Banken mühen sich mit Hochrisiko-Kunden

"Politisch exponierte Personen" gelten als korruptionsanfällig und erfordern höchste Wachsamkeit bei Geldwäscheprävention

Banken mühen sich mit Hochrisiko-Kunden

Spitzenpolitiker und andere Top-Entscheider stellen Finanzinstitute vor komplexe Herausforderungen in der Compliance. Drei von vier Bankern stufen diesen Kundenkreis als außerordentlich herausfordernd ein, gilt er doch als besonders anfällig für Korruption und damit als Gefahr für die Geldwäscheabwehr der Banken. Von Tobias Fischer, FrankfurtDie Compliance-Risiken, die von korrupten Entscheidungsträgern und ihrem Umfeld ausgehen können, bereiten den Verantwortlichen in den Finanzinstituten zunehmend Sorge. Zu diesen sogenannten politisch exponierten Personen (PEP) zählt die 4. Geldwäscherichtlinie der EU zum Beispiel Staats- und Regierungschefs, führende Parteipolitiker, Minister, Staatssekretäre, hochrangige Militärs, Diplomaten und Richter, Zentralbanker und Führungskräfte in staatlich kontrollierten Unternehmen. Für Finanzinstitute birgt dieser Personenkreis erhebliche Risiken, wird er doch als mit hohem Geldwäscherisiko behaftet eingestuft, weil von einer erhöhten Gefahr von Korruption oder Veruntreuung auszugehen sei, wie die Finanzaufsicht BaFin schreibt.In der Studie “Financial Crime involving Political Exposed Persons (PEP)” des Strategieberaters Alix Partners stufen 72 % der befragten Finanzmanager und Compliance-Experten von 372 Finanzinstituten aus 71 Ländern die strategische und operative Dringlichkeit des Themas als besonders hoch und zudem als “sehr bzw. ziemlich herausfordernd” ein. Zum einen ist die Frage, wer genau zu diesem Personenkreis gehört, schwierig zu beantworten, zum anderen ist die Datenflut bei der Prüfung von Kunden kaum mehr zu überblicken. Zudem sind PEPs mit erhöhtem Prüfaufwand verbunden. “Die Geldwäscherichtlinie gibt vor, dass politisch exponierte Personen als Hochrisikokunden angesehen und deshalb zusätzliche Prüfungen bei ihnen vorgenommen werden müssen”, umreißt Florian Seiferlein von Alix Partners die Pflichten von Banken im Umgang mit PEPs. “Sie sind durch ihre Führungs- und Machtposition in einer anderen Ausgangslage als andere Kunden.” Von den geschätzt bis zu 2 Bill. Dollar, die jedes Jahr weltweit gewaschen würden, stehe ein “substanzieller Anteil” in Verbindung mit Politikern – oft aus Schwellenländern – und deren näherem Umfeld, heißt es in der Analyse. Regulatoren erwarten mehrLaut BaFin gehört es zu den zentralen Pflichten einer Bank festzustellen, ob es sich bei dem Kunden, der gegebenenfalls für ihn auftretenden Person und einem eventuell abweichenden wirtschaftlich Berechtigten um eine politisch exponierte Person, um ein Familienmitglied einer solchen oder um eine ihr bekanntermaßen nahestehende Person handelt. Die Finanzaufsicht bezieht sich dabei auf das Geldwäschegesetz. “Die Kriterien, wer als politisch exponierte Person gilt, sind irgendwann unscharf”, sagt Veit Bütterlin, der wie sein Kollege Seiferlein Geldwäsche-Experte bei Alix Partners und Co-Autor der aktuellen Studie ist, gegenüber der Börsen-Zeitung. Banken seien deshalb angehalten, selbst nachvollziehbare Definitionen für PEPs zu bilden. Um die Geschäftsbeziehungen zu ihnen zu überwachen, sollten sie auf Sanktionslisten und – selektiert – Medienberichte zurückgreifen und intern wie extern verfügbare Daten miteinander in Beziehung setzen, rät Bütterlin. “Manche Banken gehen hier bereits von der Automatisierung wichtiger Abläufe zur künstlichen Intelligenz über – dieser Weg ist unaufhaltbar, weil immer mehr Daten verfügbar sind und die Erwartungshaltung der Regulatoren steigt.” Finanzinstitute müssten sich von dieser Seite auf noch mehr Verpflichtungen einstellen: “Bei den Banken beobachten wir seit Jahren, dass nicht nur der regulatorische Druck steigt, sondern auch die Verpflichtungen immer weitergehen und anspruchsvoller werden.”Bütterlin und Seiferlein erkennen einen klaren Zusammenhang zwischen Briefkastenfirmen und Geldwäsche. Zwar sind solche Firmen nicht per se illegal, aber sie würden häufig dafür genutzt, mutmaßlich veruntreute Staats- und Bestechungsgelder zu waschen und außer Landes zu schaffen oder Wirtschaftssanktionen zu umgehen. Alix Partners hat in der Studie mehr als 600 000 identifizierte Tarn- und Briefkastenfirmen berücksichtigt, von denen der Großteil in Steueroasen wie den Bahamas, den British Virgin Islands oder in Panama registriert ist (s. Grafik). Die vor drei Jahren enthüllten Panama Papers, Unterlagen der panamaischen Kanzlei Mossack Fonseca, zeigten, dass 140 Staatsoberhäupter, ihre Ehepartner, aber auch Minister und andere Amtsträger aus mehr als 50 Ländern Verbindungen zu Briefkastenfirmen hatten. Letztere spielten auch im Skandal um den malaysischen Staatsfonds 1MDB eine Rolle, der die US-Bank Goldman Sachs in Erklärungsnot bringt.Wenn Banken PEPs überprüfen, sollten sie nicht nur auf hohe Bargeldabhebungen und darauf achten, wo und wofür diese Geld ausgeben, sondern auch auf etwaige Diskrepanzen zwischen Einkommenshöhe und Ausgaben. Gewaschene Gelder würden gerne in Luxusgüter wie Uhren, Autos, Kunstwerke und Schmuck investiert. Hoch im Kurs stehen auch deutsche Immobilien, da “zahlreiche gesetzliche Schlupflöcher” zum Einsatz dubiosen Geldes aus dem Ausland einlüden, schreiben die Autoren. “15 bis 30 % aller kriminellen Vermögenswerte in Deutschland sind schätzungsweise in Immobilien investiert.”