Berlin Hyp hat ein Nicht-Corona-Jahr
Von Stefan Paravicini, Berlin
Die auf großvolumige Immobilienfinanzierungen spezialisierte Berlin Hyp hat die Sorgen vor den Risiken in Verbindung mit der Pandemie im ersten Halbjahr weitgehend abgestreift und setzt bei der Prognose für das Gesamtjahr ein Stockwerk obendrauf. „Wir glauben, dass wir 6 Mrd. Euro Neugeschäft schaffen. Das entspricht einem normalen Jahr, als würde es kein Corona geben“, sagte Sascha Klaus, Vorstandsvorsitzender der Berlin Hyp, im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. Zum Auftakt in den neuen Turnus war das Verbundunternehmen der Sparkassengruppe noch deutlich vorsichtiger und hatte ein rückläufiges Neugeschäft in Aussicht gestellt. Auch Zins- und Provisionsüberschuss, Risikovorsorge und das Ergebnis vor Gewinnabführung sollen sich günstiger entwickeln als bisher angenommen.
Ertragskraft steigt
Im ersten Halbjahr legten alle wichtigen Ertragskomponenten der Bank zu. Der Zinsüberschuss kletterte fast um ein Drittel auf 221 Mill. Euro und profitierte neben dem Ausbau des Kreditbestands auch von Zinsermäßigungen im Rahmen der sogenannten Targeted Longer-Term Refinancing Operations (TLTRO) der Europäischen Zentralbank (EZB). „Als Institut, das komplett über den Kapitalmarkt finanziert ist und nicht unter Negativzinsen leidet, profitieren wir natürlich besonders von diesem Vorteil“, sagt Klaus, der den Effekt auf 40 Mill. Euro beziffert. Der Provisionsüberschuss liegt mit 13 Mill. Euro ein Fünftel über dem Vergleichszeitraum und profitierte vor allem vom Neugeschäft, das auf 2,9 (i.V. 2,4) Mrd. Euro kletterte, wobei 0,4 (0,6) Mrd. Euro auf langfristige Prolongationen entfallen.
Besonders stark entwickelte sich das im Verbund mit Sparkassen getätigte Neugeschäft, das im ersten Halbjahr mit einem Volumen von rund 1,1 (0,4) Mrd. Euro fast verdreifacht wurde. „Letztes Jahr hat man schon einen Corona-Effekt gesehen“, sagt Klaus zur Zurückhaltung der Sparkassen im zurückliegenden Turnus. Insgesamt hat die Berlin Hyp bereits 4 Mrd. Euro Gesamtvolumen im Rahmen von Immobilienfinanzierungen an Sparkassen ausplatziert. Heute arbeitet die Bank mit mehr als 160 Instituten aus dem Sparkassenverbund zusammen, während es vor fünf Jahren nur etwas mehr als 100 waren.
„Die Basis für die starke operative Entwicklung ist die Resilienz des Immobilienmarktes, speziell hier in Deutschland“, betont Klaus. Das Transaktionsvolumen auf dem Gewerbeimmobilienmarkt habe im ersten Quartal trotz Pandemie nur 7% unter dem Fünfjahresschnitt gelegen. Eine ähnliche Entwicklung sei auch im zweiten Quartal zu beobachten gewesen. „Das ist vor dem Hintergrund der Coronakrise und der beginnenden wirtschaftlichen Erholung eine sehr gute Basis für den Immobilienmarkt“, sagt Klaus, der sich auch für Büroimmobilien zuversichtlich zeigt, die im ersten Halbjahr mit 41% des Neugeschäfts die wichtigste Objektart im Portfolio der Berlin Hyp darstellten.
„Klar wird viel über Büroflächen diskutiert, aber um einiges weniger als noch in der Hochphase der Pandemie.“ Die Büroflächenanbieter unter den Großkunden der Berlin Hyp seien weiter guter Dinge. „Vielleicht werden manche Abschlüsse noch verschoben, bis die Pandemie vorbei ist. Aber in guten Lagen halten sich die Mieten“, sagt Klaus. Nach der Rückkehr aus dem Homeoffice werde es verstärkt hybride Konzepte mit mehr Gemeinschaftsflächen geben. Der Flächenbedarf werde sich vor allem in der Qualität ändern. Er gehe zwar davon aus, dass der Leerstand auch in den Big-7-Städten etwas zunehmen werde. „Wir kommen aber von einem so niedrigen Niveau, dass der Markt das ohne Probleme aushalten wird“, ist Klaus überzeugt.
Keine Kreditausfälle
Im ersten Halbjahr verzeichnete die Bank keine Ausfälle. Für Kreditrisiken legte sie dennoch 13 Mill. Euro zurück, während bei der Risikovorsorge für Wertpapiere wegen Veräußerungen ein Ertrag von 16 Mill. Euro stehen blieb. Den Fonds für allgemeine Bankrisiken (Paragraf 340g HGB) schraubte die Bank um 112 Mill. Euro auf 600 Mill. Euro hoch und stärkte damit ihre Kapitalbasis. Im gesamten Vorjahr hatte das Institut hier 70 Mill. Euro eingestellt. Seit 2016 waren es in keinem Jahr mehr als 105 Mill. Euro (siehe Grafik). „Wir wissen, dass Basel-IV-Effekte kommen werden. Dafür wappnen wir uns rechtzeitig, um die zukünftigen regulatorischen Anforderungen zu erfüllen“, begründet Klaus die üppige Dotierung. Die Kernkapitalquote klettert im Vergleich zum Jahresende 2020 um 50 Basispunkte auf 13,9%. Die Gesamtkapitalquote erreicht 16,1%, während sie per Ultimo noch bei 15,8% lag.
Das Betriebsergebnis vor Risikovorsorge legte im ersten Halbjahr um 50% auf 137 Mill. Euro zu. Nach Risikovorsorge steht zur Halbzeit ein mehr als vervierfachtes Ergebnis von 139 Mill. Euro. Das Ergebnis vor Gewinnabführung liegt bei 30 Mill. Euro bereits deutlich über den 23 Mill. Euro, die das Institut im Vorjahr nach zwölf Monaten ausschüttete.
Berlin Hyp | ||
Konzernzahlen nach HGB | ||
1. Halbjahr | ||
in Mill. Euro | 2021 | 2020 |
Zinsüberschuss | 221 | 168 |
Provisionsüberschuss | 13 | 11 |
Verwaltungsaufwand | 94 | 87 |
Sonst. betriebliche Erträge und Aufwand | −3 | 1 |
Betriebsergebnis vor Risikovorsorge | 137 | 92 |
Risikovorsorge | −2 | 65 |
Betriebsergebnis nach Risikovorsorge | 139 | 27 |
Finanzanlageergebnis | 3 | −1 |
Fonds für allgemeine Bankrisiken (§340g) | 112 | 20 |
Gewinn vor Gewinnabführung | 30 | 6 |
Gewinnabführung | 30 | 6 |
Börsen-Zeitung |