Bankenretter verschonen Gläubiger

Studie: In acht Fällen wurde Beteiligung vernachlässigt - Negativbeispiel HRE

Bankenretter verschonen Gläubiger

jsc Frankfurt – Die Gläubiger von Banken sind im Krisenfall bislang nicht ausreichend beteiligt worden. Das berichtet das Center for Financial Studies, das acht europäische Fälle untersucht hat. Demnach ließen Regierungen ein “signifikantes Potenzial” für eine Beteiligung von Gläubigern ungenutzt und fuhren hohe Verluste ein.Besonders kritisch stuft das an der Goethe-Universität angesiedelte Zentrum die Rettung der Hypo Real Estate (HRE) ein, die kein Musterbeispiel darstelle. Das Institut, das sich mit der Übernahme der irischen Bank Depfa im Herbst 2007 verhoben hatte und im Nachklang der Lehman-Krise gerettet wurde, hat den Schätzungen zufolge zwischen 2008 und 2012 eine Kapitallücke von insgesamt 18,8 Mrd. Euro verursacht. Das Gros der Verluste verbuchte demnach die 2010 gegründete Bad Bank FMS Wertmanagement. Gläubiger hingegen häuften den Angaben zufolge lediglich einen Verlust von ungefähr 650 Mill. Euro an. Betroffen waren Genussscheine und Hybridkapital.Andere Regierungen, so schlüsselt die Studie auf, nahmen die Gläubiger zum Teil stärker in die Pflicht. So zog die niederländische Regierung Aktionäre und nachrangige Schuldner vollständig heran, nachdem sie zur Rettung der SNS Reaal Anfang 2013 ein milliardenschweres Hilfspaket lancierte. Im Falle der Amagerbanken in Dänemark und der Laiki Bank in Zypern wurden sogar höherrangige Papiere (Senior Debt) herangezogen. Eine sehr geringe Gläubigerbeteiligung stellt die Studie allerdings auch für die Aufspaltung der Dexia fest, die von den Autoren ebenfalls besonders kritisch gesehen wird. Im Falle der Anglo Irish Bank war insbesondere die schiere Größe der Kapitallücke für das Ergebnis ausschlaggebend. Chancen vertanIm Falle der Hypo Real Estate kritisiert der Bericht, dass im Zuge der Rettung weder Schulden in Eigenkapital gewandelt worden waren, noch bereits existierende Aktien, Hybridkapital und nachrangige Schulden in die FMS Wertmanagement überführt wurden. Auch habe man 2009 und 2011 die Chance verstreichen lassen, Hybridkapital zu etwa 10 bis 30 % zurückzukaufen. Ein späterer Versuch, Papiere der Depfa im Jahr 2012 zu ungefähr 30 % zurückzukaufen, sei gescheitert.Infolgedessen seien Gläubiger weitgehend verschont geblieben. Während die FMS Wertmanagement etwa den Schuldenschnitt auf griechische Staatsanleihen verkraften musste, standen Ende 2012 noch annähernd 4 Mrd. Euro an Hybridkapital und nachrangigen Schulden unter dem Dach der Hypo Real Estate Gruppe aus, wie der Bericht festhält. Auch sei den Aktionären im Zuge der Übernahme mit 1,39 Euro pro Aktie ein “eher freundliches” Angebot gemacht worden, 10 % mehr als gesetzlich vorgeschrieben.Durch die Einbeziehung nachrangiger Anleihen und Hybridkapital hingegen hätten Milliardensummen hinzugezogen werden können, wie die Autoren vermuten. In ihrer unterstellten Variante kommen sie auf 4,4 bis 4,6 Mrd. Euro. Wären außerdem auch höherrangige, unbesicherte Papiere (Senior Unsecured Debt) mit 20 % belastet worden, wären den Kalkulationen zufolge weitere 7,5 Mrd. Euro hinzugekommen. Doch trotz einer etwas höheren Gläubigerbeteiligung im EU-Ausland häuften auch andere Staaten hohe Verluste an. Den Median beziffert die Studie auf 75 % der staatlichen Hilfen. Während die Fälle der Hypo Real Estate und der Anglo Irish Bank mit hohen Verlusten auffallen, könne die niederländische Regierung mit der Rettung der SNS Reaal womöglich sogar einen Gewinn verbuchen, wie es weiter heißt.Insgesamt, so schlussfolgern die Autoren, sei eine positive Tendenz erkennbar. Je später eine Bank gerettet oder abgewickelt wurde, desto eher seien dabei auch Gläubiger beteiligt worden. Positiv falle die dänische Amagerbanken auf, die bereits 2008 und 2010 in eine Schieflage geriet. Ihren Gläubigern wurde der Löwenanteil der Verluste zugemutet. Dänemark und die Niederlande, die in der Studie lobend hervorgehoben wurden, konnten sich ebenso wie auch Spanien und Zypern auf ein im Vorfeld verabschiedetes Beteiligungsgesetz zur Bankenrettung und Abwicklung verlassen.Um Steuerzahler bei künftigen Bankenkrisen möglichst zu schonen, warnen die Autoren davor, eine Rekapitalisierung zu verzögern, damit sich Gläubiger nicht zurückziehen könnten. Aktionäre und nachrangige Gläubiger sollten keine Zahlungen von Regierungen erhalten, ebenso sollten keine Garantien für schon bestehende Anleihen ausgesprochen werden. Anstatt Schrottpapiere unter dem Dach einer Bad Bank zu lagern, favorisieren die Autoren die Einrichtung einer Good Bank. Unbesicherte Senior-Papiere, so heißt es weiter, sollten nur als letztes Mittel herangezogen werden.Die Studie dürfte frischen Wind in die Debatte über die Bankenunion auf europäischer Ebene bringen. Die derzeit verhandelten EU-Pläne sehen vor, Eigentümer, Gläubiger und Einlagen jenseits der Grenze von 100 000 Euro für die Rettung heranzuziehen. Steuerzahler sollen künftig nach Möglichkeit verschont bleiben.—– Blickfeld Seite 8