Basel einigt sich auf Untergrenze für Eigenkapital

Aufseher vereinbaren Output-Floor von 75 Prozent und Erleichterungen im Immobiliengeschäft - Übergangsfristen reichen bis 2025

Basel einigt sich auf Untergrenze für Eigenkapital

Der Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht hat sich auf wesentliche Elemente seiner neuen Kapitalregeln geeinigt. Im Kompromiss sind Forderungen sowohl der USA als auch Europas verwirklicht.bn/ahe Frankfurt/Brüssel – Nach monatelangem Streit hat sich der Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht auf eine Einschränkung des Einsatzes bankinterner Modelle zur Berechnung des Eigenkapitalbedarfs von Finanzinstituten geeinigt. Das Kompromisspaket, welches sein Verwaltungsrat Governors and Heads of Supervision (GHOS) am 8. Januar verabschieden soll, sieht vor, dass der mit internen Modellen ermittelte Eigenkapitalbedarf um maximal 25 % unter dem Volumen liegen darf, das sich bei Anwendung des Standardansatzes ergäbe. Für die Einführung dieser Neuerung sind Übergangsfristen vorgesehen, die bis ins Jahr 2025 reichen.Zugleich beinhaltet der Kompromiss, dass der Ausschuss einige Verschärfungen seiner Bestimmungen für Immobilienforderungen abschwächt oder gar nicht erst einführt. Dies geht aus einem internen Papier des Gremiums hervor, das der Börsen-Zeitung vorliegt.Dem Dokument zufolge soll überdies der Kapitalpuffer, den global systemrelevante Banken nun auch mit Blick auf ihre ungewichtete Eigenkapitalquote (Leverage Ratio) bilden müssen, der Hälfte ihres Zuschlags auf die risikogewichtete Quote entsprechen – für die Deutsche Bank als einziges global systemrelevantes Finanzinstitut aus der Bundesrepublik bedeutet dies eine um 1 Prozentpunkt auf 4 % erhöhte Leverage Ratio.Die Abschwächung der Vorgaben für den Immobiliensektor, gemessen an den ersten Vorschlägen des Ausschusses, und die Einführung einer Eigenkapitaluntergrenze für einen mit Hilfe interner Modelle berechneten Gesamtkapitalbedarf zeugen vom Kompromisscharakter des Papiers, welches die GHOS nun genehmigen sollen. Denn während die geplanten Regeln für Immobilien-Exposures in den vergangenen Monaten besonders in Deutschland auf Proteste gestoßen waren, hatten die USA, zum Verdruss der meisten Europäer, von Beginn an auf den sogenannten Output-Floor gedrungen. Beide Seiten haben nun Lobby-Erfolge errungen. Dennoch dürften sich die Vorgaben für Immobilienfinanzierer, auch wenn die exakten Auswirkungen letztlich noch unklar sind, deutlich verschärfen. Der Output-Floor, die Eigenkapitaluntergrenze für mit internen Modellen berechneten Kapitalbedarf, liegt unterdessen mit 75 % eher am oberen Ende der Spanne an Prognosen. In den vergangenen Wochen waren Werte von 60 % bzw. 80 % im Gespräch gewesen, was eher einen Kompromiss bei 70 % hätte erwarten lassen. Wie das Schreiben des Baseler Ausschusses zeigt, fand der Vorschlag, den Output-Floor um Sonderregelungen für private Immobilien oder Gegenpartei-Risiken zu erweitern, keine Mehrheit. Verhärtete FrontenVor der jüngsten Sitzung des Baseler Ausschusses hatten die Fronten noch verhärtet ausgesehen. So hatte Felix Hufeld, Präsident der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) und Mitglied im GHOS, gedroht, eine Einigung platzen zu lassen, sollten deren Folgen “ganze Teile einer Bankbranche faktisch” eliminieren. Für die USA gebe es wiederum ohne Output-Floor keinen Deal, war derweil bei deutschen Aufsehern zu hören.Auch wenn das vorgeschlagene Kompromisspaket im Prinzip “breite Unterstützung” gefunden habe, seien die Ansichten über die Kalibrierung des Output-Floor auseinandergegangen, hält der Ausschuss fest. Chairman Stefan Ingves, Gouverneur der schwedischen Notenbank, habe indes weite Zustimmung für einen Output-Floor in der Spanne von 70 bis 75 % ausgemacht. Der Output-Floor gilt als hochpolitisches Instrument, über das letztlich die GHOS-Runde bestimmen dürfte.Abhängig von bilateralen Gesprächen mit einigen Mitgliedern des Ausschusses könnte ohnehin ein weiteres Treffen des Gremiums nötig werden, bevor das Kompromisspaket den GHOS zur Genehmigung vorgelegt werde, heißt es im Schreiben mit Datum von Dienstag vergangener Woche weiter. Zum Entwurf des für die Öffentlichkeit bestimmten Übersichtsdokuments sollen Mitglieder bis zum morgigen Mittwoch Kommentare einreichen.Vor allem im Kreditrisiko-Standard- sowie im auf internen Ratings basierenden Ansatz hat die deutsche bzw. europäische Seite Zugeständnisse durchgesetzt. Gerade der Standardansatz wird künftig auch für ihren Kapitalbedarf mit internen Modellen (Internal Ratings Based Approach/IRBA) berechnende Banken wichtiger, da das Resultat des IRBA mit dem Output-Floor ins Verhältnis zum Standardansatz gesetzt wird.Unter anderem erlaubt der Kompromiss den nationalen Aufsehern die Beibehaltung des Realkreditsplittings. Diese Trennung einer Hypothek in einen besicherten und einen unbesicherten Teil ermöglicht es Banken, ihrer Forderung bis zur Höhe des Beleihungswertauslaufs ein deutlich niedrigeres Risikogewicht zuzuordnen. Dafür hatten sich vor allem deutsche Institute unter Verweis auf konservative Finanzierungen hierzulande starkgemacht. Niedrigere VorgabeKapitalerleichterungen winken zudem in der Basis-Version des IRB-Ansatzes. So senkt der Baseler Ausschuss seine Vorgabe für die Schätzung der Verlustquote bei Ausfall einer unbesicherten Forderung an ein Unternehmen von 45 % auf 40 %. Im Falle unbesicherter Forderungen an Banken bleibt sie derweil bei 45 %. Bei privaten Hypotheken sinkt die Verlustquote bei Ausfall von 10 % auf einen Input-Floor von 5 %.Nicht zuletzt will der Ausschuss den Einsatz der fortgeschrittenen Version des IRB in der Spezialfinanzierung erlauben, zumindest bis das Gremium seinen “Slotting Approach” im nächsten Jahr revidiert hat. Dieser Ansatz ermöglicht es Banken, Forderungen einer von fünf Klassen zuzuordnen, falls sie nicht selbst die Ausfallwahrscheinlichkeit schätzen können. Im IRB-Ansatz entfällt überdies der Skalierungsfaktor von 1,06 für per internem Ansatz errechnete Risikoaktiva. Der Ausschuss hatte den Faktor eigenen Angaben zufolge eingeführt, um für ausreichend Kapital im Bankensektor zu sorgen, aber zugleich Anreize für die Nutzung interner Modelle zu setzen.Auf breite Zustimmung seien die vorgeschlagenen Übergangsregelungen gestoßen, wie es weiter heißt. Den Planungen zufolge soll das aus dem Output-Floor folgende Eigenkapitalminimum von 75 % erst ab 2021 eingeführt werden, und zwar zunächst als Untergrenze von 55 %, die sich jährlich in Schritten von jeweils fünf Prozentpunkten bis auf 75 % im Jahr 2025 erhöht. Den Zuschlag auf die Leverage Ratio sollen global systemrelevante Institute hingegen schon ab 2020 erfüllen müssen.Änderungen am Regelwerk für das Credit Valuation Adjustment (CVA), also Anpassungen angesichts des Risikos, dass sich im Derivategeschäft die Risikoprämie für eine Gegenpartei erhöht, werden dem Papier zufolge bereits Anfang 2019 mit dem revidierten Rahmenwerk für Marktrisiken eingeführt. 2021 soll dann die Einführung des revidierten Standardansatzes für Kreditrisiken folgen, die Änderung an den Regeln für den auf internen Ratings basierenden Ansatz sowie die Neuerung der Vorgaben zur Messung operationeller Risiken.