BdB diskutiert Regulierung von DeFi
Der Bundesverband deutscher Banken (BdB) hat in einem Diskussionspapier die Chancen und Risiken von Decentralized Finance, kurz DeFi, beleuchtet. DeFi ist ein Sammelbegriff für Finanzdienstleistungen, die automatisiert von Software-Protokollen über öffentliche Blockchains durchgeführt werden. Das Anwendungsspektrum möglicher Dienstleistungen und Transaktionen reiche von Zins- und Renditestrategien über das Verleihen von Kryptowerten bis hin zu Derivateprodukten. Zudem gebe es keine geografischen Restriktionen – was sich natürlich beißt mit dem klassischen regulatorischen Ansatz einer nationalen und innerhalb eines Währungsraumes wie dem Euro einer supranationalen Aufsicht.
Sinnvolle Ergänzung des Serviceangebots
Die Experten vom BdB gehen davon aus, dass DeFi das Angebot an Finanzdienstleistungen sinnvoll ergänzen könne, sofern sich der Markt weiterentwickle. Banken könnten hierbei eine zentrale Rolle spielen: „Als hochregulierte, vertrauenswürdige Intermediäre und Infrastrukturanbieter auf dem Finanzmarkt können sie Kapital effizient anbieten und DeFi-Anbietern dabei helfen, die aufsichtlichen Anforderungen zu erfüllen.“ Allerdings begrenze eine unklare regulatorische Behandlung von DeFi-Protokollen das Engagement von Banken in dem Bereich.
Technologieneutrale Aufsicht
Eine gute Voraussetzung ist, dass das Aufsichtsrecht technologieneutral gestaltet ist. Vor Rätseln steht man jedoch bei der Frage, wer bei erlaubnispflichtigen Finanzdienstleistungen Adressat ist und wie aufsichtsrechtliche Maßnahmen durchgesetzt werden könnten. Ein Ansatz sieht so aus, dass Aufseher Protokolle zertifizieren und Zugriff haben, die DLT-Register selbst zu überwachen. Daran angeschlossen müssen die Aufseher einen grenzüberschreitenden Anlegerschutz organisieren.
Die drei größten DeFi-spezifischen KPIs (Key Performance Indicators) sind dem BdB zufolge der Total Value Locked („TVL“) sowie die Anzahl der Unique Active Wallets („UAW“). Betrieben wird dann Liquid Staking, der Handel über Decentralized Exchanges („Dex") sowie Lending (dezentrale Kreditvergabe). Dabei gleiche dieses Lending der besicherten Kreditvergabe in der traditionellen Finanzwelt, wo Nutzer nicht benötigtes Kapital bereitstellen, um im Gegenzug einen Zins zu erwirtschaften. In diesen Mechanismus ist mit der Société Générale-Tochter Forge auch schon eine Großbank vorgedrungen, die ein tokenisiertes Wertpapier als Sicherheit (Collateral) für die Leihe des Ökosystem-Stablecoin von MakerDAO einbrachte. Und Forge hat kürzlich einen eigenen Euro-Stablecoin auf den Markt gebracht, was einen Schub bringen könnte.
Zu den vielen Hürden für regulierungskonformes DeFi zählt die Einhaltung geldwäscherechtlicher Bestimmungen. Insbesondere die bestehende Anonymität bei DeFi-Aktivitäten stelle im geldwäscherechtlichen Kontext ein Kernproblem dar, so die Experten. Dabei sei es aber auch nicht ausgeschlossen, dass bestehende aufsichtsrechtliche Regelungen DeFi-Finanzdienstleistungen vereinzelt erfassen könnten. Geprüft wird im Einzelfall, ob ein aufsichtsrechtlicher Erlaubnistatbestand vorliegt.
Ausgehend hiervon könnte der Betrieb einer Dex als Eigenhandel zu bewerten sein, weil der Smart-Contract-basierte „Tausch“ von Kryptowerten unter der Verwendung von Liquiditätspools der Funktion eines Marketmakers gleichen könne. Eine Einordnung eines dezentral strukturierten Kreditgeschäfts als erlaubnispflichtiges Bankgeschäft dürfte aber schon daran scheitern, dass „verliehene“ Kryptowerte nicht die Eigenschaften von Geld aufweisen.
Damit erfüllen sie schon begrifflich nicht die Anforderung eines Gelddarlehens im Sinne des KWG20, so die Autoren des Diskussionspapiers.
Zugriff lässt sich herstellen
Da fast alle am Markt angebotenen DeFi-Finanzdienstleistungen einen noch sehr geringen Grad an Dezentralität aufweisen – womit unter einer hybriden Struktur von zentralen und dezentralen Elementen operiert wird –, gibt es gute Chancen, Anbieter erlaubnispflichtiger Geschäfte zu identifizieren. Außerdem bewerben die DeFi-Plattformen ihre Dienste öffentlich, womit sich ein Zugriff ergibt.
Um festzustellen, ob eine Erlaubnispflicht ausgelöst wird, verfolge die BaFin einen vertriebsbezogenen Ansatz, um den Inlandsbezug zu prüfen. Das hat sie auch schon mit Anbietern aus dem Krypto-Bereich gemacht und dann Verbote ausgesprochen.
Der BdB empfiehlt, zusätzliche praxistaugliche Regelungskonzepte zu entwickeln. Insbesondere die kritische Rolle von Oracles sollte in die Betrachtung genommen werden. Denn diese stellen als Drittdaten-Schnittstellen Daten bereit, die nicht auf der Blockchain existieren, etwa Aktienkurse für eine Option. „Da für Oracle-Services auf dem Markt einige wenige große Anbieter existieren, die wiederum Daten aus verschiedenen Quellen beziehen und in die Smart Contracts einspielen, ergibt sich hier ein konzentriertes Single-Point-of-Failure-Risiko.“
Risikobasierter Ansatz empfohlen
Das Fazit des Bankenverbands: Politik und Aufsicht sollten einen risikobasierten Ansatz wählen und eine differenzierte Vorgehensweise erwägen. Bestehende Gesetze und aufsichtsrechtliche Strukturen sollten weiterentwickelt und einige neue Elemente eingeführt werden. Ein monolithischer Block speziell für DeFi sei wenig zielführend und ein regulatorisches Regime, das sich einzig auf regulierte Intermediäre stützt. Als solches würde es in der Praxis zu kurz greifen.
Bankenverband skizziert DeFi-Regulierung
Diskussionspapier zeigt Perspektiven und Rolle der Institute auf – Vorteile vertrauenswürdiger Intermediäre
bg Frankfurt
Auch wenn es viele Hürden für ein regulierungskonformes DeFi gibt, so ist der Bankenverband doch zuversichtlich, dass sich schon mit dem Ansatz der erlaubnispflichtigen Geschäfte etwas bewegen lässt. Der BdB empfiehlt aber auch, zusätzliche praxistaugliche Regelungskonzepte zu entwickeln.