Banken sind alarmiert über Basel-IV-Folgen

Inflation der Risikoaktiva um 25 bis 30 Prozent - Baseler Ausschuss soll Zusagen einhalten - EU-Institute geschlossen in Ablehnung geplanter Vorgaben

Banken sind alarmiert über Basel-IV-Folgen

Europa zeigt Einigkeit bei der Ablehnung der Basel-IV-Vorgaben. Das ist auch bitter notwendig bei dem, was sie an Lasten für die EU-Banken in sich bergen.bg Frankfurt – Den deutschen Banken droht bei den für Ende November geplanten finalen Vorschlägen des Baseler Ausschusses zu den Basel-IV-Regeln eine signifikante Inflation der Risikoaktiva, wenn es beim derzeitigen Stand der Verhandlungen bleibt. Michael Kemmer, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands deutscher Banken (BdB), und VÖB-Geschäftsleitungsmitglied Lothar Jerzembek nannten anlässlich der Vorstellung einer KPMG-Umfrage zur Zukunft der Bankenregulierung einen Wert von 30 % für deutsche Banken, während sich für US-Institute eine Nullentwicklung bei den risikogewichteten Aktiva (RWA) ergebe.Kemmer zufolge bilden die Banken auf europäischer Ebene eine geschlossene Front in ihrer Ablehnung zu den Positionen des Baseler Ausschusses, woran man ablesen könne, wie wichtig das Thema sei. Was die europäischen Banken so echauffiert, ist, dass der Baseler Ausschuss eigentlich zugesagt hat, die Vorgaben so zu gestalten, dass es zu keiner signifikanten RWA-Inflation kommt. Diese Diskrepanz hat inzwischen auch die Politik auf den Plan gerufen, die sich in Person der EU-Finanzminister äußerst kritisch zu den Plänen des Baseler Ausschusses geäußert hat, die Reformen dürften keine Benachteiligungen für die europäischen Banken mit sich bringen.Der auch für die Finanzmärkte zuständige EU-Kommissionsvize Valdis Dombrovskis war beim Ecofin Mitte Oktober ungewohnt deutlich geworden in Ablehnung der Baseler Positionen. Seitdem waren aus Brüssel auch Stimmen durchgedrungen, dass man notfalls die als Basel IV bekannte Weiterentwicklung der Basel-III-Vorgaben schlicht und einfach nicht umsetzen werde, wenn es bei der sich konturierenden Risikoinflation bliebe – ein solches Verhalten wäre ein Affront im Ringen der Wirtschaftsräume.Michael Kemmer will eine solche Boykotthaltung seitens der EU auch gar nicht ausschließen, es sei legitim, beim Abstecken der Verhandlungspositionen auch “mit der Keule zu winken”. Allerdings wäre eine harte Ablehnung in Verbindung mit dem bereits stattfindenden Trend zur Renationalisierung “ein verheerendes Signal”. Er glaubt, dass es Sinn macht, an den Grundzügen eines internationalen Level Playing Field festzuhalten. Außerdem sei es machbar, die Unterschiede zwischen den USA und Europa im Regelwerk abzubilden, ohne dass es zu Benachteiligungen komme.Die Erwartungshaltung der deutschen Kreditwirtschaft ist jedenfalls klar: Sie will den Baseler Ausschuss darauf festnageln, dass es zu einer nichtsignifikanten Erhöhung der Kapitalvorgaben kommt. Kemmer berichtete, dass Bundesbank-Vorstand Andreas Dombret, der die deutschen Interessen im Baseler Ausschuss vertritt, sich intern so geäußert habe, dass nichtsignifikant “close to zero” bedeute. Und die deutschen Banken scheinen nicht gewillt zu sein, ein Ergebnis zu akzeptieren, das weit entfernt von dieser Zielvorgabe liegt.Im Kern drehen sich die Baseler Streitigkeiten um die Verwendung interner Modelle zur Bestimmung der RWA, was mit Basel IV eingeschränkt würde, da Standardmodelle verstärkt Einsatz finden würden. Weniger Risikosensitivität würde dann die RWA nach Berechnungen von EBA (European Banking Authority) und VÖB um 25 bis 30 % nach oben treiben. Kemmer und Jerzembek plädieren für einen Erhalt der internen Modelle, es dürfe zu keiner substanziellen Einschränkung bei der Verwendung kommen, auch, da mit den Standardmodellen ein Herdentrieb verbunden sei. Zudem seien die Abweichungen interner Modelle alle erklärbar, die Lösung liege in der Vereinheitlichung einiger Parameter. KPMG-Partner Matthias Mayer erinnerte daran, dass die Idee für die aufsichtliche Genehmigung interner Modelle deren Verwendung in der Risikosteuerung war.Wie in dem Pressegespräch deutlich wurde, hat die von mehreren Aufsichtsbehörden ausgehende Flut an mitunter widersprüchlichen Vorschriften eine erhebliche Erschwernis der Bankensteuerung verursacht. Dazu gehört das Auseinanderklaffen von bilanziellen und prudentiellen Bilanzansätzen, es kommt zu Mindestvorgaben, die auch noch interdependent sind. Resultat ist eine Matrix, die ein ständiges Lavieren in den Steuerungskreisen nach ökonomischen und regulatorischen Risiken verlangt.Mit der Studie, für die Interviews mit 24 Banken geführt wurden, verknüpft KPMG einen Katalog von zwölf Vorschlägen zur Weiterentwicklung der Bankenregulierung (siehe Tabelle). Die Erkenntnisse aus der Studie sind auch Bundesbank und BaFin vorgelegt worden, die jeweils Stellung bezogen haben zu den Punkten der Diskussion. Die deutschen Aufseher unterstützen zum Beispiel Überlegungen eines vereinfachten Regulierungsregimes für kleine Banken.