BDI warnt vor Basel IV

Verband: Neue Risikogewichte im Standardansatz könnten das Wirtschaftswachstum gefährden

BDI warnt vor Basel IV

Die deutsche Industrie fürchtet erhebliche Belastungen für die Realwirtschaft, wenn der Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht seine Pläne zur Überarbeitung der Eigenkapitalunterlegung für Unternehmenskredite durchsetzt. Die Lobbyisten fordern “zielgerechte Maßnahmen”.gbe Frankfurt – Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) meldet sich in der Konsultation des Baseler Ausschusses für Bankenaufsicht zur Überarbeitung der Eigenkapitalunterlegung für Unternehmenskredite zu Wort. Das in der Finanzbranche als “Basel IV” gehandelte Projekt führe zu einer Verschärfung der bisherigen Eigenkapitalanforderungen für Banken und habe “erhebliche Auswirkungen auf die Unternehmensfinanzierung”, warnt der Verband. “Ein weiteres Störfeuer”Der Baseler Ausschuss will die Systematik der Risikogewichtung im Kreditrisikostandardansatz verändern, um dessen Risikosensitivität zu erhöhen (vgl. BZ vom 2. April). Künftig sollen die Risikogewichte den Plänen zufolge für Unternehmen von Umsatz und Verschuldungsgrad bestimmt werden, und nicht mehr wie bislang vom externen Rating. “Die Baseler Vorschläge sind ein weiteres Störfeuer”, sagt Reinhard Kudiß, BDI-Referent für Unternehmensfinanzierung und Finanzmärkte. Allerdings beginne die Debatte erst, “und wir müssen sehen, wie die Pläne entschärft werden können”. Die erste Konsultationsrunde endete am 27. März, nun geht es an die Auswertung der Antworten.In der ersten Fassung der Baseler Pläne bereitet dem BDI vor allem die Überprüfung der sogenannten “Retail-Regelung” Bauchschmerzen. Bislang fallen auch Mittelständler aus der Industrie in die Kategorie Retail, die mit 75 % gewichtet wird. Diese sollen künftig dem generellen Corporate-Segment zugeordnet werden. Der BDI spricht sich in seiner Antwort dafür aus, Unternehmen bis zu einem Umsatz von 50 Mill. Euro weiterhin der Forderungsklasse Retail zuzuordnen. Konservative Kalibrierung”Die Maßnahmen müssen zielgerecht sein, damit sie die Finanzierung der Realwirtschaft nicht erschweren”, fordert Kudiß. “Europa ist nicht beliebig belastbar, und es ist wichtig, dass wir wettbewerbsfähig bleiben.” Bei den aktuellen Plänen seien die Risikogewichte im Unternehmenssegment auch insgesamt deutlich zu hoch. Eine zu konservative Kalibrierung der Risikogewichte müsse – so die Industrielobbyisten – mit Blick auf die Kreditversorgung der Wirtschaft und insbesondere mittelständischer Unternehmen vermieden werden, da gerade kleinere Mittelständler vielfach von Kreditinstituten finanziert werden, die den Standardrisikoansatz anwenden.In einer Zeit, in der die EU-Kommission in Brüssel alles daran setzt, die Realwirtschaft und vor allem kleine und mittelgroße Unternehmen zu unterstützen, rechnen sich Lobbyisten gute Chancen aus, allzu hohe Bürden für Europas Firmen noch abwenden zu können. Zwar mahnen Unternehmensverbände seit Ausbruch der Krise, Finanzmarktregulierung dürfe nicht zu steigenden Kreditkosten führen und vor allem keine Kreditklemme auslösen. Doch mittlerweile haben sie Branchenbeobachtern zufolge bessere Chancen, Gehör zu finden – vor allem bei Finanzmarktkommissar Jonathan Hill, der das lahmende Wirtschaftswachstum als Bedrohung für die Finanzstabilität ausmacht und neue Regelwerke vor dem Hintergrund prüfen will, ob sie die richtige Balance zwischen der Eindämmung von Risiken und Anreizen für Wachstum bieten. Paradigmenwechsel in Sicht”Es drohen potenzielle Klippeneffekte für Kreditengagements gegenüber kleinen und mittleren Unternehmen, die nicht mehr als Risikoposition aus dem Mengengeschäft einzuordnen sind”, heißt es bei Juristen. Zumindest in dieser Hinsicht könnte der Baseler Vorstoß daher spätestens in Brüssel durchfallen. Zumal Hill auch in Aussicht stellt, die Finanzbranche nicht überbordend belasten zu wollen. “Die Revision des Kreditkostenstandardansatzes führt zu einem Paradigmenwechsel, der für die betroffenen Institute erheblichen Anpassungs- und Umsetzungsbedarf mit sich bringen würde”, sagt ein Jurist. Das scheint auch den Mitgliedern des Baseler Ausschusses klar zu sein. Sie kündigten kurz vor Weihnachten im Rahmen der Vorlage der Konsultationspapiere an, die endgültige Kalibrierung der Neuerungen werde erst erfolgen, wenn eine quantitative Auswirkungsstudie erstellt und ausgewertet worden ist. Damit dürfte “Basel IV” noch auf sich warten lassen.