Risikomanagement

Banken nehmen nichtfinanzielle Risiken verstärkt in den Blick

Der Blick auf Klimawandel, Cyberbedrohungen, Finanzkriminalität und rechtliche Fragen ist für Banken immer wichtiger geworden. Diese Risiken müssen gemeinsam mit Markt-, Liquiditäts- und Kreditrisiken betrachtet werden.

Banken nehmen nichtfinanzielle Risiken verstärkt in den Blick

fir Frankfurt

Entscheidungsträger in Banken richten einer PwC-Studie zufolge ihren Blick verstärkt auf nichtfinanzielle Risiken, die beispielsweise dem Klimawandel, den Cyberbedrohungen, der Finanzkriminalität oder rechtlichen Fragen entstammen. Zwar blieben finanzielle Risiken immer ein Grund zur Sorge, doch seien die Banken durch gestärkte Kapital- und Liquiditätspolster wesentlich besser als früher gegen Markt-, Liquiditäts- und Kreditrisiken gewappnet, heißt es in der Studie „Risk Management 2025 and beyond“.

Weniger gut im Griff haben die Finanzinstitute demnach hingegen die nichtfinanziellen Risiken. „Die fortschreitende Globalisierung und Digitalisierung der Finanzwirtschaft erhöhe das Schadenpotenzial gegenüber früher deutlich. „Letztlich hängt die Existenz einzelner Finanzinstitute, aber auch die Finanzstabilität insgesamt maßgeblich von der Beherrschung der nichtfinanziellen Risiken ab“, sagt Sami Khiari, Partner und Experte für Risikosteuerung bei PwC Deutschland, zur Börsen-Zeitung. Da die Bedrohungen in der Welt zunehmen und komplexer werden, ist es PwC zufolge nur eine Frage der Zeit, bis Banken, sofern noch nicht geschehen, gezwungen seien, sich mit den Gefahren auseinanderzusetzen – seien es Terror, Cyberkriminalität, geopolitische Instabilitäten oder Naturkatastrophen.

Betrieb aufrechterhalten

Der Großteil der von der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft befragten 80 Risikomanager aus 60 internationalen Banken sehe wesentliche Herausforderungen darin, die operative Resilienz zu stärken. In zwei von drei Banken hat demnach in den nächsten drei Jahren die Veränderung des Fokus hin zu nichtfinanziellen Risiken Priorität. „Bei operativer Resilienz geht es nicht darum, Gefahren im Vorhinein abzuwehren“, führt Khiari aus. Ziel sei vielmehr, für den Fall des Falles gewappnet zu sein und sicherzustellen, dass wesentliche Wertschöpfungsketten für Kunden und Gegenparteien mit einem Mindestmaß erhalten blieben.

Angesichts des Outsourcings von Aufgaben und Bereichen an externe Dienstleister stelle sich die Frage, wie Banken Risiken steuern sollen, die nicht in der eigenen Organisation liegen. Das werde die Institute nicht dazu be­wegen, von Auslagerungen abzulassen, glaubt Khiari. Seiner An­sicht nach wird der Anteil des Outsourcings sogar weiter zunehmen. „Es geht mehr um die integrierte Steuerung der Risiken, die sich aus den Auslagerungen ergeben. Das fängt schon mit dem Bewusstsein und der Risikokultur in den Instituten an“, sagt Khiari. „Insgesamt wird das Thema ,Operational Resilience‘ somit eine Kernfrage für die Banken.“

Als größte Bedrohungen für die Finanzbranche werden der Erhebung zufolge Cyber- und Nachhaltigkeitsrisiken (je 77%) sowie zunehmende Regulierung (62%) erachtet. Häufig genannt würden zudem Betrug, Geldwäsche und Risiken durch die Auslagerung von Dienstleistungen. Befeuert werde diese Verschiebung des Blickwinkels von finanziellen zu nichtfinanziellen Gefahren durch die Erfahrungen mit der Pandemie sowie den Baseler Ausschuss, heißt es in der Studie.

Der internationale Regelsetzer hatte vor einem Jahr zwei Papiere zur Konsultation gestellt, um frühere Publikationen zu operationellen Risiken zu straffen sowie weitere Risiken und Erkenntnisse aus der Coronakrise zu berücksichtigen. Der Baseler Ausschuss möchte darauf aufbauen, um die operationelle Widerstandsfähigkeit der Banken gegenüber Ereignissen im Zusammenhang mit Risiken wie Pandemien, Cyberattacken oder Naturkatastrophen zu erhöhen.

Wichtige Managementaufgabe

Diese Entwicklungen, die Nutzung neuer Technologien wie KI-basierter Lösungen und die Notwendigkeit, stärker als bisher zukunftsgerichtet statt vergangenheitsgewandt zu agieren, bedeuteten einen grundlegenden Wandel für das Risikomanagement, schreiben die Studienautoren Johannes Göldner und Ajay Raina. Risikomanager, die in den von PwC befragten Instituten 2 bis 4% der gesamten Belegschaft ausmachen, könnten in Zukunft Banken Wettbewerbsvorteile erbringen, indem sie die Einführung von Technologien vorantrieben, die Risikokultur verbesserten und Kosten senkten, heißt es.

Dennoch unterliegt auch das Risikomanagement angesichts von Niedrigzins und scharfem Wettbewerb hohem Kostendruck. Anstelle eines Stellenaufbaus rechnet PwC mit dem Verschieben von Kapazitäten. Personal, dessen Aufgaben durch Rationalisierung und Automatisierung zu­mindest partiell entfallen, könnte an anderer Stelle eingesetzt werden. Zu beobachten sei eine Tendenz zur Höherqualifizierung, zu mehr Fortbildung und verstärkter Zusammenarbeit mit Mitarbeitern in anderen Ab­teilungen der Bank, die über für die Risikobeurteilung relevantes Spezialwissen verfügen.

Aktuell fokussierten sich im Schnitt zwischen 60 und 70% der Mitarbeiter im Risikomanagement auf finanzielle Risiken und etwa 10 bis 20% auf nichtfinanzielle. Der Rest widme sich z.B. Risikodaten, Modellmanagement oder IT. PwC geht davon aus, dass der Anteil der auf nichtfinanzielle Risiken spezialisierten Mitarbeiter bis 2025 auf mehr als 30% steigen wird.