BREITE REAKTIONEN AUF PANAMA PAPERS

Banken verweisen auf längst geänderte Verfahren

Institute verlangen inzwischen von Kunden Nachweis, dass angelegte Gelder steuerlich in Ordnung sind

Banken verweisen auf längst geänderte Verfahren

Reuters/dpa-afx Berlin – Als Konsequenz aus der Enthüllung von Tausenden Briefkastenfirmen in Panama soll die Finanzaufsichtsbehörde BaFin nach Informationen aus Finanzkreisen einzelnen Banken bereits Fragen zu ihren Offshore-Geschäften gestellt haben. Weitere Untersuchungen seien möglich. Eine Behördensprecherin hielt sich zu dem Thema aber bedeckt. Die Staatsanwaltschaft München I kündigte unterdessen an, die Verwicklungen der Bayerischen Landesbank (BayernLB) in die Geschäfte zu prüfen. Es gehe darum herauszufinden, ob verfolgbare Straftaten vorlägen, sagte Oberstaatsanwalt Thomas Steinkraus-Koch. Erst wenn dem so sein sollte, würden Ermittlungen eingeleitet. Anzeigen seien nach den Berichten über die Panama Papers bislang keine eingegangen.Nach den seit Sonntagabend bekannten Recherchen Dutzender Medien haben Banken eine Schlüsselrolle beim Vertrieb von Briefkastenfirmen gespielt, in denen Politiker, Prominente und Sportler Geld versteckt haben sollen. Die Recherchen basieren auf einem Datenleck bei der panamaischen Wirtschaftskanzlei Mossack Fonseca. Ob die damit bekannt gewordenen Geschäftstätigkeiten unrechtmäßig sind, ist bislang unklar.Laut “Süddeutscher Zeitung” (SZ) sollen mindestens 28 deutsche Banken in den vergangenen Jahren die Dienste dieser Kanzlei genutzt haben. Insgesamt hätten allein die deutschen Banken bei dem Offshore-Dienstleister mehr als 1 200 Briefkastenfirmen gegründet oder diese für ihre Kunden verwaltet. Weltweit sollen gut 500 Banken den Dokumenten zufolge in den vergangenen Jahren mit Hilfe der Kanzlei mehr als 15 600 Briefkastenfirmen an ihre Kunden vermittelt haben. Die “Süddeutsche Zeitung” und das International Consortium of Investigative Journalists (ICIJ) hatten rund 214 000 Firmen enthüllt, die die Anwaltskanzlei Mossack Fonseca in Panama für Kunden auf der ganzen Welt gegründet hat.Die BayernLB prüft in diesem Zusammenhang nach eigenen Angaben auch selbst, ob ihre frühere Luxemburg-Tochter in sogenannte Offshore-Geschäfte verwickelt war. “Sollten sich Hinweise auf Gesetzesverstöße ergeben, geht die BayernLB diesen generell konsequent nach”, erklärte das Institut. Laut SZ soll die vor Jahren verkaufte Tochter Banque LB Lux 129 Briefkastenfirmen verwaltet haben. Ob diese in die Gründung von Offshore-Gesellschaften eingebunden gewesen sei, “können wir zum jetzigen Zeitpunkt aufgrund des Luxemburger Bankgeheimnisses nicht nachvollziehen”, erklärte die Landesbank. Dem Unternehmen lägen “keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der heutige BayernLB-Konzern in derartige Geschäfte involviert ist”.Für die Deutsche Bank listet die SZ 426 solcher Briefkastenfirmen auf. Die Deutsche Bank wollte sich nicht zu Kundenbeziehungen äußern. Sie verwies allerdings erneut auf ein inzwischen verbessertes “Kundenannahmeverfahren”. “Wir überprüfen, mit wem wir Geschäfte machen, und stellen sicher, dass unsere Richtlinien, Verfahren und Systeme so gestaltet sind, dass sie alle relevanten Gesetzen und Regularien befolgen”, erklärte eine Sprecherin.Im vergangenen Jahr hatten die HypoVereinsbank, die HSH Nordbank und die Commerzbank bereits millionenschwere Bußgelder gezahlt. Sie sollen Kunden geholfen haben, Scheinfirmen in Überseegebieten wie Panama zu eröffnen und so Vermögen vor den Steuerbehörden zu verstecken. Die Behörden waren ihnen auf die Spur gekommen, nachdem Nordrhein-Westfalen eine Steuer-CD angekauft hatte. Schon 2008 umgesteuertDamit sei das Thema für die Commerzbank abgeschlossen, sagte ein Banksprecher nun. Er betonte, dass die betroffene Luxemburger Tochtergesellschaft schon 2008 “komplett umgesteuert” habe. Seitdem hätten Kunden nachweisen müssen, dass die angelegten Gelder steuerlich in Ordnung seien. Wer das nicht konnte, dem sei gekündigt worden. Für die Commerzbank listet die SZ nach den aktuellen Recherchen 101 Briefkastenfirmen und weitere 333 bei der 2008 übernommenen Dresdner Bank auf.Der Chef der Schweizer Großbank Credit Suisse, Tidjane Thiam, wies Vorwürfe zurück, dass sein Institut Kunden aktiv bei der Steuerhinterziehung helfe. Die Schweizer Großbank sei nur auf gesetzeskonforme Vermögen aus, sagte Konzernchef Tidjane Thiam. “Als Unternehmen, als Bank fördern wir den Einsatz von Strukturen nur, wenn ein legitimer wirtschaftlicher Zweck vorliegt.” Thiam räumte ein, dass Credit Suisse Finanzkonstrukte einsetze, aber nur bei reichen Kunden mit Vermögenswerten in mehreren Rechtsräumen. Die Bank helfe nicht bei Steuerhinterziehung und bestehe darauf, die wirtschaftlich berechtigten Personen hinter den Vehikeln zu kennen. Die britische Großbank HSBC erklärte, die Dokumente datierten auf die Zeit vor einer grundlegenden Überarbeitung ihres Geschäftsmodells.Weltweit haben die Panama Papers Politiker, Prominente und Banken in Erklärungsnot gebracht. Argentiniens Präsident Mauricio Macri wies den Verdacht zurück, er habe eine Scheinfirma betrieben. Macri sah sich zu der Erklärung genötigt, die von ihm genutzte Firma in Panama habe den Zweck gehabt, in Brasilien zu investieren. Er selbst sei für die Firma tätig gewesen: “Da ist nichts Seltsames dran.”In der Ukraine kündigte der Chef der Steuerbehörde, Roman Nasirow, an, die Finanzen von Präsident Petro Poroschenko zu überprüfen. Die Staatsanwaltschaft in Kiew hatte hingegen am Montag signalisiert, sie könne auf Basis der Veröffentlichungen kein Fehlverhalten feststellen.In Ungarn hat der sozialistische Politiker Laszlo Boldvai seine Parteimitgliedschaft auf Eis gelegt. Boldvai war in den neunziger Jahren Schatzmeister der Ungarischen Sozialistischen Partei (MSZP) und bis 2014 Parlamentsabgeordneter. Den Panama Papers zufolge verfügte seine Frau über zwei nicht deklarierte Offshore-Firmen auf der Pazifikinsel Samoa sowie über ein Konto bei einer Zürcher Privatbank, von dem Geld zu den Firmen floss. Boldvai habe die Informationen bestätigt, seine Mitgliedschaft in der Partei ausgesetzt und alle Parteiämter niedergelegt, berichtete das Internetportal index.hu. Auch in der Welt des Sports sorgten die Panama Papers für Wirbel. Der Anwalt des suspendierten UEFA-Präsidenten Michel Platini sagte der Zeitung “Le Figaro”, dessen Panama-Konto sei in der Schweiz korrekt angemeldet worden. Islands Premier tritt zurückIn Island haben die Panama Papers eine Regierungskrise ausgelöst. Ministerpräsident Sigmundur David Gunnlaugsson ist von seinem Amt zurückgetreten. Er verlor die Unterstützung seines Koalitionspartners, nachdem bekannt geworden war, dass seine Frau über eine Briefkastenfirma Anteile an 2008 kollabierten isländischen Banken gehalten hat. So taucht Gunnlaugsson als Ex-Anteilseigner der Firma seiner Frau auf. Nachdem er 2009 ins Parlament gewählt worden sei, habe er ihr die Anteile aber für einen Dollar verkauft.In Großbritannien forderte die Opposition Premierminister David Cameron auf, stärker gegen Steuerhinterziehung in britischen Territorien wie den Virgin Islands, Cayman Islands oder den Kanalinseln vorzugehen. Auf der Kundenliste der Kanzlei in Panama steht auch der verstorbene Vater Camerons.In China beschränkten die Behörden die Berichterstattung. Den Recherchen eines Journalistennetzwerkes zufolge haben auch Verwandte von Präsident Xi Jinping Briefkastenfirmen in Mittelamerika genutzt. Auch andere aktuelle oder frühere Spitzenpolitiker Chinas finden sich der SZ zufolge ebenfalls in den elf Millionen Dokumenten. Außenamtssprecher Hing Lei sprach von “grundlosen Anschuldigungen”. In Staatsmedien wurde kaum über die Panama Papers berichtet. Internetsuchen nach Artikeln ausländischer Medien liefen ins Leere.