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Bei FlatexDegiro rappelt es

Die Finanzaufsicht BaFin stellt Mängel in den Geschäftspraktiken und der Unternehmensführung des Online-Brokers FlatexDegiro fest. Die Aktie bricht daraufhin ein, und der Bericht hat auch bereits erste Konsequenzen.

Bei FlatexDegiro rappelt es

bg Frankfurt

– Vier Wochen vor Jahresschluss hat der Online-Broker FlatexDegiro erneut seine Umsatz- und Ergebnisziele für 2022 gesenkt sowie über eine Sonderprüfung der Finanzaufsicht BaFin informiert, die Mängel in Geschäftspraktiken und Unternehmensführung feststellte. Die Aktie wurde daraufhin kräftig abverkauft, in der ersten Auktion am Montag morgen gab das Papier um 38 % auf 6,308 Euro nach. Im weiteren Verlauf konnte das Papier zwischenzeitlich die Verluste auf −24% begrenzen, bevor es wieder tiefer rutschte.

Der Mitteilung zufolge hatte die BaFin ihren Prüfungsbericht dem Broker bereits im November vorgelegt. Ergebnis der Prüfung ist neben der Anweisung, eine ordnungsgemäße Geschäftsorganisation sicherzustellen, eine vorübergehende zusätzliche Eigenmittelanforderung. Da­rauf hat FlatexDegiro bereits reagiert: Aufsichtsrat und Vorstand haben beschlossen, die FlatexDegiro Bank AG mit weiteren 50 Mill. Euro aus eigenen Mitteln zu kapitalisieren. Bisher liege das harte Kernkapital des FlatexDegiro-Konzerns bei 180 Mill. Euro. Auch der Überschuss des laufenden Jahres soll komplett einbehalten werden, heißt es. Damit sollten zukünftige Wachstumsanstrengungen „ausreichend finanziert“ sein ohne die „Notwendigkeit von Kapitalmaßnahmen“.

Was die Rüge der organisatorischen Mängel angeht, so habe man „verschiedene Maßnahmen eingeleitet, um die aufsichtsrechtlichen Anforderungen innerhalb eines vorgegebenen Zeitrahmens zu erfüllen“. Darunter fällt auch, dass die hauseigene FlatexDegiro Bank Ende Oktober mit Matthias Heinrich einen neuen Risikochef berufen hatte. Zudem habe es organisatorische Veränderungen in der Leitung der Abteilungen Interne Kontrollen, Risikomanagement und Meldewesen gegeben, heißt es in der Mitteilung.

Verstärkt wird auch der Vorstand. Der bisherige Finanzchef Muhamad Chahrour rückt zum 1. Januar zum stellvertretenden Vorsitzenden und zum Leiter des Tagesgeschäfts (COO) auf. Diese Funktionen soll er sowohl bei FlatexDegiro selbst als auch bei der FlatexDegiro Bank ausüben. Er werde weiterhin für die operative und kommerzielle Entwicklung von Degiro und die strategische Entwicklung des Konzerns verantwortlich sein – gemeinsam mit Vorstandschef Frank Niehage. Neuer Finanzvorstand des Konzerns wird Benon Janos, der bisher die gleiche Funktion bei der FlatexDegiro Bank ausübt. Aus bisher zwei Vorstandsposten werden in diesem Zuge vier: Denn zum Jahreswechsel bekommen die Frankfurter mit Stephan Simmang einen Chief Technology Officer (CTO). Zudem soll die bisherige Personalchefin Christiane Strubel in den Vorstand aufrücken, sobald alle regulatorischen Voraussetzungen dafür erfüllt sind.

Außerdem war das Management gezwungen, in einem sich immer weiter eintrübenden Trading-Umfeld die Prognose erneut nach unten hin anzupassen: Das Management stellt für dieses Jahr nur noch einen Umsatz von etwa 380 Mill. Euro in Aussicht, nachdem Niehage im Oktober das Ziel von 400 bis 440 Mill. auf „mindestens“ 400 Mill. Euro gesenkt hatte. Was noch schwerer wiegt: Auch der bereinigte operative Gewinn dürfte die angepeilte Höhe nicht erreichen. Niehage rechnet jetzt nur noch mit einer bereinigten operativen Marge (Ebitda) von 37 %, nachdem man bislang den Vorjahreswert von gut 42 % anpeilte.

Steigendes Zinsniveau hilft

Niehage bleibt optimistisch: 2022 sei das wohl schwierigste Jahr für die Online-Brokerage-Branche in Europa. Trotzdem stellt er für dieses Jahr den höchsten Jahresüberschuss aller Zeiten in Aussicht und geht davon aus, dass FlatexDegiro beim Überschuss im kommenden Jahr nochmals deutlich vom steigenden Zinsniveau profitieren könne – allerdings wird mit einem Personalaufbau von rund 100 Mitarbeitern für Risk/Compliance gerechnet aufgrund der SREP-Anforderungen. Die Analysten der Deutschen Bank rechnen damit, dass die Markterwartung für das 2021er Ergebnis je Aktie um 15 % fällt. Sie senkten das Kursziel auf 9 Euro und bestätigten ihre „Hold“-Einstufung. Exane BNP und Oddo BHF strichen ihre Kaufempfehlungen.

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