Banken schlagen in Coronakrise Alarm - Aufsicht erwägt Kapitalerleichterung

DIW-Chef Fratzscher äußert Vorbehalte gegenüber einer Zinssenkung der EZB am Donnerstag

Banken schlagen in Coronakrise Alarm - Aufsicht erwägt Kapitalerleichterung

bn/ms Frankfurt – Deutschlands Finanzaufsicht denkt über Erleichterungen für Banken nach, um auf diese Weise die Folgen der Corona-Epidemie auf den Finanzsektor und auf die Wirtschaft zu dämpfen. Wie Bloomberg am Dienstag unter Berufung auf informierte Personen meldete, hat der Ausschuss für Finanzstabilität (AFS) am Montag über eine Reduktion des antizyklischen Kapitalpuffers beraten. Diesen hatte die Aufsicht erst im Mai vergangenen Jahres aktiviert und auf 0,25 % der Risikoaktiva festgelegt, was für die deutschen Kreditinstitute mit der Verpflichtung verbunden war, binnen Jahresfrist 5,3 Mrd. an zusätzlichem Kernkapital aufzubauen.Bereits vor dem Wochenende hatte die Mitglieder des Gremiums ein Schreiben des Bundesverbands deutscher Banken (BdB) erreicht, in welchem die privaten Banken der Republik umfangreiche Erleichterungen durch Aufsicht, Regulierung und Geldpolitik im Kampf gegen die Krise einfordern. Konkret regt der Verband unter anderem an, die bilanziellen Vorgaben zur Bildung von Risikovorsorge sowie die regulatorische Definition von Ausfällen “flexibler” zu handhaben, weitere Kapitalanforderungen neben dem antizyklischen Kapitalpuffer zu reduzieren und “alle weiteren geplanten Kapitalbelastungen” vorerst auszusetzen. Die Notenbank solle Abschläge auf bei ihr hinterlegte Sicherheiten verringern und den Zugang zu einem langfristigen Refinanzierungsgeschäft (TLTRO3) eröffnen. Im Zuge der Coronakrise müsse damit gerechnet werden, dass der Liquiditätsbedarf der Banken infolge von “erheblichen Störungen in den operativen Cash-flows” von Unternehmen “insgesamt massiv steigen wird”, schreibt der BdB.Damit nehmen die Forderungen der Branche nach einer Lockerung von Regularien im Lichte der Krise zu. Vor Tagen hatte sich bereits der italienische Bankenverband dafür starkgemacht, die aufsichtlichen Vorgaben zum Umgang mit notleidenden Krediten zu lockern. Politisch ist der Vorstoß für den deutschen Bankenverband, aber erst recht für Politik und Aufsicht heikel. Schließlich musste die Politik erst vor zwölf Jahren Banken mit großem Aufwand an Steuergeld stabilisieren. Die European Banking Authority (EBA) hingegen schließt in Anbetracht der Krise Änderungen am bzw. einen Verzicht auf den diesjährigen Bankenstresstest nicht mehr aus.Unterdessen äußern Ökonomen vor der morgigen EZB-Zinssitzung Vorbehalte gegenüber einer neuerlichen Zinssenkung. “Eine weitere Absenkung des Einlagezinses sehe ich als weniger potent an”, sagt der Chef des Wirtschaftsforschungsinstituts DIW, Marcel Fratzscher, im Interview der Börsen-Zeitung: “Ich sehe vor allem verbesserte Liquiditätshilfen für kleine und mittlere Unternehmen als die höchste Priorität für die EZB-Geldpolitik.” Märkte preisen Zinsschritt einDie Euro-Währungshüter beraten morgen im Zeichen des Coronavirus und stehen unter Druck. An den Märkten ist nun eine Absenkung des negativen Einlagenzinses von aktuell -0,5 % tief in den negativen Bereich auf -0,6 % nahezu eingepreist – neben der Erwartung an weitere Hilfen wie Liquiditätsspritzen an kleine und mittlere Unternehmen.Gestern Abend erklärte EU-Ratspräsident Charles Michel nach der Videokonferenz der Staats- und Regierungschefs, zur Eindämmung der wirtschaftlichen Folgen des Coronavirus wolle sich die EU nun insbesondere mit den Auswirkungen auf die Liquidität, die Unterstützung von KMU und bestimmten betroffenen Sektoren befassen. “Eine flexible Anwendung der EU-Vorschriften, insbesondere in Bezug auf staatliche Beihilfen sowie den Stabilitäts- und Wachstumspakt, ist erforderlich.”