Im GesprächAndy Flury, Wyden

„Bei den Banken laufen viele Infrastruktur-Projekte für das EU-Lizenzregime“

Im Kryptomarkt strebt alles dahin, wo ein reguliertes Geschäft möglich ist. In Europa sind Wyden-CEO Andy Flury zufolge schon viele Banken mit den Vorbereitungen für den Markteintritt beschäftigt.

„Bei den Banken laufen viele Infrastruktur-Projekte für das EU-Lizenzregime“

Auch wenn der Kryptomarkt mit niedriger Volatilität im Spothandel derzeit recht ruhig ist, werden vom klassischen Finanzsektor im Hintergrund doch emsig Vorbereitungen für einen Markteintritt getroffen. Funke für diese Entwicklung ist das bevorstehende Mica-Regime, das in Europa eine harmonisierte Landschaft für Digital Assets schaffen soll. „Derzeit laufen bei den Banken viele Infrastrukturprojekte, um sich für den Zeitpunkt des neuen Lizenzregimes zu rüsten. Das geschieht sehr leise, aber wir sehen aktuell mehrere Krypto-Initiativen von Instituten mit bis zu 30 Millionen Retail-Kunden“, so Andy Flury, Gründer und CEO von Wyden (ehemals Algotrader), einem Anbieter von Handelstechnologie für Digital Assets, im Gespräch mit der Börsen-Zeitung.

Der Reifeprozess, den der Kryptosektor derzeit durchmache, kommt den Banken strukturell entgegen. Bislang hatten große Kryptobörsen sehr viele Dienstleistungen aus einer Hand betrieben, vom Trading über den Eigenhandel und das Kreditgeschäft bis zur Verwahrung, und all dies ohne interne Kontrolle und Governance-Rahmen. „Das ist eine Opportunität für die Banken, denn die führen all diese Funktionen ebenfalls aus, allerdings durch Abteilungen mit Chinese Walls dazwischen.“

„Der Kryptohandel läuft rund um die Uhr, das stellt besondere Anforderungen an das Liquiditäts- und Cash-Management. Und es gibt nicht den einen optimalen Cash-Management-Prozess, das muss in jedem Einzelfall erarbeitet werden.“

Andy Flury

Darüber hinaus gibt es weitere Aspekte des Kryptomarktes, die Wyden mit seiner Handelsplattform für Banken adressieren kann. „Der Kryptohandel läuft rund um die Uhr, das stellt besondere Anforderungen an das Liquiditäts- und Cash-Management. Und es gibt nicht den einen optimalen Cash-Management-Prozess, das muss in jedem Einzelfall erarbeitet werden, und hierfür benötigt es eine individualisierbare Softwarelösung.“

Drei Brokerage-Modelle

Das betrifft dann Dinge wie das Pre-Funding von Trades, welches Wyden mittels API-Anbindung zu mehreren Handelsplätzen für Banken gebündelt anbieten kann, was dann auch alle nachfolgenden Prozesse erleichtert. Dabei können mit Agency Brokerage, Principal Brokerage und Sekundärmarkt drei Modelle umgesetzt werden: Im Agency-Modell werden Orders direkt an nachgelagerte Handelsplätze weitergeleitet, wofür nur begrenzte Kapitalreserven notwendig sind und wenig Risikoexposure besteht. Im Principal-Modell werden Kundenaufträge über den Eigenbestand gehandelt, wobei für diesen ein aktives Hedging stattfinden muss. Dieses Handelsmodell bietet ein Upside bei der Marge, da Kunden Spreads teilweise einbehalten werden können – bei erhöhtem Risiko und Kapitalbedarf. Im Sekundärmarkt-Modell geht es dann um die Ermöglichung des Handels zwischen Kunden untereinander. Dieses Modell eignet sich sowohl für die Bereitstellung eines internen Markplatzes für Kryptowährungen als auch für tokenisierte Vermögenswerte.

„Für uns wird es immer dann interessant, wenn in irgendeiner Jurisdiktion eine DLT-Regulierung neu in Kraft tritt, die klar Vorgaben für den Handel- und Nachhandel definiert.“

Andy Flury

Wyden bietet schlussendlich die Handels-, Risiko- und Portfoliomanagement-Infrastruktur für Digital Assets mit Zugang zu mehr als 35 Krypto- und 15 traditionellen Handelsplätzen über eine API. „Für uns wird es immer dann interessant, wenn in irgendeiner Jurisdiktion eine DLT-Regulierung neu in Kraft tritt, die klar Vorgaben für den Handel- und Nachhandel definiert. Da sind jetzt zum Beispiel Hongkong und Brasilien interessant geworden – und natürlich noch stärker Europa mit der Mica-Regulierung.“ Die Lizenzanträge dafür müssten früh erarbeitet werden und auch die Systeme und Prozesse dafür definiert sein. Er habe noch nie so viele Bankprojekte gleichzeitig gesehen, sagt Flury. Wegen dieses zeitlichen Drucks für die Zulassung seien nun viele große Adressen gleichzeitig dabei, die entsprechenden Infrastrukturprojekte anzuschieben.

Und während Europa aufblüht, wird das Kryptogeschäft in den USA immer weiter eingeschränkt. Mit dem Verschwinden von Silvergate und Signature fehlen nun die beiden wichtigsten Drehkreuze für Dollar-Währungsgeschäfte. Eine mögliche Alternative wird nun von der BCB Group als Payment-Dienstleister geboten. Auch Europa wird von dem britischen Dienstleister mit dem „Instant Settlement Network“ Blinc per FCA-Lizenz in mehreren Währungen und ohne Limits bedient.

Series B im Herbst

Flury zufolge ist der aktuelle Seitwärtsmarkt eine gute Phase für die Banken, in den Kryptohandel einzusteigen. Retail-Investoren seien im Juli schon sehr aktiv gewesen, das Interesse also durchaus vorhanden – und das ließe sich ausbauen, wenn sie Zugang zum Kryptomarkt über ihre Hausbank hätten. Dafür will sich Wyden mit einer Series-B-Finanzierung rüsten, die dem CEO zufolge gegen Ende des dritten Quartals unter Dach und Fach sein soll. Im Februar 2022 hatte man eine Pre-Series B über 4,9 Mill. Euro abgeschlossen. Bislang wurden gut 12 Mill. Dollar an Risikokapital aufgenommen.

IM GESPRÄCH: ANDY FLURY

"Bei den Banken laufen Infrastruktur-Projekte für das EU-Lizenzregime"

Der Wyden-CEO registriert rege Digital-Asset-Aktivitäten bei großen Retail-Instituten – Hongkong und Brasilien werden jetzt interessant

Von Björn Godenrath, Frankfurt
Von Björn Godenrath, Frankfurt
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