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Bankenrekapitalisierung weist den Weg aus der Euro-Krise

Börsen-Zeitung, 29.8.2013 Die Euro-Krise besteht aus einer makroökonomischen Krise, einer Staatsschuldenkrise und einer Bankenkrise, die sich gegenseitig beeinflussen und verstärken. Der Euro ist besonders für die makroökonomische Krise und die...

Bankenrekapitalisierung weist den Weg aus der Euro-Krise

Die Euro-Krise besteht aus einer makroökonomischen Krise, einer Staatsschuldenkrise und einer Bankenkrise, die sich gegenseitig beeinflussen und verstärken. Der Euro ist besonders für die makroökonomische Krise und die Bankenkrise relevant. Ein direkter Zusammenhang mit der Staatsschuldenkrise liegt hingegen nicht vor.Der Euro ist eine wesentliche Ursache der makroökonomischen Krise, denn durch die fehlende Möglichkeit einer Abwertung fallen vor allem die südeuropäischen Staaten in ihrer Wettbewerbsfähigkeit zurück. Ferner hat eine Bankenkrise unmittelbare Auswirkungen auf den Euro. Wenn Banken überschuldet sind, können sie sich normalerweise nicht mehr bei der Europäischen Zentralbank refinanzieren. Dann bricht die Liquiditätsversorgung zusammen und das Land müsste hilfsweise zu einer eigenen Währung übergehen.So ist es erstaunlich, dass die meisten Euro-Rettungsmaßnahmen bei der Staatsschuldenkrise angesetzt haben – also derjenigen Komponente des Problems, die am wenigsten mit dem Euro – aber sehr viel mit fiskalischer Disziplinlosigkeit – zu tun hat. Erst im späteren Verlauf der Krise haben die Regierungen der Eurozone erkannt, dass Banken auch direkt stabilisiert werden können – eine jedoch unpopuläre Maßnahme.Wird der Fokus auf eine Rekapitalisierung der Banken gelegt statt auf eine Staatsrettung, eröffnet sich ein echter Lösungsansatz für die Krise statt des gegenwärtigen Kurierens an den Symptomen: eine geordnete Staatsinsolvenz zur Schuldenreduzierung, eine von Eigentümern und Großgläubigern finanzierte Bankenrekapitalisierung und die Einführung einer nationalen Währung zur Wiederherstellung der preislichen Wettbewerbsfähigkeit. Geordnete StaatsinsolvenzDabei bedarf es zur Lösung der Krise zweifellos einer Entschuldung überschuldeter Staaten: durch eine “freiwillige” Restrukturierung der Schulden mit Barwertverzichten der Gläubiger oder durch explizite Zahlungsausfälle mit bestimmten Haircuts. Im Interesse der Steuerzahler müssen Privatgläubiger die Verluste, die aus ihren Anlageentscheidungen resultieren, selbstverständlich selbst tragen. Damit sich die Erfahrung des Lehman-Kollapses nicht wiederholt und sich die Krise nicht ausweitet, müssen systemrelevante Banken rekapitalisiert werden. Dazu ist zunächst das Eigenkapital der Eigentümer – bis zum völligen Verzehr – heranzuziehen. Danach müsste ein Teil der Forderungen der Bankgläubiger in junge Aktien des Unternehmens konvertiert werden (Debt-Equity-Swaps). Ausgenommen sind davon Einlagen von Nichtbanken bis 100 000 Euro und Konten, die zahlungsverkehrsbezogene Kreditlinien im Interbankenmarkt darstellen. Nur falls diese Maßnahmen für die Rekapitalisierung (Bail-in) nicht ausreichend sein sollten, muss die öffentliche Hand Kapital einschießen und die Bank (teil)verstaatlichen. Zuständig dafür ist zunächst der Staat, dessen Aufsicht die Bank unterlag, normalerweise der Sitzstaat. Sollte die Rekapitalisierung aber die finanziellen Möglichkeiten dieses Staates übersteigen, dann – und nur dann – muss die Teilverstaatlichung durch die Länder der Eurozone vorgenommen werden.Ein solches Vorgehen birgt gleich mehrere Vorteile: Erstens wäre eine deutliche Reduzierung der Staatsschuldenquote zu deutlich geringeren Kosten für die öffentliche Hand erreichbar. Denn kritisch sind jetzt nur noch die Staatsanleihen im Besitz systemrelevanter Banken. Zudem würden Verluste vorrangig von Privaten und erst nachrangig vom Staat aufgefangen werden. Zweitens besäßen die “rettenden” Staaten nach der Rekapitalisierung Eigenkapital an den geretteten Banken, das nach Überwindung der Krise zu Privatisierungserlösen führen kann. Dadurch könnte sie zumindest ein Teil des eingesetzten Geldes wieder zurückgewinnen. Drittens würden sich die rettenden Staaten nicht mehr in die Abhängigkeit von Zahlungswilligkeit und -fähigkeit der “geretteten” Staaten begeben – eine Abhängigkeit, die leicht in Erpressbarkeit ausarten kann. Viertens würde die Unsitte beendet, das Kapital vermögender Investoren zu schonen und stattdessen den Steuerzahler in die Haftung zu nehmen.Die historischen Erfahrungen mit Staatsinsolvenzen zeigen zudem, dass die Wirtschaft sich nach einer Staatsinsolvenz typischerweise überraschend schnell erholt. Die eigentliche Depression findet vor der Staatsinsolvenz statt. Dies liegt auch daran, dass private Kapitalgeber relativ schnell ihr Vertrauen zurückfinden und dem ehemals insolventen Land der Zugriff auf den internationalen Kapitalmarkt nicht sonderlich lang versagt bleibt: Das Land ist entschuldet, seine Solvenz wieder gegeben und es besteht wenig Anlass, diesem Kredite zu versagen. So verzeichnete z. B. Argentinien bereits zwei Jahre nach dem Staatsbankrott so hohe Kapitalzuflüsse, dass diese mit Kapitalverkehrskontrollen eingedämmt werden mussten. Nationale WährungDamit eine wirtschaftliche Erholung nach einer geordneten Insolvenz schneller kommen kann, wird – zunächst nur für den unbaren Zahlungsverkehr – eine nationale Währung eingeführt. Der bare Zahlungsverkehr bleibt – schon aufgrund der existenten Zahlungsinfrastruktur – vorerst in Euro. Alle inländischen Schuldverhältnisse (auch Löhne, Mieten, Renten etc.) werden per Gesetz auf nationale Währung umgestellt. Dies begründet eine Transaktionsnachfrage nach nationaler Währung, während die Wertaufbewahrungsfunktion des Geldes beim Euro bleibt. Die nationale Währung wertet – mit einem im Prinzip flexiblen Wechselkurs – gegenüber dem Euro ab. Durch die Abwertung wird die Wettbewerbsfähigkeit verbessert und der erwünschte makroökonomische Stimulus erreicht.———Prof. Dr. Bernd Lucke ist Sprecher der Partei “Alternative für Deutschland” (AfD).In dieser Rubrik veröffentlichen wir Kommentare von führenden Vertretern aus der Wirtschafts- und Finanzwelt, aus Politik und Wissenschaft. Bis zur Bundestagswahl am 22. September erscheinen an dieser Stelle Gastkommentare von Spitzenpolitikern der kandidierenden Parteien. ——–Von Bernd LuckeBankenrekapitalisierung, geordnete Staatsinsolvenz und die Einführung einer nationalen Währung hilft gegen die Krise.——-