Finanzaufsicht

Banken müssen etwas höhere Kapitalpuffer vorhalten

Europas Banken haben sich nach Auffassung der EZB-Bankenaufsicht in einem wirtschafts- wie geopolitisch diffizilen Umfeld wacker geschlagen. Zugleich warnt die Aufsicht vor Abwärtsrisiken und sieht weiter deutliche Mängel in der Governance. Die vorzuhaltenden Kapitalpuffer steigen 2024 leicht.

Banken müssen etwas höhere Kapitalpuffer vorhalten

EZB erhöht Kapitalpuffer für Banken

Mindestschwelle für Kapitalquote steigt moderat an – Enria bescheinigt Instituten Robustheit, sieht aber Risiken

fir Frankfurt

Die EZB-Bankenaufsicht verlangt den von ihr überwachten Instituten im nächsten Jahr etwas höhere Kapitalpuffer ab als 2023. Die Gesamtanforderungen und die sogenannten Säule-2-Empfehlungen, die in Form von hartem Kernkapital zu meistern sind, steigen von durchschnittlich 10,7% der risikogewichteten Aktiva (RWA) in diesem Jahr auf 11,1% im kommenden Jahr, wie die Aufsicht am Dienstag mitteilte. Werden neben der harten Kernkapitalquote weitere Anforderungen mitgezählt, steigt die Messlatte auf 15,5%.

Die EZB präsentierte damit die Ziele aus dem Überprüfungs- und Bewertungsprozess (SREP) für das kommende Jahr und stellte außerdem ihre Schwerpunktthemen in der Aufsicht für die Jahre 2024 bis 2026 vor. Insgesamt überwacht die Aufsicht 109 Großbanken in der Eurozone, darunter 21 Banken aus Deutschland.

Der Anstieg geht nur zum geringeren Teil auf die Anhebung der Säule-2-Anforderungen für das harte Kernkapital durch die EZB zurück: Hier steigen die Vorgaben von durchschnittlich 1,1% auf 1,2%. Größeren Anteil hat der Zuwachs antizyklischer Kapitalpuffer, die von der nationalen Aufsicht festgelegt werden und einer Überhitzung der Kreditvergabe entgegenwirken sollen. In Deutschland greift ein antizyklischer Kapitalpuffer von 0,75% sowie ein Sektorrisikopuffer für Wohndarlehen von 2%.

EZB-Chefaufseher Andrea Enria, der zur Jahreswende von der derzeitigen Bundesbank-Vizepräsidentin Claudia Buch abgelöst wird, bescheinigte den Banken zwar Widerstandsfähigkeit, doch nähmen die Abwärtsrisiken zu. "Die europäischen Banken konnten den makroökonomischen Herausforderungen 2023 gut standhalten", sagte er und verwies auf Inflation, Zinsanstieg, geringes Wirtschaftswachstum, die Invasion Russlands in der Ukraine und die Pandemie. Kapitalquoten und Liquiditätspositionen seien robust, die Rentabilität habe in diesem Jahr deutlich zugelegt und im zweiten Quartal dank gestiegener Nettozinsmargen erstmals seit fast zehn Jahren mit 10,04% zweistellige Werte erreicht.

Angesichts erheblicher Unsicherheit und Wirtschaftsflaute dürften sich Europas Banken aber nicht mit dem Erreichten zufrieden geben. "Die wirtschaftlichen Aussichten sind von erheblichen Risiken und Unsicherheiten geprägt", sagte Enria. "Die Banken werden sich den Herausforderungen der restriktiveren Finanzierungsbedingungen, der dauerhaft erhöhten Inflation und den anhaltenden geopolitischen Spannungen stellen müssen."

Zinserträge unter Druck

Die Zinsmargen werden sich nach Auffassung der Aufsicht verengen, die Refinanzierungskosten erhöhen, was auf die Profitabilität drückt. Ende November hatte bereits die Bundesbank für die kleineren und mittelgroßen deutschen Institute, die nicht direkt von der EZB beaufsichtigt werden, einen wieder sinkenden Zinsüberschuss prognostiziert.

20 Institute haben Enria zufolge im SREP Kapitalaufschläge wegen notleidender Risikopositionen verpasst bekommen. Die Aufseher hatten demnach bemängelt, dass daraus folgende Risiken ungenügend mit Kapital abgedeckt worden seien. Zudem erhielten acht Banken Aufschläge wegen ihrer Leveraged-Finance-Aktivitäten, sechs Banken müssen eine höhere Verschuldungsquote erfüllen, und bei sieben Banken sprach die EZB-Aufsicht Säule-2-Empfehlungen für das Risiko einer übermäßigen Verschuldung aus. Empfehlungen sind anders als Anforderungen nicht rechtsverbindlich, die Aufsicht erwartet aber, dass sie eingehalten werden.

Weiter Mängel in Governance

Qualitative Maßnahmen legte die Aufsicht den Banken vor allem wegen Schwächen in der Governance, wegen Kreditrisiken und einer mangelnden Kapitalausstattung auf, wie Enria ausführte. Der Governance müssten sich die Banken weiterhin besonders intensiv widmen, hieß es weiter, seien doch drei von vier Instituten Maßnahmen nahegelegt worden, um Defizite zu beheben.

Auch hätten Maßnahmen im Zusammenhang mit dem Liquiditätsrisiko und dem Zinsänderungsrisiko deutlich zugenommen. Ein Schwerpunkt im SREP habe darauf gelegen, Gründen für schwache Geschäftsmodelle auf den Grund zu gehen. Als solche seien schlechte strategische Planung und unzureichende Diversifizierung ausgemacht worden, die durch Schwächen in der internen Governance noch verstärkt würden.

Durchschnittsnote stabil

Die Bankenaufsicht beurteilt im SREP erstens die Geschäftsmodelle der überwachten Banken, zweitens die Governance und das Risikomanagement, drittens die Kapitalrisiken und viertens Liquiditäts- und Refinanzierungsrisiken. Jede dieser Kategorien benotet sie mit einem Scorewert von 1 bis 4 (gut bis schlecht), woraus wiederum ein Gesamtscore erstellt wird. Je nach Scorewert verhängt die EZB institutsspezifische Kapitalaufschläge, die über die für alle Banken geltenden Mindestanforderungen (Säule 1) hinausgehen. Auch macht die EZB qualitative Vorgaben, die Banken abarbeiten müssen.

Die von der EZB vergebenen SREP-Scorewerte seien seit Jahren stabil, sagte Enria. Der Gesamtscore liegt demnach aktuell wie im Jahr 2015 bei 2,6. Die meisten Banken (71%) konnten ihre jeweilige Bewertung auf Jahressicht halten.

Als Aufsichtsprioritäten für den Zeitraum 2024 bis 2026 hat sich die EZB die Verbesserung der Widerstandsfähigkeit gegen makrofinanzielle und geopolitische Schocks auf die Fahnen geschrieben, schnellere Behebung von Defiziten in der Governance und beim Management von Umweltrisiken sowie die digitale Transformation der Banken.

Kommentar Seite 1

Europas Banken haben sich nach Auffassung der EZB-Bankenaufsicht in einem wirtschafts- wie geopolitisch diffizilen Umfeld wacker geschlagen. Zugleich warnt die Aufsicht vor Abwärtsrisiken und sieht weiter deutliche Mängel in der Governance. Die vorzuhaltenden Kapitalpuffer steigen 2024 leicht.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.