch tiefer in den negativen Bereich sinken. Wenn wir unsere Erwartungen für diesen Teil des Kapitalmarktes für die kommenden Jahre zugrunde legen, dann könnten die Inhaber von auf fixen Nettoinventarwerten basierenden Geldmarktfonds negative Renditen zwischen minus 0,10 und minus 0,40 % erleiden – und zwar pro Jahr. Gesetzgeber greift einZudem dürften die auf fixen Nettoinventarwerten basierenden Geldmarktfonds in ihrer jetzigen Form in einigen Jahren wahrscheinlich nicht mehr existieren. Europas Gesetzgeber trachten danach, die große Mehrheit in neue NAV-Strukturen mit niedriger Volatilität zu bugsieren – und das ist eben sogenanntes Enhanced Cash. Sie zwingen damit auch die Zauderer, dem Dilemma ins Auge zu sehen.Die Gesetzgeber wollen außerdem unter bestimmten Umständen automatische Schleusen in Form von Rücknahme-Limits und Rücknahme-Gebühren einführen. Derzeit windet sich der Gesetzentwurf durch die Prozesse des Europäischen Parlaments. Er folgt dabei eng einer ähnlichen Revision in den USA, die dort Ende des Jahres 2016 in Kraft treten soll.Bankeinlagen sollen ebenfalls einer intensiven Prüfung unterzogen werden. Die Gesetzgeber, die während der weltweiten Finanzkrise Banken retten mussten, wollen in Zukunft die Steuerzahler schützen. Sie sind deshalb entschlossen, die Regeln neu festzulegen, nach denen eine in Schieflage geratene Bank abgewickelt werden soll. Das Mantra, das die Gesetzgeber dabei leitet, lautet “Bail-in als Regel, Bail-out als Ausnahme”. Die Beteiligung der Investoren an der Insolvenz soll also zur Regel werden, die Heranziehung von Steuergeldern zur Ausnahme. Das aber erfordert es, eine sogenannte “Bail-in”-Kaskade zu definieren, die Anleger, die nicht den Privatkunden zuzurechnen sind, explizit für einen Schuldenschnitt heranzieht, falls eine Bank in Schwierigkeiten gerät und Kapitalspritzen benötigt.Wenn das noch nicht alle Anleger vergrault, dann könnten Banken die verbliebenen Investoren sogar gänzlich ablehnen. Ein Teil der neuen Basel-III-Bankregularien beinhaltet einen Passus, der “Liquidity Coverage Ratio” (LCR) genannt wird. LCR bestraft Banken, wenn sie sich mit einem übermäßig hohen Anteil an Einlagen finanzieren, die nicht von Privatkunden stammen, anstatt dies mit langlaufenden Schuldtiteln zu tun. Wie bekannt, verkündete J. P. Morgan zu Beginn des Jahres 2015, dass man 100 Mrd. Dollar (etwa 92 Mrd. Euro) an Einlagen loswerden möchte – und zwar exakt wegen dieser Strafen. Einige der größeren europäischen Banken haben begonnen, in einer ähnlichen Weise zu reagieren.Wenn Anleger ihre gesamten Cash-Bestände morgen benötigen, dann kommen sie nicht umhin, sogenannte Über-Nacht-Cash-Instrumente mit fixen NAV zu nutzen. Diejenigen Anleger, die jedoch eine größere Kontrolle und Berechenbarkeit ihrer künftigen Cash-Zuflüsse und -Abflüsse haben, könnten sich einen gewissen Luxus gönnen: nämlich den, aus negativ verzinstem Über-Nacht-Cash in höher rentierende Enhanced-Cash-Strategien zu wechseln. Die höhere NAV-Volatilität, die mit diesen Vehikeln assoziiert wird, ist über einen längeren Anlagehorizont nicht mehr als ein leichtes Hintergrundrauschen. Vorteilhaft, egal was passiertEin Anleger, der zum Beispiel Cash-Bestände hält, die für weitere drei bis vier Monate nicht benötigt werden, bezahlt einen außerordentlich hohen Preis (eine negative Rendite) für einen Vorteil (keine Marktvolatilität), der keinen praktischen Nutzen bietet. Stattdessen sollte der entsprechende Investor diese Cash-Bestände lieber in Enhanced-Cash-Instrumente umschichten und so eine höhere Rendite erzielen. Selbst dann, wenn diese Enhanced-Cash-Vehikel zwischenzeitlich einen Rückgang des Nettoinventarwertes verzeichnen sollten – was gewöhnlich für nur wenige Monate der Fall ist -, werden sich die Nettoinventarwerte wahrscheinlich vollständig erholen, bevor die Barbestände benötigt werden. Somit sind Investoren selbst in diesem Worst-Case-Szenario höchstwahrscheinlich immer noch besser gestellt.Unsere Analyse legt nahe: Anleger, die bereit und in der Lage sind, ihre Barbestände von herkömmlichen Cash-Instrumenten in Enhanced-Cash-Vehikel umzuschichten, können für ihre überschüssige Liquidität möglicherweise eine Rendite zwischen 0,25 % und 0,75 % erzielen. Anleger können zudem wählen, in welchem Vehikel sie ihr Geld gemanagt haben wollen. Mit dem Aufkommen von aktiv gemanagten Exchange Traded Funds (ETF) können Investoren von diesen Möglichkeiten profitieren und sich gleichzeitig ein Maximum an Liquidität sichern, das aus der Intraday-Liquidität von ETF resultiert und der vollständigen Transparenz der Positionen, die der jeweilige ETF bietet.Tatsächlich haben institutionelle und private Anleger in den vergangenen Jahren ihre Präferenz für solche Lösungen deutlich gemacht, wie sich an der Nachfrage nach diesen Vehikeln zeigt. Je früher Anleger von Barbeständen die Cash-Falle erkennen und aktiv gegensteuern, desto besser ihre Chancen, der Falle zu entgehen.—Ryan Blute, Managing Director und Geschäftsführer von Pimco Deutschland und Michael Story, Produktmanager bei Pimco