Behördenumbau

BaFin steht lange Erneuerung bevor

Die BaFin hat erste Ergebnisse ihres Reformprozesses vorgestellt. Eine Eingreiftruppe und eine Datenanalyseeinheit seien einsatzbereit, Dutzende Maßnahmen implementiert. Es stehe aber noch ein langer Weg bevor.

BaFin steht lange Erneuerung bevor

fir Frankfurt

Der seit August amtierende BaFin-Präsident Mark Branson hat auf einen langwierigen Erneuerungsprozess der Finanzaufsicht eingestimmt. Die Reform der Finanzaufsicht stehe erst am Anfang einer langwierigen Entwicklung. „Das braucht Zeit. Wenn wir ehrlich sind: Es braucht mehrere Jahre, bis wir überall auf dem Niveau sind, das wir anstreben“, sagte Branson am Mittwoch in einem Pressegespräch, in dem er gemeinsam mit Jörg Kukies einen positiven Zwischenstand der Reformbemühungen abgab.

Kukies ist als Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, das die Rechts- und Fachaufsicht über die BaFin ausübt, und Vorsitzender des 17-köpfigen Verwaltungsrats. Zweifeln an der Unabhängigkeit der Behörde, die durch Kukies’ Präsenz in der Veranstaltung neue Nahrung erhalten, entgegnete er mit dem Verweis, dass er es als Verwaltungsratschef völlig normal finde, mit von der Partie zu sein. Das Ministerium werde sein Engagement in dem Umbauprozess allmählich zurückfahren. „Wir werden ein immer stärkeres Gewicht der Umsetzung an die BaFin übergeben und uns im Dezember, wenn das Projekt offiziell abgeschlossen ist, weitgehend zurückziehen“, sagte Kukies. Die Modernisierung werde innerhalb der BaFin weiter vorangetrieben.

Nach dem Wirecard-Debakel, in dem die Aufsicht eine desaströse Figur abgegeben hatte, stieß Bundesfinanzminister Olaf Scholz eine Reform der Aufsichtsbehörde über das Finanzmarktintegritätsstärkungsgesetz (FISG) und einen im Februar veröffentlichten Sieben-Punkte-Plan an, um die Behörde schlagkräftiger, schneller und digitaler zu machen. Etwa 150 neue Stellen werden laut Bundesfinanzministerium in der BaFin geschaffen, von denen aktuell rund 80% bereits besetzt worden seien oder sich Bewerber im Auswahlprozess befänden. Ein Team, be­stehend aus rund 100 Projektmitarbeitern aus Bundesfinanzministerium, BaFin sowie externen Fachleuten, arbeite an der Umsetzung der Reformvorschläge, um den Erwartungen an die BaFin gerecht zu werden, hieß es. Dies skizzierte Branson als „Entscheidungen von höchster Qualität, klare, ehrgeizige Ziele und eine moderne, digitale Arbeitsweise“. Von insgesamt 40 Maßnahmen seien bisher rund zwei Drittel implementiert worden.

Eingreiftruppe einsatzbereit

Die angekündigte, sogenannte Fokusaufsicht und die Taskforce seien Mitte August tätig geworden. Die Fokusaufsicht nimmt sich Banken und anderen Gesellschaften mit sehr komplexem Geschäftsmodell an, prüft die Herkunft der Erträge und die möglichen Risiken und verspricht, im Falle ungenügender Klarheit einzugreifen. Derzeit überwache die Stabsstelle Fokusaufsicht 17 Banken, Versicherungen, Fondsgesellschaften und Zahlungsdienstleister, hieß es am Mittwoch. Die mit Prüfern und Forensikern aus dem eigenen Haus, aber auch von außen zusammengesetzte Taskforce soll rasch zum Einsatz kommen und investigativ prüfen können. „Damit verfügt die BaFin über eine Art schnelle Eingreiftruppe, die in dringenden Fällen sofort einsatzfähig ist“, so das Finanzministerium. Die Bilanzkontrolle wird als eines der entscheidenden Elemente des FISG auf die BaFin konzentriert und soll aktiver gestaltet werden, mit mehr Vor-Ort-Prüfungen und finanzforensischen Untersuchungen. Die Mitarbeiter der Deutschen Prüfstelle für Rechnungslegung werden Anfang 2022 von der BaFin übernommen, weitere Wirtschaftsprüfer sollen angeworben werden. Insgesamt sind laut Ministerium künftig rund 60 Beschäftigte der Bilanzkontrolle zugeordnet.

Im August ist den Angaben zufolge die Hinweisgeberstelle, an die sich Whistleblower wenden können, neu aufgestellt und darüber hinaus die zentrale Analytics-Einheit, die Data Intelligence Unit, in Betrieb genommen worden. Sie gilt als „das Rückgrat der datengetriebenen und IT-gestützten Aufsicht“ und versieht die Aufseher mit einem sogenannten Cockpit, in dem alle Daten zu den überwachten  Instituten in einer IT-Oberfläche zusammengeführt werden. Ein Novum ist auch, dass Branson den Aufsichtskosten Einhalt gebieten will. Sie steigen seit 2008 Jahr für Jahr und werden von den beaufsichtigten Instituten per Um­lage finanziert (siehe Grafik). Der BaFin-Präsident setzt auf Effizienzgewinne durch digitale Prozesse und auf interne Personalumschichtungen, wie er gegenüber der Börsen-Zeitung deutlich machte (vgl. BZ vom 23. September). Mit einer Belegschaft von rund 3000 Menschen sei die Behörde personell auskömmlich ausgestattet.

Wirtschaftsprofessor Jan Pieter Krahnen bescheinigte der BaFin gestern, gut gestartet zu sein und erste Erfolge vorzuweisen, warnte aber vor voreiligen Schlüssen. Noch sei das Ziel nicht erreicht. So erneuerte der Direktor des Leibniz-Instituts für Finanzmarktforschung (SAFE) etwa seine Forderung, die BaFin aus der Abhängigkeit des Finanzministeriums zu entlassen. Zudem vermisse er in der Reformdebatte den Bezug zu einem künftig europäisch gedachten Kapitalmarkt. Vonnöten sei die Führung durch eine paneuropäische Wertpapieraufsicht.

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