Bank of England hält City für europäische Institute offen

Niederlassungen müssen nicht in Töchter umgewandelt werden - London will Position im EU-Firmenkundengeschäft halten

Bank of England hält City für europäische Institute offen

Von Andreas Hippin, LondonGroßbritannien wird nach dem Brexit keine neuen Hürden für Banken und Versicherer aus dem Europäischen Wirtschaftsraum errichten. Wie die Bank of England mitteilt, müssen sie ihre Niederlassungen nicht in Tochtergesellschaften mit eigener Kapitalausstattung umwandeln – es sei denn, sie betreiben ein Retailgeschäft vor Ort wie etwa Santander UK. Während der noch auszuhandelnden Übergangsperiode seien die bisherigen Marktzugangsrechte (Passporting) weiter gültig, verlautbarte die Finanzaufsicht FCA (Financial Conduct Authority). Nach deren Ablauf benötigen die europäischen Institutionen allerdings eine Betriebserlaubnis der bei der Zentralbank angesiedelten Bankenaufsicht PRA (Prudential Regulation Authority). Die Entscheidung des Regulierers war bereits vor ihrer Bekanntgabe durchgesickert. Das Schatzamt stattete die FCA zudem mit Befugnissen für britische Ratingagenturen und Transaktionsregister aus.Alles in allem gibt es im Vereinigten Königreich der Notenbank zufolge 160 Niederlassungen ausländischer Banken, deren Assets sich auf 4 Bill. Pfund summieren. 77 Adressen stammen aus dem Europäischen Wirtschaftsraum (EWR), etwa die Deutsche Bank, BNP Paribas und Société Générale. Von den 110 Niederlassungen ausländischer Versicherer gehörten 80 Firmen aus dem EWR.Man gehe davon aus, dass die enge aufsichtsrechtliche Zusammenarbeit zwischen Großbritannien und der EU auch weiterhin Bestand haben werde. Gebe es allerdings Probleme mit dem jeweiligen Regulierer auf der anderen Seite des Ärmelkanals, könne gegebenenfalls die Umwandlung in eine Tochtergesellschaft nötig werden. Notenbankchef Mark Carney bestätigte das am Nachmittag bei einem Auftritt vor dem Finanzausschuss des Unterhauses. “Ich glaube nicht, dass das ein gutes Ergebnis für das System, für Europa oder für Großbritannien wäre”, sagte er. Aber wenn es an Zusammenarbeit mangele, wäre es “das richtige Ergebnis” für Großbritannien. “Globales öffentliches Gut””Das britische Finanzsystem ist sowohl ein nationales Asset als auch ein globales öffentliches Gut”, erklärte die Bank of England. “Es ist im besten Interesse Großbritanniens, der EU und anderer Volkswirtschaften der Welt, dass das britische Finanzsystem für ausländische Institutionen offengehalten wird.”Die Umwandlung der Niederlassungen in eine Tochtergesellschaft mit entsprechender Kapitalausstattung wäre für die Institute kostspielig. Laut der Boston Consulting Group müssten die Banken dafür zwischen 30 Mrd. und 40 Mrd. Euro zur Seite legen. Das Problem mit den Niederlassungen ist, dass ihre Mittel im Falle einer Finanzkrise schnell an die Mutter im Ausland fließen und ihre britischen Gläubiger leer ausgehen könnten.Schnell wurde Kritik laut, Großbritannien solle angesichts der harten Haltung Brüssels diesen wichtigen Trumpf für die Brexit-Verhandlungen nicht so einfach aufgeben. “Vergeltung wäre kontraproduktiv”, sagte dagegen der City-Veteran David Buik, der für das Traditionshaus Panmure Gordon das Geschehen an den Finanzmärkten beobachtet. Klares EigeninteresseMit ihrem Vorstoß handeln die Briten auch im eigenen Interesse. London will weiterhin die Bankgeschäfte europäischer Firmenkunden abwickeln. Vor die Wahl gestellt, hätte sich vielleicht manch eine europäische Institution zum Verlassen Großbritanniens entschlossen, was nicht nur die Bedeutung des Finanzplatzes geschmälert hätte. An der Branche hängen mehr als eine Million Arbeitsplätze, zwei Drittel davon außerhalb Londons. Bei den europäischen Banken sind Abertausende beschäftigt, die zudem reichlich Steuern zahlen. Auch nicht zu vernachlässigen ist, dass Dienstleistungen, die ein europäisches Institut von Großbritannien aus ins Ausland verkauft, zu den britischen Exporten gezählt werden.Simon Lewis, der Chief Executive der Finanzmarktlobby AFME, begrüßte die Entscheidung. “Das schafft für die Firmen willkommene Klarheit, ermöglicht ihnen, mit ihren Brexit-Vorbereitungen voranzukommen, und vermeidet eine zusätzliche Fragmentation des Kapitals innerhalb Europas.” Indem man Finanzinstitute aus der EU ermutige, nach dem Brexit in Großbritannien zu bleiben, stärke man die Wettbewerbsfähigkeit des Landes, trage zum Erhalt der Finanzstabilität bei und verteidige die Position Londons als globales Finanzzentrum, sagte Miles Celic, der Chef des Verbands The City UK. Was mit britischen Institutionen in der EU passiere, sei dagegen unklar. Der Verband fordere Brüssel deshalb auf, ähnliche Zusicherungen abzugeben. “Am Ende kann das nur im Interesse aller Kunden und Bürger in ganz Europa sein.” Nur weil Finanzdienstleistungen in den bisherigen Freihandelsabkommen der EU keine Rolle spielten, müsse das für ein Freihandelsabkommen mit Großbritannien nicht ebenfalls gelten.