IM BLICKFELD

Bei der EU-Bankenabgabe gibt es nur gefühlte Verlierer

Von Detlef Fechtner, Brüssel Börsen-Zeitung, 17.10.2014 Jubeln wird sicherlich niemand. Wenn - was bisher zwar noch längst nicht gewiss, aber immerhin wahrscheinlich ist - in der nächsten Woche der scheidende EU-Kommissar Michel Barnier die...

Bei der EU-Bankenabgabe gibt es nur gefühlte Verlierer

Von Detlef Fechtner, BrüsselJubeln wird sicherlich niemand. Wenn – was bisher zwar noch längst nicht gewiss, aber immerhin wahrscheinlich ist – in der nächsten Woche der scheidende EU-Kommissar Michel Barnier die monatelang hitzig diskutierten Rechtsakte für die Berechnung der EU-Bankenabgabe vorlegt, gibt es nur gefühlte Verlierer. Auf Beifall und Lob jedenfalls sollte niemand hoffen. Schließlich fühlen sich alle übervorteilt – deutsche Sparkassen genauso wie spanische oder französische Großbanken.Würde die Zeit nicht drängen, dann wären wohl alle Beteiligten bereit, das Tauziehen um Gewichtungen, Pauschalbeiträge und Schwellenwerte noch lange fortzusetzen. Aber es gibt Grund zur Eile. Denn solange die EU-Kommission nicht sagt, welche Bank wie viel Geld für die Befüllung des europäischen Abwicklungsfonds aufbringen soll, stecken die Gesetzgebungsverfahren für Bankenaufsicht und Abwicklung fest. So kann Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble dem Bundestag die in Brüssel verabredeten Gesetze erst dann mit Aussicht auf Billigung zur Ratifizierung vorlegen, wenn er gleichzeitig Auskunft darüber geben kann, was dies finanziell für die heimischen Institute bedeutet.Die Grundelemente der Kalkulationsregeln, die Barnier vortragen wird, haben sich verfestigt. Es gilt als sicher, dass sich der Beitrag jeder Bank für den Single Resolution Fund über einen Sockelbetrag berechnet, der um einen Risikofaktor bereinigt wird. Auf diese Weise sollen Institute mit risikoarmen Geschäftsmodellen weniger zahlen als Investmentboutiquen. Unstrittig dürfte zudem sein, dass Kleinbanken – oder wie die Sparkassen es mit vorwurfsvollem Unterton wegen ihrer Ansicht nach zu niedriger Schwellenwerte nennen: “Kleinstbanken” – einen Pauschalbetrag entrichten müssen. Er dürfte im Schnitt klar unter dem Satz liegen, der sich bei Anwendung der Formel mit Sockelbetrag und Risikofaktor ergeben würde.Strittig sind indes zwei Punkte, die weitreichende Folgen haben. Zum einen dringt Frankreich auf eine großzügige Behandlung von Derivatepositionen bei der Einbeziehung in die Bemessungsbasis. Paris fordert die Chance zum Netting. Damit aber trifft die Regierung im EU-Parlament, das gerade das Terminmarktgeschäft kritisch beäugt, auf Widerstand. Einiges spricht dafür, dass Frankreich zwar ein Zugeständnis erhält, aber in engen quantitativen Grenzen. Zweiter Zankapfel ist der vor allem von Deutschland und Österreich vorgetragene Wunsch, Institutssicherungssysteme stärker beitragsmindernd zu berücksichtigen. Der CSU-Finanzexperte Markus Ferber hat vor wenigen Tagen in einer Pressemitteilung fast beiläufig signalisiert, wie der Kompromiss aussieht, der aktuell auf dem Tisch liegt und mit dem die Bundesregierung – so deuten es Diplomaten zumindest an – leben könnte. “Außerdem werden die Verbindlichkeiten innerhalb von Institutssicherungssystemen von der Berechnungsgrundlage ausgenommen”, berichtet Ferber. In der Tat haben die Deutschen wohl die Anstrengungen aufgegeben, über den Risikofaktor einen spürbaren Abschlag für Banken mit Institutssicherungssystemen wie Deutschlands Sparkassen oder Volksbanken durchzusetzen. Stattdessen setzt Deutschland darauf, dass der Abzug der sogenannten Intra-Gruppen-Verbindlichkeiten bei der Kalkulation der Bemessungsbasis nicht nur für Konzerne, sondern auch für Verbünde gilt, sofern sie eine funktionierende Institutssicherung unterhalten – also kurz und gut: falls sie im Notfall eine schwächelnde Schwester übernehmen und für sie einstehen.Experten gehen davon aus, dass eine Abrechnung der Intra-Verbund-Verbindlichkeiten auf eine Verkürzung der Bemessungsgrundlage um eine dreistellige Milliardensumme hinausliefe – und damit auf eine spürbare Entlastung. Da die deutsche Kreditwirtschaft zudem von den Regeln für die Ausnahme von Förderkrediten profitiert, hätte die Bundesregierung – einschließlich der Pauschalen für kleine Institute – letztlich doch noch einige Erleichterungen erreicht. Allein: Zufrieden werden Deutschlands Sparkassen, Volksbanken und private Institute trotzdem nicht sein. Denn natürlich ist ihnen jeder Euro, den sie in den Fonds einzahlen müssen, um das implizite Risiko für den Steuerzahler im Falle von künftigen Pleiten von Banken in der Eurozone zu mindern, ein Euro zu viel.