GRIECHENLAND HÄLT EUROZONE IN ATEM

Banco Espírito Santo als Vorbild

Notfallszenarien für griechische Banken laufen auf Auffanggesellschaft hinaus

Banco Espírito Santo als Vorbild

Von Dietegen Müller und Bernd Neubacher, FrankfurtDie europaweit entworfenen Notfallszenarien für den Fall eines Zusammenbruchs des griechischen Bankensektors laufen auf die Etablierung einer Auffanggesellschaft nach dem Vorbild des portugiesischen Novo Banco hinaus. Dies hat die Börsen-Zeitung in Finanzkreisen erfahren. Auf den Novo Banco hatten die Aufseher im vergangenen Jahr die unbelasteten Aktiva des in die Insolvenz gerutschten Banco Espírito Santo (BES) übertragen. Auf ein NeuesDie Variante einer Brückenbank sieht vor, dass die unentbehrlichen Funktionen einer schiefliegenden Bank, mit dem verbliebenen Eigenkapital ausgestattet, auf ein neues Institut übertragen werden. Die übrigen, oft toxischen Assets verbleiben in der alten Gesellschaft. Deren Aktionäre schauen dann in die Röhre.Im vergangenen Jahr wandte die nationale Aufsichtsbehörde in Portugal dieses Verfahren mit Erfolg an, als der Banco Espírito Santo vor dem Kollaps stand. Die Bank wurde aufgespalten, die “guten” Assets kamen in die Novo Banco, die schlechten blieben in der Bank, dafür mussten deren Aktionäre und die Halter von nachrangigen Verbindlichkeiten geradestehen. Der Novo Banco wurde mit 4,9 Mrd. Euro aus dem portugiesischen Abwicklungsfonds kapitalisiert, ohne Inanspruchnahme öffentlicher Mittel, wie Notenbankgouverneur Carlos da Silva Costa Anfang August 2014 sagte.Da der Fonds aber erst seit 2012 existierte und zu wenig Kapital hatte, erhielt er einen Kredit von 4,4 Mrd. Euro vom portugiesischen Staat. Die EU genehmigte diese Beihilfe, da die Abwicklungsmaßnahme geeignet sei, “das Vertrauen in die finanzielle Stabilität wiederherzustellen, die Fortsetzung der Geschäfte zu gewährleisten und möglichen systemischen Folgen vorzubeugen”. In diesen Tagen soll der noch defizitäre Novo Banco schon wieder verkauft werden.Das Problem: Bei den griechischen Banken, die sich schon seit längerem mehr oder weniger auf die von der EZB bewilligten Notkredite ihrer nationalen Notenbank stützen, gibt es nach Angaben aus mit der Situation vertrauten Kreisen nichts mehr zu holen, womit ein Brückeninstitut ausgestattet werden könnte. Und dies wiederum führt zu der Frage: Wer soll das erforderliche Kapital bereitstellen?Auf nationaler und auf europäischer Ebene basteln Aufseher und Abwicklungsexperten derzeit an einem Notfallplan für Griechenlands Banken. Ein Sprecher der European Banking Authority (EBA) bestätigte auf Anfrage, seit Beginn des Bank Holiday in der vergangenen Woche beobachte man fortlaufend die Lage und arbeite mit allen relevanten Behörden der Mitgliedstaaten zusammen, um den Effekt abzuschätzen. Auch habe man gegenüber allen zuständigen Aufsichts- und Abwicklungsbehörden betont, wie wichtig es sei, beizeiten nötigenfalls eine Notfallplanung sicherzustellen. Konkreter wird die europäische Bankenabwicklungsbehörde, die schon vor ihrem offiziellen Start Anfang 2016 in die Planungen eingebunden ist: “Wir stehen in engem Kontakt mit den griechischen Kollegen und analysieren mögliche Szenarien, und natürlich verfolgen wir die Entwicklungen in Griechenland genau”, sagte am Dienstag eine Sprecherin des Single Resolution Board (SRB) in Brüssel.Vor Tagen schon war zu erfahren gewesen, dass auch die bei der Europäischen Zentralbank (EZB) angesiedelte europäische Bankenaufsicht derzeit in engem Kontakt mit der Notenbank Bank of Greece steht. Die ist einstweilen nicht nur für die Verteilung von Notkrediten an Griechenlands Banken sowie für deren Aufsicht, sondern auch für deren Abwicklung im Falle eines Falles zuständig. Auf Anfrage verweist die EZB denn auch auf die Bank of Greece als zuständige Abwicklungsbehörde. Denn die Brüsseler Abwicklungsbehörde, der Single Resolution Board (SRB), befindet sich noch im Aufbau und wird in seiner Funktion erst Anfang 2016 offiziell zuständig.Bis dahin verantwortet der SRB zwar mit der Bank of Greece die Sanierungsplanung für die griechischen Banken, jegliche Abwicklungsmaßnahmen aber sind allein Sache der nationalen Aufsichtsbehörde. Auch Europas Bankenaufseher haben nur begrenzte Handlungsfreiheit: Nach Inkrafttreten der Abwicklungsrichtlinie Anfang 2016 werden sie die vier ihrer direkten Aufsicht unterstellten griechischen Banken Alpha Bank, Eurobank, National Bank of Greece und Piraeus Bank offiziell für marode erklären, was den SRB auf den Plan treten lässt. Bis dahin ist das Prozedere nicht stringent geregelt, weshalb die Aufsicht fürs Erste eher politisch zu agieren scheint. Noch nicht umgesetztIn Griechenland ist die europäische Bankenabwicklungsrichtlinie zwar noch nicht umgesetzt. Einige ihrer Instrumente aber finden sich schon in den nationalen hellenischen Regelungen, wie in mit der Situation vertrauten Kreisen zu erfahren ist. Neben einer Lösung mit einem Brückeninstitut definiert die Richtlinie als Abwicklungsinstrumente zudem eine Unternehmensveräußerung, eine Ausgliederung von Vermögenswerten und einen Bail-in.Für ein Notfallkonzept für Griechenlands Banken hatte sich vor Wochenfrist Felix Hufeld, Präsident der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), starkgemacht. Würden die hellenischen Kreditinstitute für insolvent erklärt, müssten kritische Funktionen für ein Gemeinwesen mit Millionen von Menschen, etwa für Pensionszahlungen oder Einkäufe von Krankenhausbedarf, “in irgendeiner Form” aufrechterhalten werden, hatte er erklärt.