Bei der Lebensqualität ganz vorn
Von Thomas List, FrankfurtFrankfurt liegt in puncto Lebensqualität in internationalen Ranglisten weit vorn. Der Finanzplatz mit seinen vielen gut dotierten Arbeitsplätzen lockt viele Arbeitnehmer gerade aus dem Umland an. Zum Wohnen ziehen aber immer mehr ins Umland, was in den vergangenen Jahren zu deutlich höheren Mieten und Preisen für Wohneigentum geführt hat.Platz 7 und Platz 12 – Frankfurt am Main muss sich in puncto Lebensqualität unter den Metropolen der Welt wahrlich nicht verstecken. Besonders attraktiv ist die Mainmetropole für Expatriates, zeigt der 7. Platz beim jährlichen “Quality of Living”-Ranking des Beratungsunternehmens Mercer, das sich speziell auf die Lebensqualität für ins Ausland entsandte Mitarbeiter bezieht. “Frankfurt liegt vor anderen Finanzplätzen wie London, Paris und Dublin”, sagt Juliane Gruethner, Expertin für Auslandsentsendungen bei Mercer. Für Frankfurt sprächen im Vergleich zu den anderen Finanzplätzen insbesondere Vorteile am Wohnungsmarkt, wobei es dort weniger um die Erschwinglichkeit als um die Umgebungsqualität und die Nähe zu internationalen Schulen geht. “Schwachpunkte hat Frankfurt nur wenige”, erläutert Gruethner. “Am ehesten liegen diese noch bei Freizeitmöglichkeiten, also zum Beispiel Anzahl und Qualität von Theatern und Kinos im Vergleich zu London oder Paris.” Dublin schneide im Hinblick auf die natürliche Umgebung etwas besser ab als Frankfurt, insbesondere was das Klima betrifft. Diese Unterschiede sind aber nur “marginal”, wie die Expertin betonte. Einen allgemeineren Ansatz verfolgt da das ebenfalls jährliche Ranking des britischen Magazins “The Economist”. Mit den Kriterien Stabilität, Gesundheit, Kultur & Umwelt, Bildung und Infrastruktur ist man aber letztlich nahe beim Mercer-Ranking. In der dieser Tage erschienenen “Economist”-Rangliste kann sich Frankfurt unter weltweit 140 Großstädten im Vergleich zum Vorjahr vom 22. auf den 12. Rang vorarbeiten. London (48.), Paris (19.) und New York (57.) sind weit abgeschlagen. Ein wichtiger Faktor ist dabei das Kriterium Sicherheit. Frankfurt schneidet hier vergleichsweise gut ab, am besten jedoch der Sieger beider Rankings, Österreichs Hauptstadt Wien. Insgesamt schnitten mittelgroße Städte in wohlhabenderen Ländern laut “Economist” gut ab.Natürlich muss man grundsätzlich fragen, wie aussagekräftig solche Rankings sind. Zwar hat Mercer den Anspruch, seine Bewertung objektivierbar zu machen. Bei Kategorien wie politisches und soziales, wirtschaftliches und soziokulturelles Umfeld, Schulen und Bildung, Freizeitangebot und Naturraum stellt sich aber schon die Frage, inwieweit das gelingen kann. Keine Frage ist aber, dass Frankfurt als Arbeitsplatz hoch begehrt ist. Fast zwei Drittel (genau 64,2 %) der in der Stadt Beschäftigten sind Einpendler von Gemeinden außerhalb des Stadtgebietes, heißt es in einer neuen Studie des Projektentwicklers und Fondsinitiators Quantum (Focus No. 28 Grenzenlose Mobilität – Die Bedeutung von Pendlerströmen für die Immobilienmärkte). Mit dieser Prozentzahl – das entspricht 362 000 Arbeitnehmern – steht die per Ende 2017 mit 741 000 Einwohnern größte Stadt Hessens an der Spitze der deutschen Top-7-Städte. Die meisten kommen aus dem benachbarten Offenbach (18 929), gefolgt von Wiesbaden (12 132) und Mainz. Unter den weiter entfernten Städten sticht Berlin mit 5 000 bis 6 000 Pendlern hervor, die in Frankfurt arbeiten. Auf Rang FünfFrankfurt bietet als Finanzplatz viele hoch qualifizierte und gut bezahlte Arbeitsplätze. Dazu kommt das für eine Großstadt mit 248 Quadratkilometern relativ kleine Stadtgebiet. Wohnen ist daher in der Stadt teuer, allerdings nicht nur dort, sondern auch im Umland. Unter den deutschen Städten über 25 000 Einwohner nimmt Frankfurt Rang 5 ein mit aufgerufenen Mieten von 11,70 Euro pro Quadratmeter (bei Wiedervermietung einer zehn Jahre alten 75 Quadratmeter großen Wohnung). Dabei ist die Spannbreite allerdings je nach Stadtteil oder Straßenabschnitt erheblich, zwischen 7,60 Euro und 20,70 Euro, heißt es im F+B-Wohn-Index Deutschland Q2/2018. Die Bestandsmieten liegen deutlich unter den Neuvertragsmieten. Im neuesten Wohnungsmarktbericht 2017 der Stadt Frankfurt wird für 2018 eine aus dem Mietspiegel errechnete ortsübliche Wohnraumvergleichsmiete von 9,36 Euro genannt.Bei Eigentumswohnungen liegt die Stadt mit 4 450 Euro pro Quadratmeter auf dem achten Platz unter den deutschen Städten. Auch hier ist die Spanne sehr groß: Die Standardwohnung (Neubau und Bestand) kann in der Mainmetropole zwischen 1 950 Euro und 8 920 Euro pro Quadratmeter kosten. Für Wohnungseigentum in Hochhäusern nannte der Gutachterausschuss für das Jahr 2017 durchschnittliche Preise von 7 200 Euro pro Quadratmeter und damit 6 % mehr als ein Jahr zuvor. Der Durchschnittswert von 4 450 Euro hat sich zum Vorquartal nur noch um 1,5 % erhöht, während zum Vorjahresquartal das Plus noch bei 4,6 % lag – gemäß F+B-Wohn-Index ein Zeichen dafür, dass sich die enormen Preissteigerungsraten der Vergangenheit nicht mehr fortsetzen. So lag im zweiten Quartal 2013 der Qua-dratmeterpreis einer Eigentumswohnung noch bei 3 132 Euro.Wohnen in Frankfurt ist also ausgesprochen teuer. Kein Wunder, dass immer mehr Menschen ins Umland abwandern bzw. sich gleich dort ansiedeln. In der Stadtregion Frankfurt leben rund 2,3 Millionen Menschen. 2016 sind von Frankfurt in das Umland netto rund 3 900 Personen abgewandert. Als zweitwichtigster Grund (nach “Die Wohnung ist zu klein geworden”) wurde in der Frankfurter Wanderungsbefragung 2014 die zu hohe Miete genannt. Umland holt aufTatsächlich zeigt eine Auswertung der Anfragen auf dem Immobilienportal Immowelt, dass sich die Nachfrage nach Wohneigentum von 2012 bis 2017 im Frankfurter Umland um 200 % erhöht hat, in Frankfurt selbst aber nur um 54 %. Damit liegen Städte im Speckgürtel wie Bad Homburg, Offenbach, Hanau und Bad Vilbel (bis 25 Kilometer im Umkreis) in Deutschland beim Nachfragewachstum an 4. Stelle hinter Köln, Berlin und Stuttgart. Dabei sind die Kaufpreise im Frankfurter Speckgürtel bezogen auf die Kernstadt mit durchschnittlich 55 % im Vergleich zum Umland anderer Metropolregionen wie München und Köln relativ günstig. Allerdings ist die Nachfragespanne in der Frankfurter Peripherie mit 43,9 % bis 67,2 % recht groß – das lässt sich aber auch bei den anderen Großregionen feststellen. Beim Blick auf die konkreten Preise von Eigentumswohnungen fällt auf, dass sich laut F+B-Quartalsbericht sechs Städte im Frankfurter Umland unter den 50 teuersten Städten ab 25 000 Einwohner finden: Oberursel (21.), Bad Homburg v. d. Höhe (24.), Hofheim am Taunus (30.), Friedberg (38.), Kelkheim (41.) und Bad Vilbel (45.). Deren Quadratmeterpreise bewegen sich von 3 330 Euro bis 3 810 Euro. Teurer ist in dieser Ballung nur noch das Münchener Umland.Bei den Neuvertragsmieten zeigt sich ein sehr ähnliches Bild. Hier rangieren unter den teuersten Städten aus dem Frankfurter Speckgürtel Bad Homburg (14.), Oberursel (24.), Bad Vilbel (36.), Hofheim (42.), Neu-Isenburg (46.) und Kelkheim (49.). Die durchschnittliche Marktmiete beträgt in Kelkheim 9,40 Euro und steigt bis Bad Homburg auf 10,70 Euro (jeweils zweites Quartal 2018). Auch wenn diese Preise im bundesdeutschen Vergleich sehr hoch liegen – im Vergleich zu anderen ausländischen Finanzplätzen wie London, Paris und New York sind sie immer noch sehr moderat. Die Zurückhaltung manches Londoner Bankers, nach Frankfurt umzuziehen, dürfte daher ihren Grund eher in weichen Faktoren haben. Mit der breit gefächerten Londoner Theaterwelt kann Frankfurt ebenso wenig mithalten wie mit der großen Anzahl verschiedener internationaler Restaurants. Klare GrößenunterschiedeDabei sind diese Vergleiche angesichts der unterschiedlichen Größe beider Städte – London hat 8,8 Millionen Einwohner, die Metropolregion 14 Millionen – etwas unfair. Dafür hat Frankfurt kurze Wege zu bieten, sei es zum Flughafen (mit der S-Bahn zehn Minuten), zur Innenstadt, ins Bankenviertel oder ins Grüne. —-Zuletzt erschienen:- Eurex setzt Blinker zum Überholen (22. August)