„Bankenfusionen sind langwierig“
Im Gespräch: Hans Hanegraaf
„Bankenfusionen sind langwierig“
Deutschlandchef von ABN Amro steht im engen Austausch mit dem CEO von Hauck Aufhäuser Lampe – Übernahme verläuft nach Plan
Von Anna Sleegers, Frankfurt
Fast ein Dreivierteljahr ist vergangen, seit der niederländische Finanzkonzern ABN Amro angekündigt hat, die Privatbank Hauck Aufhäuser Lampe (HAL) zu unternehmen und mit der Bethmann Bank zusammenzulegen. Die gut betuchten Kunden hätten die Pläne gelassen bis positiv aufgenommen, ist bei beiden Instituten zu hören. Dem Vernehmen nach können sie allerdings auch auf ein Jahr mit erfreulicher Investmentperformance verweisen. Und auch die prominente Leerstelle auf der Pressekonferenz zu den Fusionsplänen im vergangenen Sommer scheint nicht von bleibenden Schäden zu zeugen. „Seither sprechen der HAL-CEO Michael Bentlage und ich jede Woche miteinander", sagt Hans Hanegraaf, Deutschland-Chef von ABN Amro, im Gespräch mit der Börsen-Zeitung.
Komplexer Zusammenschluss
Vor dem im zweiten Quartal geplanten Closing dürfte er viele Details aus aufsichts- und wettbewerbsrechtlichen Gründen allerdings noch nicht mit Bentlage teilen. Die mit Blick auf die Wettbewerbssituation zuständige EU-Kommission hat zwar schon grünes Licht gegeben, doch das Inhaberkontrollverfahren läuft noch. Neben der für ABN Amro zuständigen Bankenaufsicht bei der Europäischen Zentralbank (EZB) und der niederländischen Bankenaufsicht muss auch die für Hauck Aufhäuser Lampe zuständige BaFin das Vorhaben genehmigen. „Bankenfusionen sind langwierig", sagt Hanegraaf. „Unser Fall ist besonders komplex, weil die künftige Organisation neben dem Zusammenschluss in Deutschland auch in die länderübergreifende Struktur der ABN-Amro-Gruppe passen soll.“
Organisatorische Trennung in Luxemburg
Auch auf Seiten des Verkäufers gibt es einiges zu tun. Denn ABN Amro kauft mit dem Verwahrgeschäft nur eine der Einheiten des in Luxemburg angesiedelten Asset Servicing. Hauck & Aufhäuser Fund Services (HAFS) sowie deren Tochtergesellschaften Hauck & Aufhäuser Administration Services (HAAS) und HAL Fund Services Ireland (HALFI) verbleiben beim chinesischen Fosun-Konzern. Die Trennung muss organisiert werden und auch hier haben die Aufsichtsbehörden ein Wörtchen mitzureden.
Wirkliche Arbeit kommt erst noch
Wenn der Kaufpreis von 672 Mill. Euro fließt und die Aktien übertragen sind, fange die Arbeit erst an, sagt Hanegraaf. Denn dann gilt es, das Geschäft der beiden Institute auf die gleiche Plattform zu heben. Auf diese Weise werde ABN Amro die IT-Investitionen auf mehr Schultern verteilen, veranschaulicht er die Logik des Zusammenschlusses. Denn die Notwendigkeit, in die IT zu investieren, gilt als Haupttreiber der Konsolidierung im Private Banking. Kleinere Anbieter können hier oftmals nicht mehr mithalten, zumal insbesondere die Erbengeneration völlig andere Ansprüche an das Digitalangebot stellt und entsprechend auch von technologiegetriebenen Anbietern umworben wird.
Mit Blick auf die Höhe der IT-Investitionen geben sich die Niederländer zugeknöpft. Hanegraaf verweist in diesem Zusammenhang aber auf den Zukauf des Neobrokers Bux, mit dem ABN Amro im vergangenen Jahr sein digitales Angebot diversifiziert habe. „Am Ende geht es immer darum, unsere Bank zukunftssicher aufzustellen, für nachfolgende Generationen, aber auch im Wettbewerb mit Neobanken und -broker“, so der Banker.
Nicht bloß Private Banking
Die Ankündigung der Übernahme von Hauck Aufhäuser Lampe hatte im vergangenen Jahr für Wirbel gesorgt. Schließlich wird ABN Amro durch die Zusammenlegung des Zukaufs mit dem Geschäft der Bethmann Bank nach den beiden großen privaten Banken zur Nummer 3 im deutschen Private Banking aufsteigen. Doch Hanegraaf legt Wert darauf, dass es bei der Transaktion keineswegs nur um das Private Banking gehe. Denn auch dem Corporate Banking, das ABN Amro seit dem Markteintritt 2017 kräftig ausgebaut habe, werde der Zusammenschluss weiteren Schub verleihen. Bereits 2022 habe das einst mit einer Handvoll Berater gestartete deutsche Corporate Banking einen Sprung gemacht. Das war nach der gesellschaftsrechtlichen Verschmelzung der Bethmann Bank AG auf das übrige Deutschlandgeschäft. Die vergrößerte Bilanz erweiterte den Spielraum bei der Kreditvergabe.
Zusätzliche Ertragssäule
Diesen Effekt habe ABN Amro genutzt, um mit dem Bereich Entrepreneur & Enterprise eine weitere Ertragssäule zu schaffen. Das neue Geschäftsfeld betreue Familienunternehmen mit einem Jahresumsatz von bis zu 250 Mill. Euro. Ziel sei es, die Bedürfnisse der Eigentümer im Private Banking mit dem kleinteiligeren Corporate Banking zu verbinden. Dieses Prinzip werde auch bei Hauck Aufhäuser Lampe praktiziert, sagt Hanegraaf: „Insbesondere das Private Banking des Bankhauses Lampe in Ostwestfalen ist seit jeher auch Mittelstandgetrieben.“
Lohnende Verzahnung
Die Verzahnung lohnt sich. Denn während die Margen im Corporate Banking deutlich höher sind, kann das Private Banking damit punkten, dass es mit weniger Eigenkapital unterlegt werden muss. Gleichwohl birgt das Modell sowohl Chancen als auch Risiken.
Insbesondere dann, wenn man Private-Banking-Kunden zusätzlich für Dienstleistungen aus dem Corporate Banking gewinnen wolle. „Wenn dann ein Kredit nicht genehmigt werden kann, ist die Enttäuschung groß, was die Kundenbeziehung belasten kann“, sagt Hanegraaf. Deshalb würden spezielle Beraterteams benötigt, die in der Lage sind, den Kunden sowohl als Privatperson als auch als Unternehmer zu erfassen.
50-köpfiges Corporate-Banking-Team
Heute ist ABN Amro im deutschen Corporate Banking mit einem 50-köpfigen Team vertreten. Auch verfüge Frankfurt über ein eigenes, wenn auch begrenztes Kreditmandat. „Große Kredite stimmen wir mit unserem Headoffice in Amsterdam ab, wobei die Entscheidung selten länger als drei Tage dauert“, sagt Hanegraaf. Der Deutschlandchef von ABN Amro sitzt nach eigenen Angaben selbst des Öfteren im Credit Commitee des Finanzkonzerns.
Der Fokus der Niederländer im Geschäft mit Firmen- und institutionellen Kunden liegt auf den Bereichen Digitalisierung, Energie, Mobilität & Logistik, Financial Institutions und Ernährungswirtschaft. „Das Produktspektrum reicht von Krediten und strukturierten Finanzierungen über Transaktionsbanking bis hin zu Kapitalmarkttransaktionen und M&A-Beratung“, sagt Hanegraaf. Nachhaltigkeit sei integraler Bestandteil der Strategie von ABN Amro.
Seit der Ankündigung von ABN Amro, durch die Fusion der Bethmann Bank mit Hauck Aufhäuser Lampe die neue Nummer 3 im deutschen Private Banking zu schmieden, ist eine gefühlte Ewigkeit vergangen. Grund dafür ist der aufsichts- und wettbewerbsrechtliche Genehmigungsmarathon.