Bankenverband kontra makroprudenzielle Aufsicht

Ko-Hauptgeschäftsführer Ossig bescheinigt Aussschuss für Finanzstabilität Intransparenz

Bankenverband kontra makroprudenzielle Aufsicht

Von Bernd Neubacher, FrankfurtFür manche ist es wenig mehr als ein Spielfeld für Aufseher und Regulatoren, andere sehen in ihr einen Imperativ, gerade nachdem die Finanzkrise gezeigt hat, wie allgemeine Marktverwerfungen auch Institute, welche die Aufsicht isoliert betrachtet für stabil hält, unversehens umwerfen können. Unter dem Motto “Finanzstabilität und makroprudenzielle Politik – ein Experimentierfeld zu Lasten der Banken?” debattierten am Montagabend auf einer Veranstaltung des Bundesverbands deutscher Banken (BdB) deren Ko-Hauptgeschäftsführer Christian Ossig, Benjamin Weigert, Leiter des Zentralbereichs Finanzstabilität der Deutschen Bundesbank, sowie Loriana Pelizzon, Professorin für Law and Finance an der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt, und zwar durchaus kontrovers.Ossig warf dem Ausschuss für Finanzstabilität vor, in welchen die Bundesbank drei Vertreter entsendet, er konzentriere sich allein auf den Bankensektor und lasse etwa Assetmanager und andere Akteure des Schattenbankensektors außer Acht. Dem Gremium, das im Mai 2019 den antizyklischen Kapitalpuffer aktiviert hat, attestierte er zudem Intransparenz, was etwa Sitzungstermine angeht. Dies sei nicht geeignet, Vertrauen zu schaffen. Nicht zuletzt warf Ossig die Frage auf, ob sich die Geldpolitik nicht besser dazu eigne, um Stabilitätsrisiken zu begegnen. Derzeit bewege man sich indes in einem Umfeld, in welchem die Notenbank zu den Risiken beitrage. Weigert hielt dem entgegen, dies sei “eine sehr deutsche Perspektive”. Die Europäische Zentralbank sei für ganz Euroland verantwortlich. Zwar könne Geldpolitik bestimmten Ungleichgewichten begegnen, die für die Finanzstabilität insgesamt relevant seien. Die erste Linie der Verteidigung aber sei die makroprudenzielle Aufsicht. Weigert: “Wir müssen zu Hause handeln und können nicht der Geldpolitik die Schuld geben.” Der Ausschuss für Finanzstabilität habe seine Entscheidung zur Einführung des antizyklischen Kapitalpuffers sehr wohl kommuniziert. Allerdings müssten sich beide Seiten, das Gremium und der Markt, eventuell noch aneinander gewöhnen. Pelizzon räumte ein, makroprudenzielle Aufsicht habe Nachteile. Wer makroprudenzielle Regeln vorgebe, setze zugleich für Marktakteure Anreize, diese zum eigenen Vorteil zu nutzen, sagte sie angesichts in den Schattenbankensektor abgewanderter Risiken. Zudem seien Aufseher gerade auf nationaler Ebene politischen Einflüssen ausgesetzt. Dass sich makroprudenzielle Aufsicht gerade auf Banken auswirkt, wundert Pelizzon aber ebenso wenig wie Weigert. In der Finanzkrise seien von Banken große Verwerfungen ausgegangen, rief Weigert in Erinnerung. Und Pelizzon erklärte, Finanzstabilitätsrisiken verteilten sich gerade über Banken, selbst dann, wenn diese nicht die Verursacher seien.