Bearing Point geht Abacus-Release an

Banksoftware stößt auf Misstrauen im Markt - EZB und Bundesbank uneinig über Anacredit-Meldungen

Bearing Point geht Abacus-Release an

Bearing Point, Platzhirsch im Markt für Meldewesen-Software, plant eine neue Version seines Produkts Abacus360. Nach Startproblemen im vergangenen Jahr dürfte die für Juni geplante Lancierung des neuen Releases darüber entscheiden, ob Banken dem Anbieter auch künftig die Treue halten. Von Bernd Neubacher, FrankfurtNach Startproblemen geht Bearing Point die im Markt mit Spannung erwartete Freigabe einer neuen Version ihrer Banken-Meldesoftware Abacus360 an. Das erste Release der neuen Version enthalte eine neue Kalkulationsmaschine und werde “stabiler und performanter sein als die Vorgängerversion”, kündigt das Unternehmen an. Für den Platzhirsch unter den Anbietern von Meldesoftware ist eine erfolgreiche Einführung des Produkts essenziell. Denn nach Anlaufschwierigkeiten bei Einführung von Abacus360 im vergangenen Jahr, die in der Branche für Wirbel gesorgt hatten, dürfte es für manche Banken von der Performance der neuen Version abhängen, ob sie Kunde des Unternehmens bleiben oder sich nach alternativen Anbietern umschauen, wie es unter Marktbeobachtern heißt.Sollte die neue Version haken, dürfte dies zudem den Preis drücken im Falle eines Verkaufs von Abacus und der dahinter stehenden Tochter Bearing Point Software Solutions. Als Interessenten für das Unternehmen wurden in den vergangenen Monaten im Markt SAP und IBM herumgereicht. Derzeit ist die Rede von einem französischen Finanzinvestor, der kurz davor stehe, den Zuschlag zu erhalten. Das Unternehmen erklärt dazu auf Anfrage: “Wir äußern uns grundsätzlich nicht zu Marktgerüchten und Spekulationen.” Man sei nach wie vor in einer Phase, “in der wir prüfen, was langfristig Sinn machen könnte”. Programm liegt “im Plan”Das im Juni zur Einführung anstehende erste Release der Version 7 liegt Bearing Point zufolge “im Plan”. Bei Banken ist derweil Misstrauen gegenüber der Software Abacus360 zu spüren. Eine Bank soll sie inzwischen “zurückgebaut” haben und auf das Vorgängerprodukt Abacus Davinci eingeschwenkt sein. Im vergangenen Jahr hatten bereits drei andere wichtige Kunden, und zwar die Commerzbank, die DZ Bank sowie die LBBW, von den Bearing-Point-Konkurrenten AxiomSL und Moody’s sogenannte Proof-of-Concept-Angebote eingeholt, um sich andere Optionen zu sichern.Bearing Point werde vieles daran setzen, die Zufriedenheit wieder auf das hohe Niveau zu bringen, das Kunden über viele Jahr in Umfragen bestätigt hätten, hieß es angesichts der holprigen Einführung von Abacus360 im vergangenen Jahr in einer Studie des Beratungshauses SKS Advisory. “Denn erneute Verzögerungen oder nicht ausgelieferte Modelle einhergehend mit signifikanten Umsetzungskosten in den Banken würden die Fragen nach möglichen Alternativen lauter werden lassen.”Ins gleiche Horn stößt Bernd Kupke, Senior Manager bei Deloitte: Zeitliche Verschiebungen von wichtigen Meldewesen-Releases könnten zu Problemen bei Banken führen, sagt er. Die daraus resultierende Planungsunsicherheit könne reduziert werden, indem die Bank Strategien bewerte und anschließend entscheide, ob eine Fortführung des bisherigen Vorgehens ausreiche. Sinnvoll sei es auch, “auf dem Markt verfügbare Alternativen zu untersuchen und mit Hilfe von institutsspezifischen Kriterien zu bewerten”. Späte Klärung von DetailsNicht einfacher geworden ist die Entwicklung der Software für Bearing Point durch neue Vorgaben zum Kreditregister Anacredit. Die Deutsche Bundesbank habe im September bekannt gegeben, wie Korrekturen in der Anacredit-Meldung zu handhaben seien, teilt Bearing Point mit: “Inhaltlich ist das Thema sehr anspruchsvoll, weil es den Verarbeitungsprozess von Anacredit nochmals stark ändert und leider erst mit dem Start von Anacredit durch die Aufsichtsbehörde bekannt gegeben wurde.” Die Umsetzung stimme man derzeit noch mit den Banken in Arbeitskreisen ab.Dabei liegen Bundesbank und EZB noch über Kreuz, wie das Verfahren genau aussehen soll. Der Bundesbank sei bewusst, dass die entsprechende EZB-Leitlinie “erst zu einem späten Zeitpunkt finalisiert wurde und die Umsetzung eines längeren Korrekturzeitraums komplex wäre”, war im September in einem Bundesbank-Rundschreiben zu lesen. Die Bundesbank habe die Entwicklung einer konkreten “Korrekturpolitik” auf die Tagesordnung der zuständigen Arbeitsgruppe des Europäischen Systems der Zentralbanken gesetzt. “Diese Beratungen werden derzeit geführt”, heißt es auf Anfrage.