Autofinanzierungen sorgen für Ärger
Britischen Banken droht der nächste große Skandal
Nicht offengelegte Kommissionen für Autofinanzierungen – Aufsicht könnte branchenweites Entschädigungsprogramm anordnen
Von xxxxxxx
Auf britische Banken könnten milliardenschwere Entschädigungsforderungen zukommen. Es geht um Kommissionen für Autofinanzierungen, die nicht offengelegt wurden. Fitch sieht darin eine Gefahr für die Ratings der Institute. Erinnerungen an den Skandal um nutzlose Restschuldversicherungen werden wach.
Britische Banken haben derzeit eine Menge schlechte Nachrichten zum Thema Autofinanzierungen zu verdauen. Der Court of Appeals hatte sich im Streit um Kommissionen, die Autokäufern nicht offengelegt wurden, auf die Seite der klagenden Verbraucher gestellt.
Fitch Ratings warnte zum Wochenbeginn vor „beträchtlicher Ungewissheit und potenziell wesentlichen Auswirkungen“ des Urteils. Die drei Fälle, die vor dem Gericht verhandelt wurden, seien zwar in finanzieller Hinsicht geringfügig. Doch sei der Court of Appeals über die bisherigen Anforderungen der Finanzaufsicht FCA (Financial Conduct Authority) hinausgegangen. Das könne einen Präzedenzfall schaffen, der den betroffenen Banken erhebliche Kosten bescheren würde.
Immer mehr Beschwerden
Die Zahl der Beschwerden beim Ombudsmann für die Finanzdienstleistungsbranche über Autofinanzierungen war vor der Entscheidung des Berufungsgerichts dramatisch nach oben gegangen. Im Ende Juni abgelaufenen Quartal hatten sie sich mehr als vervierfacht. Dabei bezogen sich drei von vier auf Kommissionen.
Es ist ein enormer Markt. Das ausgereichte Kreditvolumen übertrifft die Kreditkartenschulden und wird nur noch von Wohnimmobilienfinanzierungen übertroffen.
„Signifikant und unerwartet“
Das Urteil könnte eine Klagewelle auslösen, an deren Ende milliardenschwere Entschädigungszahlungen geleistet werden müssen. Stephen Haddrill, der Generaldirektor der Finance & Leasing Association, sprach von einer „signifikanten und unerwarteten“ Entscheidung. Die Aktienkurse der betroffenen Institute wie Lloyds Banking Group gingen auf Talfahrt. Unerwartet gute Quartalszahlen spielten plötzlich keine Rolle mehr.
Dass zuletzt auch noch berichtet wurde, das Gericht sehe wenig Ansatzpunkte dafür, seine Entscheidung anzufechten, drückte den Börsenwert der betroffenen Institute noch weiter nach unten. In der City kursieren Schätzungen für die Summe der möglichen Entschädigungszahlungen, die zwischen 6 Mrd. und 16 Mrd. Pfund rangieren. Eventuelle Geldstrafen und Anwaltskosten sind darin nicht enthalten.
Close Brothers droht Herabstufung
Fitch Ratings hatte die Ratings von Close Brothers wegen des großen Exposures der Bank zu Autofinanzierungen bereits auf „Ratings Watch Negative“ gesetzt, prüft also eine Herabstufung der Bonitätsbewertung. Zu den Instituten, die wesentlich in diesem Geschäft tätig sind, zählt die Ratingagentur Bank of Ireland UK, Barclays (bis 2019), Investec Bank, Lloyds Banking Group, Paragon, Santander UK und Firstrand Bank.
„Mehr Ratings könnten unter Druck geraten, wenn die Kosten der Abhilfe Gewinne, Kapitalquoten und die geschäftlichen Wachstumsaussichten über einen längeren Zeitraum in Mitleidenschaft ziehen“, teilte Fitch mit. Lloyds, Santander UK und Barclays seien am besten in der Lage, Verluste zu absorbieren.
„Quantitative Easing für alle“
Die Ratingagentur geht allerdings nicht davon aus, dass die Kosten an die des Skandals um den Verkauf nutzloser Restschuldversicherungen (Payment Protection Insurance, PPI) heranreichen werden. Dafür hatte die Branche insgesamt mehr als 38 Mrd. Pfund an Entschädigungen geleistet. In der City war damals scherzhaft von „Helikoptergeld“ und „Quantitative Easing für alle“ die Rede.
Die Finanzaufsicht FCA ermittelt bereits seit einiger Zeit in der Sache. Sie beziffert die zwischen 2007 und 2010 gezahlten Kommissionen auf 8,1 Mrd. Pfund. Die Aufsicht hat die Institute aufgefordert, ausreichend Risikovorsorge zu betreiben. Lloyds Banking Group, zu der Black Horse gehört, der größte unabhängige Autofinanzierer des Landes, hat bereits 450 Mill. Pfund zurückgelegt.
Geschäftszahlen verschoben
Santander verschob die Geschäftszahlen der britischen Landestochter, um die möglichen Auswirkungen des Urteils zu prüfen. Secure Trust Bank wartete mit einer Gewinnwarnung auf. Investec stellte wegen der FCA-Untersuchung zu Autofinanzierungen 30 Mill. Pfund zurück, Firstrand umgerechnet 127 Mill. Pfund.
Es wird angenommen, dass drei Viertel aller Autofinanzierungen zwischen 2007 und 2020 auf Grundlage solcher Kommissionsvereinbarungen (DCA, Discretionary Commission Arrangements) vergeben wurden. Die FCA untersagte sie im Januar 2021. Sollte die Aufsicht „weitverbreitetes Fehlverhalten“ feststellen, könnte die Aufsicht ein branchenweites Entschädigungsprogramm anordnen. Auf Sammelklagen spezialisierte Kanzleien laufen sich dafür bereits warm.