BCG malt Bankensektor grau in grau

Berater: Kapitalkosten sind derzeit kaum zu verdienen - Effekt von Basel III auf Kreditbuch wird unterschätzt

BCG malt Bankensektor grau in grau

Banken haben nach wie vor einen weiten Weg vor sich, um den Anforderungen von Basel III nachzukommen, geschweige denn danach noch Gläubiger und Aktionäre zufrieden zu stellen. Die Anpassung der Geschäftsmodelle hat erst begonnen, meint die Boston Consulting Group (BCG).bn Frankfurt – Im Bankensektor ist der Eigenmittelaufbau in Vorbereitung auf die neuen Kapitalregeln von Basel III nach Einschätzung von Boston Consulting noch lange nicht abgeschlossen. Neben der sich verbreiternden Kapitalbasis begrenzen nach einer am Mittwoch publizierten Studie unterdessen höhere Risiko- und Refinanzierungskosten die Rentabilität.Vorsichtig beurteilt das Beratungshaus in seinem “Risk Report 2012” die Perspektiven im Geschäft mit Unternehmenskrediten, welches sich unter Banken wieder wachsender Beliebtheit erfreut. Viele Institute unterschätzten die Auswirkungen strengerer Kapitalvorgaben auf ihr Kreditbuch im Corporate und Retail Banking, heißt es. Nach Einschätzung von Boston Consulting werden Unterschiede in den Kapitalanforderungen an risikoreiche bzw. -arme Aktivitäten dazu führen, dass sich auf Produktebene “praktisch alle Risiko-Ertrags-Profile” neu ordnen werden.Besonders ins Gewicht fielen die Effekte für ohnehin kapitalintensive Produkte wie Unternehmenskredite, heißt es. Gewöhnlich zeigten sich die größten Auswirkungen dabei im Bankgeschäft mit Kunden, die mit “BB” und “B” bewertet worden seien, schreibt die Boston Consulting Group (BCG). Jenseits von Kapitalanforderungen entwickeln sich die Bilanzierungsstandards derzeit in Richtung einer Risikovorsorge auf Basis des erwarteten anstatt des eingetretenen Verlusts, wie BCG zu bedenken gibt. Dies werde ebenfalls Folgen für die Risikovorsorge haben.Die Warnung geht viele Banken an: Weil die künftigen Kapitalregeln nach Basel III vor allem das Investment Banking verteuern, propagieren zahlreiche Institute eine Rückbesinnung auf das klassische Kundengeschäft mit Unternehmens- und Privatkunden. Diese Neuausrichtung birgt schon deshalb Risiken, da der Wettbewerb in diesem Feld dadurch zunimmt und den verbliebenen Ertrags-Pool potenziell gefährdet, wie BCG schreibt.Der Kapitalaufbau in der Branche ist nach Einschätzung der Berater noch lange nicht abgeschlossen. Zuschläge für systemrelevante Institute eingeschlossen wiesen Banken weltweit eine Kapitallücke von rund 474 Mrd. Euro auf, die fehlten, um die Mindestvorgaben von Basel III zu erfüllen. Dies entspreche rund 17 % ihrer momentanen Kapitalbasis. Eine Stärkung der Kapitaldecke vermindert grundsätzlich die Rendite. Dabei ist die Wertschöpfung der globalen Branche BCG zufolge 2011 bereits im vierten Jahr in Folge mit minus 89 Mrd. Euro negativ ausgefallen, vor allem infolge der Risikokosten, die noch immer um 75 % über ihrem Niveau vor der Krise liegen.Die Krise hat die Kapitalkosten der Banken von 9 % auf 12 % für Geschäftsbanken bzw. 16 % für Investmentbanken steigen lassen, berichtet das Beratungshaus nach Analyse von 145 Banken, auf die fast drei Viertel der Bankenaktiva in Europa, den USA und dem asiatisch-pazifischen Raum entfallen.”Die Kapitalkosten sind derzeit kaum zu verdienen”, sagt Gerold Grasshoff, Senior-Partner bei BCG, “das wird sich so schnell auch nicht ändern.” Im heutigen Niedrigzinsumfeld stelle sich die Frage, ob Eigenkapitalkosten und Renditeziele von über 10 % realistisch seien. Grasshoff zufolge dürfte die Eigenkapitalverzinsung auf Sicht vielmehr im prozentual einstelligen Bereich verharren. Unter anderem die Refinanzierungskosten setzen BCG zufolge einer Ausweitung der Profitabilität Grenzen. Sie werden künftig maßgeblich von der mit Basel III zur Einführung anstehenden langfristigen Liquiditätskennziffer Net Stable Funding Ratio (NSFR) beeinflusst.Um diese Quote zu erfüllen, brauchen die Banken den Angaben zufolge rund 2,8 Bill. Euro oder rund ein Zehntel ihrer bereinigten Verbindlichkeiten an langfristiger Finanzierung. Zugleich sind Grasshoff zufolge prozentual zweistellige Eigenkapitalquoten künftig notwendig, will eine Investmentbank Fremdkapitalgeber mobilisieren können – denn während der Aktionär im Zuge der Reregulierung seine Renditeansprüche reduziert, werden Gläubiger BCG zufolge anspruchsvoller, auch wegen der als höher eingeschätzten Gefahr, anstelle des Steuerzahlers für Verluste herangezogen zu werden. Infolge höherer Refinanzierungskosten aber “werden sich manche Geschäftsmodelle im Bereich Fixed Income, Commodities und Currencies nicht mehr rechnen”, umreißt Grasshoff die Aussichten im Handel.Andernorts im Lager der Berater wird schon argumentiert, die Universalbank sei künftig das einzig lohnende Geschäftsmodell. Denn dank Quervertrieb ließe sich dort noch eine Eigenkapitalverzinsung im hohen prozentual einstelligen Bereich erzielen, während reine Retail- bzw. Investmentbanken mangels Cross-Selling bzw. wegen steigender Refinanzierungskosten für Anleger unattraktiv würden.Das Ziel der Deutschen Bank, eine Nettorendite von mindestens 12 % zu erwirtschaften, hält BCG gleichwohl für erreichbar. Schließlich wolle die Bank das Ziel erst ab 2015 erreichen. Derzeit liegt die Eigenkapitalrendite in der Branche laut BCG netto bei 6 bis 8 %. Die Anpassung der Geschäftsmodelle habe gerade erst begonnen, meint BCG.