BaFin bittet Banken zum Rapport
Deutschlands Finanzaufsicht stellt die Türkei-Engagements der deutschen Kreditwirtschaft unter verschärfte Beobachtung. Eine kleine bis mittlere zweistellige Zahl von Häusern muss die BaFin neuerdings “regelmäßiger” als bisher darüber auf dem Laufenden halten, wie sich ihre Exposures am Bosporus entwickeln. Von Bernd Neubacher, FrankfurtDie Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) hat nach Informationen der Börsen-Zeitung die Überwachung der Engagements deutscher Banken in der Türkei verschärft. Wie aus einer guten Quelle verlautet, muss eine Reihe von Instituten die Aufsicht inzwischen “regelmäßiger” als ohnehin, und zwar vielfach wöchentlich, über ihr Exposure am Bosporus informieren. Dabei dürfte es sich um eine kleine bis mittlere zweistellige Zahl von Häusern handeln. Die BaFin äußerte sich dazu auf Anfrage nicht.Diese Entwicklung kann angesichts des Verfalls der türkischen Lira kaum überraschen. Vor Tagen hatte ein Bericht der “Financial Times” die Runde gemacht, dass die europäische Bankenaufsicht die Großbanken in Euroland mit starkem Türkei-Engagement unter besondere Beobachtung gestellt hat. Wenig später wurde öffentlich, dass sich auch Österreichs Aufsicht die dortigen Töchter türkischer Banken vorgeknöpft hat. Die BaFin hat nun ebenfalls die bekannten großen Namen, aber auch kleinere Häuser zum verstärkten Rapport aufgerufen. Dazu zählen naheliegenderweise auch die deutschen Töchter türkischer Banken. Mit eigenen Töchtern in der Bundesrepublik präsent sind die Institute Akbank, Eurocity Bank, Isbank, KT Bank, Oyak Anker Bank sowie die Ziraat Bank International, wie der Verband der Auslandsbanken mitteilt. Die Demir-Halk Bank, Garantibank, die Denizbank sowie die Vakifbank operieren hierzulande derweil mit Hilfe einer niederländischen oder österreichischen Tochter sowie eines EU-Passes. Gingen diese Banken in die Knie, müsste die Einlagensicherung der privaten Banken auch die Kunden von Garantibank & Co. entschädigen und dann das österreichische bzw. niederländische Depositenschutzsystem in Regress nehmen. So weit ist es freilich noch nicht. Ausfälle drohenDerzeit geht die BaFin nach Informationen der Börsen-Zeitung nicht davon aus, dass Engagements in der Türkei die Existenz eines der Institute unter ihrer Aufsicht gefährdet. Auch von Sanktionen, welche die Aufsicht über Banken verhängt habe, ist einstweilen nichts bekannt. Wie es heißt, wirkt es sich positiv aus, dass die Exposure der Institute generell in Euro denominieren. Damit trifft der Verfall der Landeswährung die Institute nicht kurzfristig und unmittelbar. Auf längere Sicht freilich setzt die Krise im Land auch diesen Adressen zu, wenn etwa die Ausfälle von Schuldnern zunehmen. Zudem hat erst am Donnerstag der Halbjahresbericht der Helaba gezeigt, dass auch Banken mit sehr geringen Engagements in einem kriselnden Land allein durch allgemeine Marktverwerfungen und einen breiten Anstieg der Risikoprämien von Anleihen betroffen sein können. So ist das Handelsergebnis der Helaba im zweiten Quartal infolge der Entwicklung in Italien um 95 % auf noch 8 Mill. Euro eingebrochen. Die Landesbank sei in Italien direkt in sehr geringem Umfang engagiert, erklärte Finanzchef Detlef Hosemann, doch hätten die Turbulenzen auch auf andere Assetklassen wie etwa Bankanleihen ganz allgemein übergegriffen. Diese Gefahr bestehe grundsätzlich auch für den weiteren Jahresverlauf, und das gelte auch mit Blick auf die Türkei, wo die Helaba ein “extrem geringes” Exposure habe.Was Türkei-Risiken angeht, so hatte die Deutsche Kreditwirtschaft (DK) schon am 10. August abgewiegelt. “Nach allem, was den Zahlen zu entnehmen ist, ist das Exposure deutscher Institute überschaubar und die derzeitige Lira-Schwäche kein Problem für deutsche Kreditinstitute”, hieß es damals auf Anfrage (BZ vom 11. August). 21 Mrd. Euro im FeuerIn der vergangenen Woche dann relativierte auch Commerzbank-Chef Martin Zielke die Türkei-Risiken der Bank. Das Engagement dort bewege sich in einer überschaubaren Größenordnung von 0,6 % des Geschäftsvolumens, erklärte er dem Internationalen Club Frankfurter Wirtschaftsjournalisten (ICFW). Bei einer konzernweiten Forderungshöhe bei Ausfall (Exposure at Default, EaD) von 430 Mrd. Euro laut Zwischenbericht per Ende Juni entspricht diese Größenordnung allerdings immerhin einem Volumen von rund 2,5 Mrd. Euro. Das ist mehr, als die Bank vor Steuern in den beiden vergangenen zweieinhalb Jahren verdient hat und rund ein Zehntel des Eigenkapitals des Instituts. Die spanische Großbank BBVA, die über ihre Beteiligung an der Garanti Group in der Türkei sehr stark engagiert ist, hat derweil ein Volumen in Höhe von 195 % ihres Eigenkapitals in der Türkei im Feuer.Insgesamt summiert sich das Volumen sämtlicher von ausländischen Banken in der Türkei vergebenen Kredite nach Angaben der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) auf 265 Mrd. Dollar. Davon haben spanische Institute am meisten, nämlich 82 Mrd. Dollar, verliehen, deutsche Banken 17 Mrd. Dollar. Die BIZ zählt dabei nicht Derivate, Garantien und Kreditzusagen hinzu. Die Bundesbank hingegen setzt die Forderungen hiesiger Institute mit 20,8 Mrd. Euro per Ende Juni an.