Unruhe in der Londoner City

Sky Garden? Nein danke

In der Londoner City regt sich Widerstand gegen den Bau eines weiteren Wolkenkratzers. Es geht dabei um die Verteidigung des öffentlichen Raums.

Sky Garden? Nein danke

Sky Garden? Nein danke

Von Andreas Hippin, London

In der Londoner City regt sich Widerstand gegen den Bau eines weiteren Wolkenkratzers. Es geht um die Verteidigung des öffentlichen Raums.

Die City of London hat die Baugenehmigung für den höchsten Wolkenkratzer in der Square Mile vorerst auf Eis gelegt. Eigentlich war man davon ausgegangen, dass das Projekt 1 Undershaft anstandslos durchgewinkt würde. Doch hatte es Widerstand gegen den 309 Meter hohen Büroturm gegeben.

Der Haupteigentümer des benachbarten Leadenhall Building, das auch unter dem Namen Cheesegrater (Käsereibe) bekannt ist, hatte die Pläne mängelbehaftet genannt und eine Vertagung der Entscheidung verlangt. Einer der Gründe, der dafür geltend gemacht wurde, war der Verlust öffentlichen Raums, in diesem Fall eines Großteils des vor sechs Jahren fertiggestellten St. Helen’s Square.

Nur eingeschränkt verfügbar

Der kleine Platz wird von den Insassen der umliegenden Bürotürme gerne frequentiert. Ihnen sollte ein „Sky Garden“ im 11. Stock des neuen Turms offenstehen. Doch die Erfahrung mit solchen Angeboten in der City zeigt, dass sie der Öffentlichkeit am Ende nur in stark eingeschränktem Maße kostenlos zur Verfügung stehen.

Entweder sind die Öffnungszeiten sehr begrenzt, oder die kostenlos buchbaren Besuchsmöglichkeiten sind auf Wochen hinaus ausgebucht. Hinzu kommen Sicherheitsanforderungen wie an Flughäfen, die zu Warteschlangen führen.

„Wichtiger Treffpunkt“

Wie die „Financial Times“ berichtete, beschwerte sich Bruce Carnegie-Brown, Chairman von Lloyd’s of London, schriftlich bei der Lokalverwaltung. Das Projekt „würde die City eines wirklich wichtigen Treffpunkts berauben“. Auch die weltgrößte Versicherungsbörse befindet sich in unmittelbarer Nachbarschaft des geplanten 74-stöckigen Solitärs von Eric Parry, der so wenig in die Umgebung passt wie all die anderen Denkmäler, die sich Spitzenarchitekten dort gesetzt haben.

„Wesentlich weniger attraktiv“

Der Sky Garden sei „wesentlich weniger attraktiv als der Ort, den er ersetzt“, kritisierte Carnegie-Brown. Auch Historic England und der Pensionsfonds Universities Superannuation Scheme machten Bedenken geltend.

Gleich nebenan befindet sich die „Gherkin (Gurke)“ von Norman Foster. Der zuständige Unterausschuss verwies das geplante Neubauprojekt nun zurück an den Antragssteller, um „kleinere Veränderungen“ zu ermöglichen. Um es zu verwirklichen, müsste der im Vergleich zu seinen Nachbarn unscheinbare St. Helen’s Tower abgerissen werden.

Hauptinvestor aus Singapur

Das 1969 fertiggestellte Hochhaus beherbergte lange Jahre die Zentrale des britischen Versicherers Aviva. Es wurde 1992 bei einem Bombenanschlag der Provisional IRA auf die Baltic Exchange schwer beschädigt. Es gehört Aroland Holdings, die das Neubauprojekt vorantreibt.

Hinter der Gesellschaft stehen Investoren wie Kuok Khoon Hong, Gründer des Palmölproduzenten Wilmar International aus Singapur, und dessen indonesischer Geschäftspartner Martua Sitoras.

Privatisierung des öffentlichen Raums

In den vergangenen Jahren hat fast jedes große Stadtentwicklungsprojekt in London zur Privatisierung öffentlichen Raums geführt. Das gilt für den Platz vor der ehemaligen City Hall in der Nähe der Tower Bridge ebenso wie für weite Teile der City of London. Private Sicherheitsdienste sorgen dort dafür, dass keine bettelnden Obdachlosen den Blick dafür weiten, dass zum Leben in einer Großstadt mehr gehört als klimaneutrale Luxusbüros und Fast-Food-Ketten, die auf gesunde Lebensführung machen.

Umso wichtiger ist es, sich diese Orte zurückzuholen. Sonst findet in der Londoner City bald kein städtisches Leben mehr statt.

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